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202 - Unter schwarzer Flagge

202 - Unter schwarzer Flagge

Titel: 202 - Unter schwarzer Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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die anderen schmatzten und grunzten beim Essen. Als sie fertig waren, stocherten sie mit Messern in ihren Zahnlücken herum.
    »Das nenne ich mal Tischmanieren«, sagte Rulfan schaudernd.
    »Danke«, erwiderte ein fast zahnloser Matrose mit einem Helm, an dem zwei Hörner befestigt waren.
    »Das war Sarkasmus, du Idiot«, sagte Slodder.
    »Was immer es für ein Mus war«, erwiderte der Gehörnte und grinste Rulfan an. »Es hat saulecker geschmeckt.«
    ***
    Das Wetter war vorzüglich. Die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel herab. Die Brise, die die schwarzen Segel der Schelm aufblähte, ließ Matt und Rulfan die Hitze kaum spüren. Als sie unter Deck gingen, um sich eine Hängematte zu sichern, kam Offz Zwo Kuyper zu ihnen und deutete auf den Seesack. »Sind da eure persönlichen Dinge drin?«
    Rulfan und Matt schauten sich an.
    »So ist es«, erwiderte Matthew vorsichtig. »Und…?«
    »Die muss ich wegschließen«, gab Kuyper Auskunft.
    »Befehl vom Master. Haggard will nicht, dass jemand Drogen oder versteckte Waffen an Bord bringt. Wer sich berauschen möchte, soll gefälligst seinen Yeneva kaufen. Und auf Meuterer ist er ganz schlecht zusprechen.«
    Obwohl Matt dafür vollstes Verständnis hatte, dachte er doch mit Wehmut an den Laserblaster im Gepäck. Es mochte die Gelegenheit kommen, ihn zu benutzen; da war es unpraktisch, ihn erst von Kuyper zurückholen zu müssen.
    Den Zweiten Offizier quälten derlei Überlegungen nicht. Er griff sich den Seesack und schulterte ihn. Zumindest war Matt guter Hoffnung, dass Kuyper ihre Sachen nicht durchwühlen oder gar stehlen würde. Er und Vanduyn wirkten wie Gentlemen alter Schule. Kapitän Haggard dagegen sah nicht nur aus wie ein seefahrender Gauner, er redete auch so und verkaufte Fusel an seine Crew.
    »Sobald ihr abmustert, kriegt ihr eure Sachen unbeschadet zurück.« Kuyper klopfte Matt beruhigend auf die Schulter.
    »Bis dahin werden sie in meiner Truhe lagern.«
    »Na gut.« Matt nickte, obwohl ihm nicht ganz geheuer zumute war. Kuyper wirkte zwar wie eine ehrliche Haut, aber was war mit dem Rest der Mannschaft? Die Gestalten, die mit ihnen an Bord gekommen waren, waren doch ausnahmslos Galgenvögel.
    »Was soll’s«, sagte Rulfan, nachdem Kuyper über eine Treppe an Deck stiefelte. »Wenn wir nach Afra wollen, müssen wir wohl einstweilen mitspielen. Hast du es nicht selbst gesagt: Wer arm ist, kann keine Ansprüche stellen?«
    »Yeah.« Matt knirschte mit den Zähnen. Er hatte ja immerhin noch den Degen.
    Die blonde Göre fiel ihm plötzlich wieder ein. Vielleicht hatte er sie gestern Abend falsch eingeschätzt. Vielleicht war Rache ihre Antriebsfeder – weil Haggard und seine Leuten ihrer Familie das Haus über dem Kopf angezündet hatten. Aber wie passte der Mönch ins Bild? Matt hatte den Kuttenträger jedenfalls noch nicht wieder gesehen.
    Er war froh, dass Haggard die Kleine nicht bemerkt hatte.
    Der Master hatte deutlich gemacht, wie mit blinden Passagieren zu verfahren sei.
    Über Bord zu gehen, war ein Todesurteil. Die westaustralischen Gewässer wimmelten von giftigen Rochen, monströsen Muränen, Leukomorphen und Oktopoden einer Größe, die sich nicht mal der alte Jules Verne hatte vorstellen können.
    Er würde unauffällig nach dem Mädchen suchen – und es hoffentlich finden, bevor es seinen Mordplan in die Tat umsetzte…
    ***
    Der erste Tag verging im Fluge. Matt verschlief ihn großteils, da er in der Nacht zuvor kaum ein Auge geschlossen hatte.
    Nach Sonnenuntergang löste er »Rulf Barbossa« ab, der sich schon mit zwei jungen Offizieren namens Leeuwemoed und Duivemest sowie dem Smutje angefreundet hatte. Die Bordschwalbe Eefje bekam Matt nur kurz zu sehen, als er übers Deck patrouillierte: Sie war einsfünfzig groß, blond und etwas pummelig.
    Da er nur vermuten konnte, was man als »Haudegen« auf einem Schiff eigentlich konkret machte, erkundigte er sich beim Smutje danach. Der wusste freilich auch nur zu sagen, dass ihre desertierten Vorgänger immer nur mit wichtiger Miene herumstolziert waren und an Matrosen, die sich prügelten, Disziplinarmaßnahmen durchgeführt hatten. An Land flankierten sie immer den Master und hielten ihm Taschendiebe und aufdringliche Huren vom Leibe. Matt nahm an, dass Haudegen nichts anderes waren als simple Leibwächter. Na gut, nach den Strapazen der vergangenen Monate – oder genauer: der letzten Jahre – war er gern bereit, ein paar Wochen lang eine ruhige Kugel zu schieben.
    Matt hielt die Augen

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