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2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)

2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)

Titel: 2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorgen Randers
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präziser ausdrücken können: In den frühen 2040er-Jahren werden zwischen 8,0 und 8,6 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Ähnliches gilt für das weltweite BIP. Unter streng wissenschaftlichen Kriterien hätte ich nicht gesagt, das weltweite BIP wird im Jahr 2050 145 Billionen KKP-Dollar pro Jahr betragen, sondern es wird um die Mitte des Jahrhunderts zwischen 120 und 160 Billionen KKP-Dollar pro Jahr liegen. Und auch bei der Temperatur lehne ich mich aus dem Fenster: Der höchste Temperaturanstieg wird 2,8 °C betragen. Wissenschaftlich exakt müsste es heißen, dass der maximale Anstieg voraussichtlich zwischen 1,5 und 4 °C liegt. Diese Bandbreiten geben die tatsächlichen Unsicherheiten in meiner Prognose an, die enorm sind. Dennoch habe ich mich für die Durchschnittswerte entschieden, das heißt, für den Wert im Unsicherheitsbereich, bei dem wir wahrscheinlich am Ende ankommen werden. Das ist der Punkt, an dem ich die streng wissenschaftlichen Kriterien verlasse und sozusagen Farbe bekennen muss: Ich muss mich auf den Ast wagen, den ich weiter oben beschrieb, und eine wohlbegründete Vermutung anstellen. In den meisten Fällen wäre es wohl gleich, ob ich den höchsten oder den niedrigsten statt des Durchschnittswerts heranziehe. Die einzige Ausnahme ist die Prognose des Temperaturanstiegs. Erreicht die Erderwärmung im Jahr 2080 bei 1,5 °C (dem niedrigen Schätzwert) ihren Höchststand, bleibt uns die sich selbst verstärkende Klimakatastrophe eventuell erspart. Erreicht sie allerdings 4 °C (den höheren Schätzwert), ist sie meines Erachtens nicht mehr abzuwenden. Beim Mittelwert von 2,8 °C stehen die Chancen 50 : 50.
    Aber zurück zu meiner Frage, ob meine Prognose zutreffen wird. Der Systemansatz zu dieser Frage wäre eine andere Frage: Was sind die heikelsten Annahmen? Auf welchen Säulen ruht meine Prognose und welche dieser Säulen ist am wenigsten belastbar? Die beiden Säulen, die tatsächlich am wenigsten belastbar sind, sind der Rückgang der Fertilität der urbanen Bevölkerung und der sanft abfallende Trend im Produktivitätswachstum. Die Prognose insgesamt basiert auf mehreren Säulen, die weniger bedeutend sind bzw. von deren Solidität ich überzeugt bin, etwa längere Lebenserwartung, ausreichende Reserven fossiler Brennstoffe, die technische Machbarkeit groß angelegter und billiger Versorgung mit erneuerbarer Energie, ausreichende Kapazitäten in der Nahrungsmittelproduktion und die »Kurzsichtigkeit« von Menschheit, Demokratie und Markt.
    Sehen wir uns die beiden tragenden Säulen nacheinander genauer an. Sinkt die Fertilität nicht so schnell, wie ich annehme, erreicht die Bevölkerungszahl einen höheren Maximalwert. Damit werden auch BIP und Energieverbrauch höher sein. Das Gleiche gilt für die akkumulierten CO 2 -Emissionen und den Temperaturanstieg. Die Konsequenz? Die Wahrscheinlichkeit eines sich selbst verstärkenden Klimawandels nach 2052 steigt ebenfalls. Gleichzeitig übt die höhere Bevölkerungsdichte einen stärkeren Druck auf die Ressourcen aus und Konflikte aufgrund von Überbevölkerung werden zunehmen. Dies wiederum wird zur Folge haben, dass das BIP nicht so stark ansteigt wie angenommen, und damit sind auch Energieverbrauch und Emissionen weniger hoch. Diese Feedbackschleife bringt uns eine Welt mit demselben hohen BIP, aber einem geringeren Pro-Kopf-Einkommen. Was ich damit sagen will: In jedem sozialen System gibt es kompensatorische Rückkopplungen, die die Folgen externer Veränderungen tendenziell mindern. In diesem Fall heißt das, dass die höhere Fertilität die globale Zukunft nicht so stark beeinflusst, wie man zunächst annehmen könnte.
    Die zweite tragende Säule ist der langfristige Rückgang der Produktivitätssteigerung. Auch hier ist eine ähnliche Rückkopplung zu beobachten. Steigt die Produktivität langsamer an als erwartet, ist auch der Output geringer, was wiederum auf globaler Ebene von Vorteil ist, da der Konflikt zwischen Produktion und Grenzen der Tragfähigkeit gedämpft wird. Das Problem dabei: Die Armut hält hartnäckiger an. Was passiert aber, wenn die Produktivität stärker steigt als vorhergesagt? Dann steigt auch das weltweite BIP schneller – und der Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen. Die Reserven der fossilen Brennstoffe sind schneller erschöpft, aber es steht mehr Geld zur Verfügung, um genau dieses Problem – die Erschöpfung der natürlichen Ressourcen sowie die Verschmutzung – entschlossen

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