2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
anzugehen. Und je schmerzhafter die Grenzen des Planeten erreicht werden, desto schneller erwacht vielleicht das demokratische Bewusstsein der Menschen und desto schneller fließt das oben genannte Geld in ökologische Aufgaben. Auch hier gilt, dass die Auswirkungen alternativer Annahmen nicht unbedingt so radikal wie erwartet sein müssen: Schnelleres BIP-Wachstum kann auch zu einer früheren Reaktion der Gesellschaft auf die durch dieses Wachstum verursachten Umweltschäden führen.
Meine Prognose basiert auf einer Reihe weiterer Annahmen, zum Beispiel, dass billiges Öl die allmähliche Abwendung von der fossilen hin zur Sonnenenergie nicht wird aufhalten können. Auch wird die Bodenerosion den Anstieg der Nahrungsmittelproduktion weltweit nicht beenden und die Armut weltweit wird die ökonomische Entwicklung nicht aufhalten. Aber was geschieht, wenn die Probleme Ölverknappung, Bodenerosion und Armut doch nicht im Laufe des »normalen Fortschritts« gelöst werden? Hier folgt meine Antwort einer etwas anderen Argumentationskette. Diese Probleme werden früher oder später gelöst. Werden sie wirklich brennend, wird genug Geld bereitgestellt, um sie zu lösen. Für die Menschen, die von Armut, Brennstoffmangel und Bodendegradation betroffen sind, bedeutet das unnötiges Leid. Langfristig aber bedrohen diese Probleme die Tragfähigkeit des Planeten nicht.
Meine dritte spontane Reaktion auf meine Prognose – nach Erleichterung und Zweifel – ist Verzweiflung. Eine ganz fundamentale Verlustangst. Der Gedanke, dass wir Menschen einfach nicht willens sind, die Herausforderung anzunehmen und das Klimaproblem zu lösen, bevor es zu spät ist, – dieser Gedanke deprimiert mich zutiefst. Dabei geht es mir wie gesagt nicht um mein eigenes Wohlergehen oder um Besitzstandswahrung. Ich lebe jetzt sehr angenehm und wenn die Katastrophe eintritt, werde ich längst tot sein. Was mir Angst einjagt, ist die Vorstellung, dass wir Menschen diese wunderbare Welt, so wie wir sie jetzt noch kennen, mutwillig zerstören, dass wir eine seit Jahrtausenden bestehende biologische Vielfalt vernichten, und unsere kulturelle gleich mit dazu. Kurzum, mir wird angst und bange um das, wofür die Natur 100 Millionen Jahre brauchte, um es zu erschaffen. Und darum, dass seine Zerstörung durch Menschenhand völlig unnötiges Leid über uns bringen wird.
Ich muss jedoch gestehen, dass mich diese letzte Sorge weniger stark beschäftigt, denn ich bin sicher, die Spezies Mensch wird die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts überleben (gemeinsam mit Rattus norvegicus , der Wanderratte, sowie der gemeinen Stubenfliege – die ja häufig als negative Vorbilder angeführt werden). Der Mensch ist ein ungeheuer anpassungsfähiges Wesen. Er oder sie wird die Welt nach der Katastrophe bestimmt nicht so grässlich finden wie ich.
Acht konkrete Fragen zur Zukunft
In Kapitel 12 wird es darum gehen, wie wir unsere Zukunft gestalten. Zunächst aber beantworte ich einige Fragen, die Sie wahrscheinlich zu meinem Szenario für die kommenden 40 Jahre haben.
1. Werde ich ärmer sein?
Einige von uns werden ärmer sein, andere nicht.
Um diese Frage sinnvoll beantworten zu können, möchte ich sie etwas klarer stellen: Werde ich ärmer sein als x ? Wobei Sie entscheiden müssen, wofür x stehen soll. Für (a) heute, für (b) ärmer als Sie es wären, wenn es der Menschheit gelänge, die Welt rational zu regieren, oder (c) ärmer als Ihre Referenzgruppe.
Darüber hinaus müssen Sie den Zeitpunkt in der Zukunft präzisieren. Meinen Sie das Jahr 2052? Oder die Halbzeit, also das Jahr 2032? Sie erinnern sich vielleicht, dass der durchschnittliche Einkommensanstieg bis zum Jahr 2052 nicht linear verlaufen wird. Der Pro-Kopf-Verbrauch erreicht in meiner Prognose irgendwann während der nächsten 40 Jahre seinen Höchststand und ist 2052 bereits im Sinken begriffen. Wie genau das aussehen wird, hängt davon ab, wo Sie leben.
Sind wir beide bereit, bei der Genauigkeit Abstriche zu machen, kann ich jedoch die folgende allgemeine Antwort anbieten: Wenn Sie kein Bürger der Vereinigten Staaten sind, werden Sie im Jahr 2052 reicher sein als heute. Aber nur geringfügig – es sei denn, Sie leben in China oder in einem der BRISE-Länder.
Ein Detail kann ich noch hinzufügen. Sie werden 2052 viel ärmer sein, als Sie sein würden, wenn im Jahr 2012 ein wohlwollender starker Staat die Investitionen durchgesetzt hätte, die notwendig sind, um Arbeitsplätze zu sichern und die
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