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203 - Die Wüstenfalle

203 - Die Wüstenfalle

Titel: 203 - Die Wüstenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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entspannt.
    »Seit wann wussten Sie, dass Ihr Bruder Yassir seinen Bunkerplatz nicht in Anspruch nehmen würde?«, erkundigte sich Awakian bei Ali Ben Ulashi.
    »Er hat es schon bei unserem ersten Besuch hier unten angekündigt, erinnern Sie sich, Dr. Awakian? Seitdem hat er seine Meinung nicht geändert.«
    Der Börsenmakler setzte das für ihn so charakteristische, zwischen charmantem Spott und verächtlicher Arroganz changierende Lächeln auf. »Yassir ändert nie seine Meinung, müssen Sie wissen, Dr. Awakian.«
    »Wissen Sie, wo er sich aufhält?«
    Ali Ben Ulashi zuckte mit den Schultern. »Irgendwo in Afghanistan, oder im Zweistromland. Er hat darauf bestanden, dass zwei seiner führenden Gesinnungsgenossen seine beiden Bunkerplätze bekommen, zwei Imame. Vater hat abgelehnt; Allah sei Dank.«
    Frauen in Burkas liefen mit Teekannen, Gebäck und Tabletts mit Teegläsern, Zucker und Tellern durch die Reihen der Männer. Auch Awakian und der älteste Sohn des Scheichs bedienten sich. Rauchschwaden schwebten über den Köpfen. Es roch intensiv nach Haschisch.
    Al Dschasira brachte jetzt Interviews mit Politikern und Wissenschaftlern. Zwischendurch las ein islamischer Geistlicher Koransuren vor. Immer wieder wurde der heranrasende Komet eingeblendet. Und die noch verbleibende Zeit: Sie verrann gnadenlos. Vier Stunden, zweiundvierzig Minuten und fünfzig Sekunden bis zum Einschlag waren es jetzt noch.
    »Ich muss im Schlafzentrum vorbeischauen«, sagte Awakian.
    »Ich will nach meiner Frau sehen, und Floria hat mich gebeten, die Schlafzellen und den Rechner zu kontrollieren.« Er winkte Allan Smith zu sich.
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, begleite ich Sie.« Ali Ben Ulashi stellte sein Teeglas auf einem Tisch ab. Dabei zwinkerte er zu den Frauen hinüber. Eine von ihnen reagierte mit einem ängstlichen Lächeln. Sie war blond und üppig und trug einen halb durchsichtigen roten Schleier. Anders als die anderen Frauen, war sie ansonsten westlich gekleidet. Doch genauso wie die anderen Frauen litt sie unter Schlaflosigkeit und Angstzuständen.
    »Selbstverständlich«, sagte der Nobelpreisträger. »Immerhin geht es um das Bett, in dem Sie und ihre Gattin voraussichtlich die nächsten Jahrhunderte verbringen werden.«
    Der Professor, sein Assistent und der älteste Sohn des Scheichs gingen zum Ausgang. Auf der Schwelle drehte Awakian sich noch einmal um. Auf der Großbildleinwand glühte wieder die Feuerfaust. Alle Menschen im Raum, abgesehen von ein paar schlafenden Kleinkindern, starrten ihn an. Der Kommentator von Al Dschasira berichtete von einem bevorstehenden Beschuss des Kometen durch die NATO. Noch vier Stunden, dreiunddreißig Minuten und fünfzehn Sekunden bis zum Einschlag.
    Die Männer verließen die Gemeinschaftshalle. Schweigend gingen sie zur Badeanlage.
    Die Anlage war inzwischen um etwa sechzig Quadratmeter kleiner als noch vor vier Monaten. Ein kreisrunder Raum von nicht ganz zwanzig Metern Durchmesser in ihrem Zentrum beanspruchte diese Fläche jetzt. Seine chromblitzenden, fensterlosen Wände reichten vom Boden bis zur Decke, sodass er ein wenig wie ein großer Röhrenschacht aussah. Mehr als drei Monate hatte der Einbau der CMZ-Anlage gedauert.
    Ende Januar hatten Awakian und die Smiths den ersten Probelauf durchgeführt. Nach ihren letzten Berechnungen lag die Wahrscheinlichkeit, einen Schläfer nach hundert Jahren Schlaf ohne gesundheitliche Schäden aufzuwecken, bei 97,319 Prozent. Nach zweihundert Jahren lag die Wahrscheinlich immerhin noch bei 92,17 Prozent. Danach allerdings nahm sie alle fünfzig Jahre um durchschnittlich 3,6 Prozent ab. Awakian und die Smiths hielten diese Werte für vertretbar. Dennoch einigten sie sich, dem Scheich und seinen Söhnen das Risiko zu verschweigen.
    Allan Smith tippte seinen Code in die Tastatur neben der fast unsichtbaren Tür ein. Sie schob sich auseinander, und die Männer betraten eine Welt, die auf den ersten Blick den Innereien eines Computers ähnelte. Überall Kabelleitungen, Kunststoffschläuche, wabenartige Gebilde voller Platinen unter Fieberglas und zwölf Wannen aus transparentem Kunststoff und mit kuppelartigen Abdeckungen.
    Wie zwölf Speichen an eine Radnabe stießen die zwölf Wannen mit den Kopfenden an eine zwei Meter durchmessende gläserne Säule im Zentrum der CMZ-Anlage. Die enthielt die zwölf Zirkulationsfusiomaten, deren künstliche Kreislaufsysteme und das Herz der Anlage – den Hochleistungsrechner.
    Awakian nannte die

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