2040 - Der Galaktische Mediziner
er unter dem Mantel nachgeschaut, aber so weit ging Zheobitts Offenbarung denn doch nicht.
Sein Diener konnte die Beweggründe überhaupt nicht nachvollziehen, sie auch nicht in irgendeiner Weise verstehen. „So ein Skandal!" stieß er entsetzt hervor und schluckte. „Aber Meister, wer führt dann dein Erbe weiter? Du wirst niemals einen Sohn oder eine Tochter haben! Ich verstehe das nicht!"
Zheobitt winkte ab. „Kinder kann man adoptieren. Oder ich erschaffe einen Klon. Nach mir gibt es sowieso nichts mehr von Bedeutung. Ich bin der Höhepunkt der medizinischen Heilkunst, so wie Mo es einst war; danach kann es für Jahrtausende nur wieder abwärts gehen."
„Daran zweifle ich nicht, Meister, aber ich finde es trotzdem bedauerlich. Nur deine Memoiren bleiben von dir übrig! Und was ist so ein Speicherkristall schon? Er atmet und lebt nicht!"
„Zwergmaus, für deine Art zählt Familie vielleicht alles, mir ist das völlig gleichgültig. Aber wenn deine Nachfahren längst ausgestorben sind, wird man mein Buch immer noch als die absolute medizinische Schrift bewahren. Das ist das größte Erbe überhaupt!"
„Aber wird man denn noch wissen, wer du warst?"
„Wer weiß? Wir haben keine Ahnung, wie lange Kreyfiss lebt. Da er inzwischen gegen nahezu alles immun ist, vielleicht sogar auch schon gegen den Tod? Damit hinterlasse ich sogar noch einen Augenzeugen!"
„Der nicht sprechen kann."
„Damit ist er ja nicht weit von deinem primitiven Gestammel entfernt."
Zwergmaus nahm diese Beleidigung wie jede andere auch ohne Gefühlsregung hin. „Und dein Vermögen?"
„Werde ich natürlich dem Mantar-Zada hinterlassen."
„Insofern du ..."
„Vorsicht, Ratte!"
„... nicht vorher pleite gehst. Au, au!" Zwergmaus winselte, als Zheobitt ihn kräftig am Ohr zog, wobei nie ganz ersichtlich war, ob diese Geste eine Bestrafung oder eine Streicheleinheit darstellte.
Immerhin hatte der Diener gerade noch die Kurve genommen; über Geld konnte man mit dem Meister scherzen, über seine Fähigkeiten niemals. Es durfte nicht in Frage gestellt werden, dass er die unlösbare Aufgabe löste.
Jedenfalls war dem Diener nun bewusster denn je, welch seltsame Anwandlungen sein Herr hatte. Normalerweise heilte er aus Profit; fast genauso häufig aus Forscherinteresse, was man ebenso als Spieltrieb auslegen konnte - aber manchmal eben aus reiner Langeweile, vielleicht sogar Sentimentalität aus dem Bedürfnis heraus, mal etwas „nur Gutes" zu tun. Aus diesem Grund war Kreyfiss wohl immer noch am Leben und Zwergmaus sein Diener. Vor wenigen Stunden hatte er sich die Kopfhaut vor Verzweiflung wundgerieben, weil er eine unlösbare Aufgabe erhalten hatte. Und nun hielt er sie schon für so gut wie gelöst. „Ich werde nie aus dir schlau, Meister", murmelte der Hoffer. „Und das liegt, glaub ich, nicht allein an meinem beschränkten Verstand."
„Es ist doch alles ganz einfach, Dummkopf", belehrte ihn sein Herr. „Ich bin ein Genie."
7.
Recherchen
In der Mantar-Klinik befanden sich reichhaltige Unterlagen über die Gen-Forschungen während der Jahrhunderte der Monos-Herrschaft, die vor 150 Jahren ihr Ende gefunden hatte. Vor allem die Opfer dieses verhängnisvollen Experimentierwahns hatten unermüdlich das fachliche Interesse der Aras in Anspruch genommen. Natürlich nicht aus Mitleid, sondern um von den damaligen Genetikern zu lernen.
Auch damals, während der Besatzungszeit, hatten sich zahlreiche Aras in den Dienst des Gewaltherrschers gestellt, einen Teil der Experimente sogar selbst entwickelt und vorangetrieben. Sämtliche Daten waren noch vorhanden - allerdings lag diese Ära inzwischen lange zurück, es brauchte seine Zeit, bis Zheobitt die selektierten Informationen auswerten konnte.
Hierfür nahm er nicht nur den Zentralsyntron der Mantar-Klinik in Anspruch, sondern schickte auch eine Bitte um Unterstützung an die Übrigen Stationen von Aralon sowie die großen Medoschiffe, die in Thantur-Lok und dem Rest der Galaxis kreuzten. Alles war zunächst von Bedeutung.
Zwergmaus war jetzt nicht als Memorist gefordert, sondern zu Notizen verdonnert. Alles, was Zheobitt gerade so einfiel, musste aufgeschrieben werden.
Kreyfiss war zum ersten Mal in seinem Leben nicht brauchbar noch nicht. „Meister, wie sollen wir den ganzen Wust jemals durchblicken, wenn alle Infos da sind?" erkundigte sich der Bucklige. „Hast du so viel Zeit?"
„Irgendwo muss ich schließlich anfangen", entgegnete der Medicus. „Und die
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