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203 - Die Wüstenfalle

203 - Die Wüstenfalle

Titel: 203 - Die Wüstenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Glaswannen Schneewittchensärge und den Superrechner Prinz .
    Allan Smith begrüßte seine Frau, die vor der Computersäule saß und auf einem Monitor Listen voller Kontrolldaten herunterblätterte. Ali Ben Ulashi schritt die bereits zur Hälfte belegten Schneewittchensärge ab und blieb vor dem mit seiner schlafenden Mutter stehen. Bis auf ein Sichtfeld auf dem Deckel war er dunkel getönt.
    Awakian ging zu der Schlafwanne, in der seit achtzehn Stunden seine Frau Alice schlief. Ein Tuch aus atmungsaktiven Synthetikfasern deckte ihren nackten Körper bis zum Hals zu.
    Ihre Haut war bleich, ihre Lippen blass und ihre Gesichtsmuskulatur bereits so entspannt, dass es aussah, als lächelte sie. Awakian schluckte und legte die Handflächen auf den Kuppeldeckel.
    Alice hatte kaum noch gelächelt in den letzten Monaten. Ende November hatte Awakian seine Frau nach einem Selbstmordversuch in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen müssen. Erst Mitte Januar konnte er sie wieder nach Hause holen. Ein hoch dosiertes Antidepressivum hielt ihre Stimmung seitdem auf einem erträglichen Level. Allerdings konnte sie ohne starke Schlafmittel nicht mehr schlafen.
    Vor einigen Tagen hatte sie ihren Mann gebeten, sie noch vor dem inzwischen unausweichlichen Kometeneinschlag an die CMZ-Anlage anzuschließen. »Die Angst bringt mich um«, sagte sie. »Ich will den Zeitpunkt der Kollision nicht miterleben.«
    Schweren Herzens hatte Awakian zugestimmt. Irgendwie sprach sich die Angelegenheit im Ben Ulashi Clan herum. Bis auf eine bestanden plötzlich auch die Frauen des Scheichs und seiner vier Söhne darauf, noch vor der Katastrophe in den CMZ-Tiefschlaf versenkt zu werden. Die einzige Ausnahme war die Frau des Börsenmaklers, eine norwegische Malerin. Sie wollte die Katastrophe bei klarem Bewusstsein erleben.
    Awakian strich über den Wannendeckel, betrachtete kurz den Schneewittchensarg daneben – er war noch aufgeklappt und die Gelmatratze hatte sich noch nicht entfaltet. In ihm würde er schlafen – falls nicht noch ein Wunder geschah.
    Allan und Flora Smith würden die Anlage kontrollieren und warten. Sie hatten sich verpflichtet, Nachwuchs auszubilden.
    Bunkerbewohner sollten die CMZ-Anlage nach ihrem Tod betreuen. Bei ernsthaften Störungen würde der Rechner Awakian aufwecken. So hatte er die Anlage programmiert.
    Der Mediziner wandte sich ab und ging zu den Smiths. »Wie sieht es aus, Flora?«
    »Alles im grünen Bereich, Georgios«, sagte seine Assistentin.
    Sie rief eine Datenliste auf den Monitor. Die fünf Frauen hatten alle noch Körpertemperaturen über 35 Grad Celsius. Die Reduktion ihrer Stoffwechsel hatte noch nicht begonnen, und ihr Blut zirkulierte noch nicht im CMZ-System durch die Sensoren und Transfusionskammern des Rechners. Awakian hatte mit dem Scheich vereinbart, die Einleitung des eigentlichen CMZ-Tiefschlafes so lange hinauszuzögern, bis absolut sicher war, dass der Komet die Erde getroffen hatte.
    »Ich bleibe hier.« Allan Smith richtete den Blick seiner ernsten Augen auf den Professor. »Wir wollen zusammen sein, wenn es so weit ist.«
    Awakian nicht stumm und wandte sich ab. An einem getönten Sarg mit einer Schläferin vorbei ging er zu Ali Ben Ulashi. Der Scheich hatte auf die Sichtblenden in den Kunststoffwänden der Frauenwannen bestanden. Für die vier arabischen Frauen war dieses Ansinnen so normal wie der Schleier, ohne den sie ja auch keinem Fremden unter die Augen traten. Alice dagegen hatte sich strikt geweigert in einem schwarzgrauen Schneewittchensarg zu schlafen, und die norwegische Gattin des Börsenmaklers setzte einen Kompromiss durch: Die Tönung ihres Schneewittchensarges leuchtete in den Farben des Regenbogens.
    Ali Ben Ulashi stand in Gedanken versunken vor der Schlafstatt seiner Mutter, der Lieblingsfrau des Scheichs.
    Awakian hatte gehört, dass der Mann mit abgöttischer Liebe an seiner Mutter hing.
    Ein Pferd wieherte plötzlich, und der Mediziner fuhr erschrocken herum. Doch seine Assistenten blickten an ihm vorbei zu Ali Ben Ulashi – der älteste Sohn des Scheichs zog ein Satellitenhandy aus der Anzugtasche. Das Gewieher seiner Lieblingsstute war sein Klingelton.
    »Wahrscheinlich will noch jemand schnell seine Aktien abstoßen«, lächelte er. Er setzte Telefon ans Ohr. »Oder man gibt mir noch mal den Stand des Dow Jones durch, bevor die Wall Street endgültig dicht gemacht wird.« Er drehte sich herum und telefonierte.
    Awakian musste grinsen. Er war durchaus gespalten,

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