2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)

menschlichen Evolution erreicht sein wird, zeichnen sich ihre Konturen bereits erkennbar ab und lassen sich anhand ihrer drei hauptsächlichen Säulen betrachten: dem Physischen, dem Sozialen und dem Spirituellen.
    Das Physische
    Früher oder später werden die ökologischen Systeme des Planeten einen Wandel erzwingen von einer auf Wachstum basierenden Wirtschaft zu einer der geschlossenen Kreisläufe, die auf Recycling und erneuerbarer Energie beruht – hoffentlich auf dem Weg über die Annehmlichkeiten der Spitzentechnologie, doch sonst, wenn alles schief geht, mit Low-Tech-Mitteln. Diese Veränderung beinhaltet rein physische Phänomene, die man berühren und fühlen kann.
    In technischer Hinsicht stellt sich der physische Übergang bereits relativ differenziert und fortgeschritten dar. Automatisierung, intelligentere Geräte und die Nanotechnologie werden bereits vor 2052 gut entwickelt sein und die Reorganisierung in High-Tech-Einheiten kleinen Maßstabs erleichtern, die auf lokalen Rohstoffen und erneuerbaren Energien fußen. Das bedeutet einen Übergang von den simplen mechanischen Modellen der Industrialisierung zu komplexeren organischen Modellen, bei denen der gesamte Lebenszyklus in Betracht gezogen wird.
    Die Veränderung lässt sich sukzessive und wirtschaftlich lukrativ einleiten. Doch sie wird einen radikalen Bruch mit dem heutigen ökonomischen Wissen des wachstumsorientierten Kapitalismus bedeuten und Widerstand von jenen erfahren, die heute noch Vermögen globalen Ausmaßes ansammeln. Aus diesem Grund wird sogar die physische Veränderung an der Peripherie des bereits Etablierten ihren Anfang nehmen. Nur dort wird sie nicht als Bedrohung wahrgenommen werden. Und es werden ihr weitere fundamentale Veränderungen folgen.
    Das Soziale
    Auf dem nicht-physischen Gebiet der zwischenmenschlichen Beziehungen sind die sich herausbildenden Wesensmerkmale der nächsten kulturellen Stufe bereits erkennbar. Einen Wandel in dieser nicht greifbaren Welt wird man mehr fürchten als die technisch/ökonomische Veränderung. Doch er ist bereits wahrnehmbar und zwar am deutlichsten in der wettbewerbsorientierten Geschäftswelt.
    Das sich herausbildende Phänomen nenne ich das kreative Team . In einem System, das von solchen Teams dominiert wird, hat das alte, hierarchisch-autoritäre Kontrollsystem abgedankt. Das kreative Team basiert auf dem Dialog, in dem jeder sein Bestes in Form von Ideen, Erkenntnissen und Erfahrungen der Gruppe unterbreitet. Ein klug zusammengesetztes Team gibt mehr, ist dynamischer, kreativer und vielseitiger, aber auch fordernder. Netzwerkorganisation ist in ihrer besten Form eine Variante desselben Konstrukts. Eine höhere Bewusstseinsebene ist erforderlich, doch die Menge der freigesetzten Energie wird die alten Systeme auf wichtigen Gebieten langfristig aus dem Feld schlagen.
    Bewusst eingesetzter konstruktiver Dialog stellt einen radikalen Bruch mit dem Wettbewerb dar – der die Basis des traditionellen ökonomischen Denkens bildet. Er steht zudem für einen neuen Weg, Interessenskonflikte in demokratischen Systemen zu lösen. In einem echten Dialog sucht man nicht mehr Sicherheit durch die Beherrschung externer Faktoren. Die Energie einer Beziehung liegt in der Freude des Gebens; die Sicherheit liegt in der Person selbst. Je mehr man gibt, desto mehr erhält man zurück. Im Verlauf der nächsten Generationen werden die positiven Erfahrungen aus solcher Interaktion sicherstellen, dass das alte, antagonistische Modell ausläuft.
    Das Spirituelle
    Doch der wahre Kern des alten Paradigmas, das bis 2052 untergehen wird, ist die Vorstellung, dass das Physische – das, was wir mit unseren Augen sehen können – die einzige wirkliche Realität ist.
    Heute werden Gedanken, Gefühle und spirituelle Phänomene noch als den physischen Prozessen untergeordnete Nebeneffekte betrachtet. Auf der nächsten kulturellen Stufe – sobald die neue Wahrnehmung der Realität in den Vordergrund getreten ist – wird der Kern des neuen Paradigmas erweitert, um das Nicht-Physische mit zu umfassen. Phänomene, die seit der Zeit Descartes’ der Religion überlassen waren, werden erneut integraler Bestandteil unserer Wahrnehmung der Realität sein.
    Neue Religiosität, Selbstentfaltung und Heilung sind im Kommen. Die meisten Menschen glauben bereits in der einen oder anderen Form an Gott und ein Leben nach dem Tod – was werden also die praktischen Konsequenzen sein? Der nächste Schritt ist der transformative