2044 - INSHARAM
verloren.
Die Notautomatik handelte bereits. Medoroboter glitten durch den Raum und kümmerten sich um die Ohnmächtigen, Hochdruckspritzen jagten kreislaufstabilisierende Medikamente in die Körper. Aber ihr charakteristisches Zischen wurde von anderen, eher ungewöhnlichen Geräuschen überlagert. Ein tiefes Dröhnen lag in der Luft, und als ich mich kurz auf der Sitzlehne abstützte, verspürte ich ein feines Vibrieren. Offensichtlich arbeiteten alle Reaktoren und Triebwerke mit voller Kapazität. Aber etwas schien sie zu behindern, sich gegen ihre Anstrengungen zu stemmen, so dass die gewaltigen Energiemengen, die sie produzierten, nicht zu den zugedachten Zielen flossen, sondern trotz aller Isolierungen an die Schiffszelle weitergegeben wurden.
Das verhieß nichts Gutes.
Mein Blick fiel auf die Holos, die zeigten, was außerhalb des Schiffs geschah, und schlagartig wurde mir klar, wie groß die Gefahr war, in der wir schwebten. Die SOL war mitten im Chaos gelandet. Das Hantelraumschiff trieb offensichtlich in einem Orkan aus reiner Energie. Von allen Seiten schlugen gleißende Blitze in die aktivierten Paratronschirme. Sie prasselten mit einer Gewalt und Schnelligkeit herein, die einfach keines natürlichen Ursprungs sein konnten. Noch hielten die Schirme, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis sie zusammenbrachen und die ungeschützte Hülle dem Inferno preisgaben. „Belastung der Schutzschirme: 94 Prozent. „...SENECA, Bericht!" rief ich. Das heißt, ich krächzte es. Wütend räusperte ich mich und setzte mich in Bewegung. Und zwar in Richtung Icho Tolot. Dem unverwüstlichen Giganten von Halut hatte der Eintritt in das Alshma Ventor wohl nichts anhaben können; er stand in einer Ecke der Zentrale vor einem Kontrollpult, umgeben von einer Hologalerie, über die Informationen und Diagramme flimmerten.
Schneller, als das menschliche Auge folgen könnte, rollten die Daten abwärts.
Obwohl der Haluter mich sehen musste, ignorierte er mich und konzentrierte sich auf seine Arbeit. Die Finger seiner vier Hände tanzten über die Konsolen und gaben unermüdlich Daten ein. „Wo sind wir?" rief ich. „„Im Inneren einer Sonne?" Diesmal klang meine Stimme schon wieder fast normal. „Nein.
Anscheinend befinden wir uns in einem übergeordneten Raum-Zeit-Gefüge", meldete das Bordgehirn. „Geht das denn nicht etwas genauer?" Teks Stimme klang überaus gereizt.
Ronald torkelte zu mir, gefolgt von Dao-Lin-H'ay. Die Koordination ihrer Bewegungen war noch etwas mangelhaft, wurde aber von Schritt zu Schritt besser.
Offensichtlich hatten die Aktivatorträger den Eintauchschock besser überstanden als die anderen Besatzungsmitglieder.
Falls es ein Transmitterschock war, raunte der Extrasinn. Warte, bis du alle Informationen beisammenhast, Arkonide. „Keine Daten verfügbar", fuhr SE-NECA fort. „„Bis auf die Außenbeobachtung sind alle Orter ausgefallen. Ich extrapoliere die wenigen Informationen, die meine anderen Instrumente gesammelt haben. Schirmbelastung jetzt bei 96 Prozent."
Tekener fluchte. „„Wir müssen was unternehmen! Wir müssen hier weg, aber schnell! SENECA!", „Wir sind in einer energetischen Strömung gefangen", erwiderte das Bordgehirn, einem Strudel, der das Schiff mit sich reißt. Wir stemmen uns dagegen, können mit Mühe unsere Position halten und verhindern, dass das Schiff in diesem Sog hin und her geschleudert wird. Allerdings steht zu befürchten, dass es nach dem Ausfall der Schutzschirme von den dort draußen herrschenden Gewalten einfach zermalmt wird."
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, doch das Energiegewitter wurde noch schlimmer. Die einzelnen Blitze verschmolzen zu einer fast solide wirkenden Masse aus grellem Licht, die gegen die Schutzschirme anbrandete wie Sturmwellen gegen eine Steilküste. Die physikalischen Reaktionen, die sich auf der Oberfläche des Paratrons abspielten, konnte man nicht mehr sehen; sie wurden von dem sonnenhellen Glanz überstrahlt.
Ich schaute weg; der Anblick schmerzte in den Augen, obwohl man davon ausgehen konnte, dass es sich dabei nicht um ein Realbild, sondern um eine bearbeitete Computersimulation handelte. Ein direkter Blick in dieses Inferno hätte mich das Augenlicht gekostet.
Ich schüttelte den Kopf und sah Tekener und Dao-Lin-H'ay wortlos an. Das Gesicht des Smilers war unbewegt. Nach seinem doch ziemlich uncharakteristischen Ausbruch kurz nach Überwindung seiner Ohnmacht hatte er sich wieder in der Gewalt. „Wird
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