2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Menschen unmittelbar vor einem großen technischen Sprung und wissen dabei, dass beständiger Fortschritt – so wie er heute definiert ist – vielen großes Leid bringen wird. Und doch machen wir einfach weiter.
Nehmen wir den Besitz eines Privatautos, was bisher in den Entwicklungsländern leider als ein unabdingbarer Wachstumsmotor angesehen worden ist. Wenn China, Indien und andere asiatische Länder beim Autobesitz das gleiche Niveau anstreben wie in den reichen industrialisierten Ländern, was, so wird den Bürgerinnen und Bürgern gesagt, ihr gutes Recht sei, dann wird es im Jahr 2050 nicht weniger als drei Milliarden Autos geben, fast vier Mal so viele wie heute. Dies wird sich in vieler Hinsicht verheerend auswirken. Die Städte werden unbewohnbar sein (manche sind es schon heute) und kostbarer Treibstoff (einschließlich Biotreibstoff), den man für Wichtigeres nutzen könnte, wird in die Automobilität fließen. Die gesundheitlichen Auswirkungen von annähernd zwei Milliarden Autos in Asien werden dann Stoff für Romane sein. Das gilt für alles andere auch, vom Fleischverbrauch über billige Kekse bis zu Klimaanlagen und iPads.
Was muss Asien also tun, um ein derart katastrophales Ergebnis zu vermeiden? Das Allerwichtigste: Der Kontinent muss sich dem Scheuklappenblick derer verweigern, die die Asiaten zu rücksichtslosem Konsum drängen – ob das nun die westlichen Wirtschaftswissenschaftler und politischen Führer sind, die, um die Weltwirtschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen, aus der Region einen »Wachstumsmotor« machen wollen, oder ob das Regierungen in Asien sind, die glauben, eine ständig wachsende Wirtschaft sei das, was ihre Bevölkerung will oder braucht.
Stattdessen müssen aber die Regierungen in Asien alternative Wege zur Förderung menschlicher Entwicklung finden. Es ist dringend notwendig, dass sie die Erwartungen in eine andere Richtung lenken und direkt die Frage der Rechte angehen, mit dem Schwerpunkt ganz klar auf den folgenden Grundbedürfnissen, die für die Mehrheit befriedigt werden müssen: Nahrung (zuverlässig verfügbar), Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, preiswerter Wohnraum, Bildung und gesundheitliche Grundversorgung. Sie müssen zum Beispiel deutlich machen, dass der Besitz eines Autos kein Grundrecht ist und dass die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen die tatsächlichen Kosten widerspiegeln muss. Sie müssen betonen, dass das öffentliche Interesse Vorrang vor den Rechten des Einzelnen hat, obwohl dies den Argumenten eines konsumgetriebenen Kapitalismus im Kern widerspricht. Sie müssen sich der Behauptung entgegenstellen, dass es dem Vorteil aller dient, wenn man jedem erlaubt, seine eigenen Interessen zu verfolgen.
Und sie sollten den Westen zwingen, Farbe zu bekennen. Sie sollten laut und deutlich sagen, dass die reiche Welt verpflichtet ist, zurückzustecken und weniger verschwenderische Lebensstile zu entwickeln.
Ein solches Wirtschaftssystem zu organisieren, wird keine einfache Aufgabe sein, vor allem nicht in Gesellschaften, denen man seit Jahrzehnten erzählt hat, dass alle Grenzen überwunden werden können und dass Wohlstand nur aus der herkömmlichen Form konsumgetriebenen Wachstums entstehen kann. Dies wird starkes Regierungshandeln fordern, das der derzeitigen westlichen Strenggläubigkeit in puncto Demokratie und Kapitalismus grundsätzlich widerspricht. Dabei werden sie es auch mit einer Palette von Eigeninteressen aufnehmen müssen, auf Seiten der global agierenden multinationalen Konzerne und der lokalen Eliten, sowie derjenigen westlichen Regierungen und Institutionen, die ein in großem Stil konsumierendes Asien als Retter ihrer Volkswirtschaften ansehen.
Ein Ansatzpunkt wird sein, Ressourcenmanagement zum Mittelpunkt des gesamten politischen Handelns zu machen und als Nächstes Treibhausgasen und Ressourcen angemessene Preise zu geben, und zwar auf dem Weg über Steuern, Lizenzen und sogar auch ausdrückliche Verbote für bestimmte Formen des Konsums. Es geht nicht darum, die Menschen in Armut zu halten, sondern den Konsum wieder in eine Richtung zu lenken, die die ohnehin schon überbeanspruchte Ressourcenbasis nicht noch mehr auszehrt oder verschmutzt und damit Lebensgrundlage und Gesundheit von Hunderten Millionen von Menschen gefährdet.
Die asiatischen Länder werden fiskalische Maßnahmen, Methoden der Bodennutzung und neue Konzepte gesellschaftlicher Organisation brauchen, mit denen sie nachhaltige nationale
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