2022 - Para-City
vorübergehende Zeit im direkten Kontakt zu den Mutanten nicht benötigt. Bald aber würden sich Probleme ergeben, bei denen sie sehr wohl gebraucht wurde. „Dazu kann ich dir nicht raten", widersprach er. „Du wärst nicht willkommen bei den Mutanten. „Vergiß nicht -es sind junge Leute, und sie wollen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. In der augenblicklichen Phase der Entwicklung störst du nur."
„Danke", gab sie sarkastisch zurück. Er blickte an ihr vorbei, und wiederum erschien ihr, als seien seine Augen unergründlich. Sie war kurz davor, ihn zu fragen, welche Gedanken und Ängste ihn belasteten, als er sich überraschend erhob und näher an das Holo herantrat. Er schaltete um, und der syntronische Rechner vermittelte den Eindruck, als stünden sie mitten in einer der Straßen der Stadt. Sie konnten Leben und Treiben aus der Perspektive eines etwa 1,80 Meter großen, aufrecht stehenden Mannes beobachten.
Alle Einzelheiten waren klar und deutlich zu erkennen. Lediglich einige Gesichter wirkten verschwommen und konturenlos. Der Syntron hatte alle Gesichter jener erfaßt, die irgendwann einmal zum Himmel hinaufgeblickt hatten, so daß er sie nun einzelnen Personen zuordnen konnte.
Aber nicht alle hatten den Optiken ihr Gesicht geboten, so daß der Syntron nicht alle Gesichter bis ins Detail darstellen, sondern sich ihnen nur rechnerisch nahem konnte. „Wozu willst du dorthin?" fragte er. „Was soll das? Was verspricht du dir davon? Du kannst von hier aus alles beobachten, was dort geschieht. Was fehlt, ist der Einblick in das Innere der Gebäude, aber auch wenn du die Stadt betreten könntest, würde man dich nirgendwo hereinlassen."
„Dann lege ich endgültig jegliche Verantwortung für die Mutanten ab", antwortete sie mit tonloser Stimme.
Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie verrieten, wie außerordentlich schwer der Residenz-Ministerin dieser Schritt fallen würde.
Am 3. September 1303 NGZ eröffnete Falo Gause eine Ratssitzung, an der die sechs Para-Räte Grim, Catyja, Iharte, Jonn, Kaplize und Khilischott sowie der Polizeichef Simjavoc Ronin teilnahmen.
Noch immer war es nicht gelungen, einen Ersatz für Clayra Ruschkin zu finden. Para-City war seit nunmehr zwei Wochen ohne ausgebildeten Mediker. Die anfallenden Arbeiten wurden ausschließlich von Medorobotern erledigt, und das war keineswegs ausreichend. Immerhin halfen einige Mutanten als Helfer aus, aber eben nur gelegentlich - es schien, als schreckten die meisten von ihnen vor der Begegnung mit dem Tod zurück.
Auf die Dauer reichte das ohnehin nicht: Kranke Menschen wollten einen Menschen an ihrem Bett sehen, mit dem sie reden konnten. Ein seelenloser Roboter - und wenn er eine noch so angenehme und freundliche Stimme hatte - war dafür kein ausreichender Ersatz. „Nach wie vor treffen täglich weitere Mutanten ein", stellte Simjavoc Ronin fest. Der blonde Hüne zuckte lächelnd mit den Achseln. Er machte sich keine Sorgen. „Es sind nicht mehr so viele wie zu Anfang, aber das war auch nicht zu erwarten. Früher oder später ist ein Mediker dabei."
„Das ist das eine Problem", meinte Falo Gause. „Das andere ist, daß es uns noch immer nicht gelungen ist, eine Mutanten-Kommission aufzustellen, die sich mit unserem dringendsten Problem befaßt - Monos' Genetikprogramm. Wir müssen es jetzt endlich in Angriff nehmen, und ich meine, Jana Jonn sollte die Aufgabe übernehmen und die geeigneten Mutanten auswählen."
„Ich habe viel zu tun", gab die Para-Desintegratorin zu bedenken. Die auf Ferrol geborene Terranerin war klein, hatte einen dunkel gebräunten Teint, blaugrüne Augen und einen breiten Mund. Sie sprach gern laut und mit kräftiger Stimme. „Du wirst von allen anderen Aufgaben entbunden", entschied der Sprecher. „Wir müssen endlich anfangen. Also - bist du einverstanden?"
„Einverstanden", antwortete sie, nachdem sie noch einmal kurz nachgedacht hatte.
Im Vorraum wurden Schritte laut, und dann geschah, was Falo Gause schon seit Tagen befürchtet hatte.
Koo Parkinson kam herein. Der riesige Yonder K'rigan folgte ihm dicht auf den Fersen. Er überragte seinen Anführer deutlich. Der kahlköpfige, elegante Rune Karuga wirkte neben ihm klein und unscheinbar. Ebenso die Telepathin Engel. „Ich habe mir lange genug angesehen, was in der Stadt geschieht", sagte der Mann mit der seltsamen Puppe auf der Schulter, während diese ständig nickte. „Da es so nicht weitergehen kann, habe ich mich entschlossen, die
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