2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
unabhängig von dem, was wir taten.
Ich schaute ihr in die Augen, was man normalerweise nicht tat, aber ich konnte nicht anders. Ich sah, dass ihre Augen wach und misstrauisch blickten; es war nicht zu übersehen, dass sie befürchtete, 2 JS könne sie im Austausch gegen die Sicherheit seines Hauses an die Ozelots verschachern.
»2-Juwelenbesetzter-Schädel hat alles begonnen«, sagte ich.
»Deine Schuld ist die seine.«
»Das könnte er abstreiten«, erwiderte Koh. »Jetzt, wo mehr
Katzensippengeblüte mein Haus hassen als das seine.«
Selbst wenn er Koh im Stich ließe, würden die Ozelots ihn fertigmachen, entgegnete ich. Koh erwiderte nichts darauf, doch ihr Gesicht verriet mir, dass sie das nur zu gut wusste. Die Ozelots würden ihr Wort in jedem Fall brechen. Sie wussten, dass 2 JS von Anfang an die Fäden gezogen hatte, und das würden sie ihm niemals verzeihen.
»Und wenn er gewonnen hat, braucht er mich dann noch?«, fragte sie.
»Brauchen wird er das Tzam lic, und eine Neun-Schädel-Addiererin«, sagte ich.
»Ich bin nicht so sicher«, erwiderte sie. »Er wird sie von
9-Reißzahn-Kolibri bekommen, sobald er ihn gefangen nimmt,
Wenn er das Spiel überhaupt zu brauchen glaubt.«
Koh legte zwei Unsicherheitssteine auf 2 JS ’ Stapel. Ich spürte meine gespaltene Loyalität. Koh musste es mir angemerkt haben, denn plötzlich machte sie einen Rückzieher:
»Ich vertraue meinem Vater 2-Juwelenbesetzter-Schädel«, sagte sie.
»Ich würde keine Ränke gegen ihn schmieden, und ich
Erwäge es auch nicht; beschirmen nur möchte ich
Unsere Gefolgsleute, und ihnen einen Ausweg lassen,
Sollte noch eine Stadt über ihnen zerfallen.«
Ich erwiderte, das hielte ich für das Richtige. Manchmal erschien Kohs Vierzigerjahre-Picasso-Gesicht rein und durchsichtig, und ich fand sie richtig niedlich – nicht dass ich sie je angerührt hätte, aber ich fühlte mich zu Hause und gut aufgehoben. Dann aber verschlossen ihre Züge sich wieder, und es kam mir vor, als wäre ich allein im Zimmer.
Koh entrollte etwas, das ich zuerst für eine weitere kleine Spielmatte hielt, doch es entpuppte sich als detaillierte und ziemlich naturgetreue Karte von Ix. »Der Hüftballplatz ist hier, abgetrennt«, sagte sie und fuhr mit dem kleinen Finger den Graben entlang. Sie hatte recht. Der gesamte Tempelbezirk war ursprünglich auf einem Hügel errichtet worden, den auf drei Seiten ein seichter, unregelmäßiger See einschloss: eine Art San Francisco im Miniaturformat. Seither hatte man den Wasserspiegel immer mehr erhöht, und Teile des Palasts waren bis ins Wasser erweitert worden, sodass der Tempelbezirk von breiten Kanälen umgeben war wie das Rialto in Venedig. Zum Tempelbezirk gehörten die fünf größten der einhundertzehn Mulob’ – Pyramiden – von Ix, außerdem sechs Hüftballplätze, das Smaragd-Großhaus des Ozelots, das Mattenhaus – eine Art Ratsgebäude – und der heilige alte Brunnen der Ozelots, der nun über Aquädukte aus den umliegenden Bergen gespeist wurde, aber noch immer von einem Garten umgeben war, in dem einige der alten himmlischen Giftbäume standen. Im Osten, Norden und Westen gab es keine festen Brücken, nur treibende Fußgängerbarken, die leicht fortzubewegen waren. Selbst wenn wir unsere Plätze auf den Tribünen bewaffnet und kampfbereit eingenommen hätten, wären wir dennoch im Zentrum des Ozelotviertels gewesen, vom Festland durch die Berge hinter der smaragdgrünen und scharlachroten Mul der Ozelots getrennt. Zweihundert von uns konnten in der Falle sitzen und ohne große Schwierigkeiten ausgeschaltet werden. Ich schätzte die Wahrscheinlichkeit, dass uns entweder während des Ballspiels oder gleich danach etwas Unangenehmes widerfuhr, auf wenigstens zehn zu eins.
Was könnten wir dagegen unternehmen?, fragte ich. Gar nicht erst hingehen? Uns woanders niederlassen?
Nein, erwiderte Koh, aber wir könnten andere Maßnahmen ergreifen. Wir seien vielleicht nicht in der Lage, ein zweites Teotihuacán zu errichten, aber wir könnten etwas Ähnliches erschaffen. Es sei allerdings möglich, dass ich einiges davon persönlich ausführen müsse.
Yo? , dachte ich. Moi? Ich Armer? Wieso wieder ich? Weil ich sowieso immer als Erster auf die Ersatzbank komme?
Immer ich, ich, ich.
Weil ich ein Genie mit dem Ball sei, beantwortete Koh meine Gedanken.
Schakal sei das Genie gewesen, sagte ich, und er sei fort. Koh saß nur da und blickte mich an, als wüsste sie, dass ich noch immer so gut
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