2032 - Suche in der Silberwolke
Erfassung der Objekte machte, wurde ihm bewußt, daß er sie nicht aus der Schlacke herauslösen konnte, ohne zuvor das Fleisch zu entfernen. Schmunzelnd lehnte er sich in seinem Sessel zurück. Hin und wieder ließen sich seiner Arbeit die angenehmsten Seiten abgewinnen!
Der alarmierende Ruf Dustaffs schreckte ihn aus seinen Gedanken auf. Er sah, daß sein Bruder mitten in einem jener Stollen stand, die sie unter Einsatz aller Dookies in einer besonders stark beschädigten Region angelegt hatten und die einen Zusammenbruch der Asche- und Schlackemassen verhindern sollten. Er sprang auf und eilte zusammen mit Marth und einigen anderen zu Dustaff. „Was ist los?" brüllte der Wortführer. „Was machst du für einen Lärm?"
„Ganz ruhig", bat Dustaff. Er war geistig bei weitem nicht so beweglich wie Marth, dennoch ein hochqualifizierter Ingenieur, der über eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe verfügte und zu werten wußte, was er sah. „Ich bin jetzt zum drittenmal durch diesen Stollen gegangen, und jedesmal war die Lage verschiedener Objekte anders."
Um deutlich zu machen, welche Gegenstände er meinte, zeigte er auf einige Trümmerstücke und auf unter großer Hitze verformte Maschinen, die sich hinter der transparenten Wand aus Formenergie befanden. „Unmöglich!" fuhr ihm Marth in die Parade, wobei Lautstärke und Betonung seiner Worte unterstrichen, was er vom Geisteszustand seines Bruders hielt. „Du bist angeschlagen. Hast zuviel gearbeitet in letzter Zeit, oder es geht dir auf die Nerven, daß wir bald in Auroch-Maxo sind und du nicht weißt, was uns da erwartet. Reiß dich zusammen, verdammt noch mal!"
„Halt doch mal die Klappe!" bat Dustaff wütend. „Und sperr die Ohren auf!"
Erschrocken fuhr Necker zusammen, und dann stellte er verblüfft fest, daß Marth gehorchte. Bisher hatte er noch nicht erlebt, daß einer von ihnen so mit ihrem Wortführer umspringen konnte. Schon gar nicht Dustaff! Unter anderen Umständen wäre diese Reaktion sicherlich einer besonderen Betrachtung wert gewesen, nun aber achtete Necker nur am Rande auf seinen wortgewaltigen Bruder, denn etwas ganz anderes fesselte seine Aufmerksamkeit und ließ zugleich Furcht in ihm aufkommen.
Wispernde und flüsternde Stimmen drangen durch die Wand aus Formenergie zu ihnen durch! Wenn nicht alles täuschte, kamen sie aus buchstäblich allen Richtungen, in denen sich Asche und Schlacke befanden. „Es spukt!" hauchte Dustaff und zog beeindruckt den Kopf ein. Kaum noch etwas war zu spüren von dem nüchtern denkenden Techniker, der sich sonst nicht so leicht von mystischen Erscheinungen beeindrucken ließ.
Etwas Geheimnisvolles schien aus der nahen Umgebung Auroch-Maxos in die SOL gekrochen zu sein, es schien sich hier auszubreiten und mit unsichtbaren Fingern nach ihnen allen zu greifen. „Da ist nicht nur Bewegung in der Schlacke", flüsterte Dustaff. „Da ist mehr. Viel mehr!"
Necker verspürte einen unangenehmen Druck im Kopf und wandte sich instinktiv an Marth, doch dann registrierte er, daß er von ihm ganz sicher keine Hilfe erwarten konnte. Sein sonst so überlegener Bruder machte keineswegs den gewohnt selbstbewußten Eindruck. Mit unruhiger Hand strich er sich von der kleinen Mulde zwischen seinen Augen senkrecht über die Oberlippe herab, die auch bei ihm etwa die Hälfte seines Gesichts einnahm.
Necker kämpfte mit dem Verlangen wegzulaufen. Bisher hatte er sich in der SOL heimisch gefühlt und den besonderen Schutz genossen, den sie ihm im Vakuum des Weltraums bot. Nun aber fühlte er sich eingeschlossen. Mehr denn je wurde ihm bewußt, daß er sich in einem geschlossenen Raum befand, aus dem er nicht entfliehen konnte, ohne sein Leben zu verwirken.
Allzu deutlich vernahm er die seltsamen Stimmen. Sie waren keine Einbildung, die nur ihn betraf, denn die Kommentare der anderen Dookies unterstrichen zweifelsfrei, daß auch ihnen die Stimmen in den Ohren klangen. 56,08 Seg Wir haben ein Wrack entdeckt, Mun-1. Es könnte ein uraltes Generationenschiff sein. Sollen wir es vernichten?
Ignorieren, Sonderbeauftragter! Wir bekämpfen keine Toten, sondern nur fremde Eindringlinge und alle, die sich uns in den Weg stellen. Sofort. Kompromißlos. Warum belästigst du mich mit solchen Fragen? Bist du nicht selbst in der Lage, Entscheidungen zu treffen?
Das bin ich, Mun-1.
Dann setze deine Waffen ein, selbst wenn es nur gegen ein Wrack geht, anstatt mir meine Zeit mit solchen Fragen zu rauben!
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Für einen kurzen
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