2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
phänomenalen Preisabfall bei den Produktionskosten für Solarmodule seit 1975. Weil eine flexible, dezentrale, umweltfreundliche Stromquelle einen großen Reiz darstellt, ist nun seit Jahrzehnten Kapital in Solarforschung und -entwicklung (FuE) sowie in Pilotprojekte geflossen. Die Kosten sind auf ein Hundertstel des ursprünglichen Preises gefallen; infolgedessen stehen wir an der Schwelle der Netzparität, wo Solarstrom mit andern Quellen für Haushaltsstrom konkurrenzfähig ist. Die explosionsartige Zunahme bei erneuerbarer Energie ist ein wichtiger Punkt bei der Prognose weiter hinten im Buch.
Wird der Kapitalismus auch genügend Arbeitsplätze zur Verfügung stellen? Ich denke, die Zahl der Arbeitsplätze wird mit der Zahl der Arbeitskräfte mithalten, fast immer und fast überall, genauso wie in der Vergangenheit. Zwischenperioden mit hoher Arbeitslosigkeit werden schließlich irgendwann die notwendigen Veränderungen im Wirtschaftssystem auslösen. Die Anpassungen werden aber nicht vollständig sein und nicht so rechtzeitig kommen, dass sie noch unnötige Nachteile bei den Arbeitslosen (und für die Gesellschaft nachteilige Produktionsausfälle) verhindern könnten. An manchen Orten wird es Revolutionen geben, aber im Allgemeinen sehe ich keinen Grund, warum der Machtkampf zwischen Arbeiterschaft und Kapitalisten in den nächsten 40 Jahren zu anderen Ergebnissen führen sollte als in den vergangenen 40 Jahren. Der Kapitalismus der alten Schule wird also in manchen Teilen der Welt überleben, in anderen wird er dagegen stark modifiziert werden. Dies wird in späteren Kapiteln näher ausgeführt.
Das Ende des Wirtschaftswachstums?
Als Nächstes wollen wir uns mit einer Sichtweise aus dem Teil der Entwicklungsländer, der am schnellsten wächst, nämlich Südostasien, beschäftigen. » Ausblick 2–2 : Den Konsum in Asien einschränken« spricht die Frage an, ob fortgesetztes Wirtschaftswachstum auf einer physisch begrenzten Erde überhaupt möglich ist.
Diese Debatte wird schon seit den frühen 1970er-Jahren geführt; die Lösung der Frage tauchte dann in den 1990er-Jahren auf, als man in der Lage war, sie folgendermaßen zu beantworten: »Ja, das Wirtschaftswachstum kann weitergehen, aber nur so lange der ökologische Fußabdruck dabei innerhalb der Tragfähigkeit des Globus bleibt.« Selbstverständlich können wir fortwährendes BIP-Wachstum haben (zum Beispiel, indem wir einander die Haare immer schneller oder zu einem immer höheren Preis schneiden). Ebenso selbstverständlich können wir aber auf dem Planeten kein unendliches Wachstum in materiellen Gütern haben (also etwa eine unendliche Anzahl umweltverschmutzender Autos).
Ich glaube, dass die Gesellschaft weiterhin stetiges Wirtschaftswachstum anstreben wird, unter anderem deshalb, weil dies die Methode ist, die wir am besten kennen, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen und Umverteilung zu ermöglichen. Wie jedoch aus meiner detaillierten Prognose zu entnehmen ist, werden wir, denke ich, nicht mehr die hohen Wachstumsraten der letzten 40 Jahre aufrechterhalten können. Wir werden aber den Versuch machen, und dadurch wird sich das globale BIP vor dem Jahr 2052 verdoppeln. Es wird sich allerdings nicht wie in den letzten 40 Jahren vervierfachen.
Deshalb muss die folgende Frage gestellt werden: Wird es die Menschheit schaffen, ihren ökologischen Fußabdruck so zu beschränken, dass er sich der Tragfähigkeit des Planeten einpasst? Oder werden wir es weiterhin zulassen, dass die natürlichen Ressourcen und die Fähigkeit der globalen Umwelt, Verschmutzung zu absorbieren, überbeansprucht werden? Wie sich später zeigen wird, erfordern die Lebensstile der Gegenwart 1,4 Planeten als Grundlage. Die Menschheit hat den Bogen überspannt. Die Folgender Grenzüberziehung erkennen wir am deutlichsten in der laufenden Ansammlung von CO 2 in der Atmosphäre.
Der nun folgende » Ausblick 2–2 : Den Konsum in Asien einschränken« geht auf diese Frage ein.
AUSBLICK 2–2
Den Konsum in Asien einschränken
Chandran Nair
Im Jahr 2011 erlebte die Welt erneut eine Erschütterung der globalen Märkte, die auf die Schuldenproblematik in den Vereinigten Staaten und den Zusammenbruch europäischer Volkswirtschaften zurückzuführen war. Jahrzehntelanges Missmanagement und Realitätsverweigerung gründeten in dem falschen Glauben, ein konsumgetriebenes und mit exzessiver Schuldenaufnahme unterstütztes Wachstumsmodell werde in alle Ewigkeit den Wohlstand für alle
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