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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D'Amato
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kletterte an M vorbei. Und abermals konnte sie keine Einzelheiten des Letzten erkennen, des Einen, um den wir uns zu sorgen hatten. O Gott, dachte ich.
    »Ich kann ihn nicht sehen«, sagte Koh. »Er ist dir zu nahe.« Übrigens, auch wenn ich es vielleicht schon erwähnt habe, sind Maya-Sprachen geschlechtsneutral, daher bedeutet »er« in Wirklichkeit »er oder sie«.
    »Ist es jemand, den ich kenne?«, fragte ich. »Jemand, den ich noch kennenlerne?«
    »Erer k’ani« , sagte sie. Vielleicht. Eine Schweißperle rollte ihr diehelle Wange hinunter, rann über die Grenze auf die dunkle Seite ihres Kinns und fiel auf den weißen Rand des Spielbretts, wo sie die Zisterne berührte.
    Wieder verstreute Koh die Körner und schauderte. Sie verzog das Gesicht, hob die dunkle Hand und rieb sich mit dem Handballen erst das eine, dann das andere Auge, als hätte sie in die Sonne geblickt.
    »Erer k’ani« , sagte sie wieder.
    Schweigen. Zehn Schläge. Zwanzig Schläge.
    »Der Himmelsrassler hat sieben Häute abgeworfen«, sagte sie. »Doch es« – ich benutzte es als Pronomen, weil Maya, wie gesagt, geschlechtslos ist – »wird sich nicht wieder häuten, ehe 4 Ahau geboren wird. Und mit dieser Haut wirst du wissen, dass seinen zwei Köpfen geteilte Schicksale bestimmt sind.«
    Törichterweise blickte ich auf. Es war nur knapp vierhundert Schläge nach Mittag, zudem war der Himmel noch immer vom Rauch des Waldbrands bedeckt; dennoch glaubte ich, den Körper des Rasslers sehen zu können, die Ekliptik, wie sie sich um die neunte Schale des Himmels schlängelte.
    Jeder hat wahrscheinlich schon die Volksunweisheit gehört, man könne feststellen, wie alt eine Klapperschlange ist, indem man ihre Rasseln zählt. Und die meisten Leute wissen wahrscheinlich auch, dass das nicht stimmt, weil die Biester zwar bei jedem Häuten eine Rassel dazubekommen, sich aber nicht unbedingt nur einmal im Jahr häuten. Wie auch immer, die tzab, die Rasseln des Rasslers, waren die sieben Sterne der Plejaden. Koh meinte, dass der Sternhaufen vor dem Enddatum eine neue Rassel, einen neuen Stern erhalten würde.
    Das klang unwahrscheinlich. Wenn ich mich richtig erinnerte, gab es zwar mehrere potenzielle Protosterne in den Nebeln rings um den Sternhaufen, aber keiner veranlasste die Astronomen zu der Ansicht, dass sich in nächster Zeit ein achter Plejadenstern bilden würde. Oder dass er sich um 1630 herum gebildet hatte, wenn das Licht, das Ende 2012 die Erde erreichen würde, den Sternhaufen verließ. Ich wusste überhaupt nicht, was Koh mit den »geteilten Schicksalen der beiden Köpfe« meinte. Manchmal wurde Sternenrassler mit zwei Köpfen dargestellt, aber nicht wie diese arme Lanzenotter, die sie im Hogle Zooin Utah hatten, sondern mit jeweils einem Kopf an beiden Enden, wie bei dem doppelköpfigen Schlangenzepter, das 9-Reißzahn-Kolibri bei feierlichen Anlässen führte. Vielleicht hatte Koh nur darauf hinweisen können, dass es an diesem Tag einen großen Sattelpunkt gebe, eine Entscheidung, die getroffen werden müsse. Aber das wussten wir ja längst. Es musste also mehr dahinterstecken. Ich wollte sie bitten, es mir zu erklären, doch sie gebot mir mit einem Wink der Hand zu schweigen. »Das ist alles«, sagte sie. Sie streckte den bloßen hellen Arm aus und wischte die Steine vom Brett. Game over .
    »Ich danke dir über mir«, sagte ich. »Und …«
    »Noch eines«, sagte sie. »Es ist jemand, den du kennst, dessen Gesicht du aber nie gesehen hast.«



(25)
    Das war alles.
    Na, prima. Was zur Hölle meinte sie?
    Wir versuchten es noch mehrere Male, und dann, als die Wirkung des Tzam lics nachgelassen hatte, gingen wir das Spiel immer wieder durch. Die Nacht brach herein, oder vielleicht geschah sie auch einfach nur. Kohs Prätorianergarde strich mit wachsender Ungeduld und Besorgnis um uns herum und flehte uns schließlich an, wieder zum Heer zu stoßen. Am Ende brachte Koh mich dazu, dass ich die bittere Wahrheit akzeptierte: Was ich bisher getan hatte, war sinnlos. Die Aufzeichnungen und die Krüge mit Tzam lic und das Depot am Magnetsteinkreuz und alles, worauf ich so stolz gewesen war, würden den echten Doomster nicht aufhalten. Wenn wir herausfinden wollten, wer der Doomster war oder wie man ihn stoppen konnte, mussten wir das Opferspiel in einem erheblich größeren Maßstab spielen. Ein Menschenspiel, um genau zu sein. Und wenn auch das nicht funktionierte, musste mein Gehirn in relativ gut erhaltenem Zustand ins 21.

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