2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Wandel, nicht eine Frage von mehr oder weniger Interesse an Religion.
Die Menschen werden ihre eigene Existenz auf eine neue Weise erfahren. Das alte Paradigma wird man als eng und primitiv betrachten – als das Abbild einer niedrigeren Kulturstufe, zu der fast niemand mehr zurückkehren will.
Wie wir uns und unsere Umgebung wahrnehmen, ist von großer Bedeutung. Wenn sich dies verändert, dann verändert sich alles. Doch Wahrnehmungen verändern sich nicht über Nacht. Eine wachsende Zahl von Menschen hat sich bereits auf den Weg der Selbstentfaltung begeben. Für sie ist Selbstentfaltung von Bedeutung für ein gutes Leben und dafür, in unterschiedlichen Zusammenhängen gute Leistung zu zeigen. Für diese Gruppe ist Bewusstseinsentwicklung ein Ziel an sich geworden. Sie suchen als Erwachsene bewusst nach einer fortdauernden Reifung, um dem Leben Sinn und Inhalt zu geben.
Auf diesem Gebiet finden schon heute vielfältige methodologische Entwicklung, Forschung und Experimente statt. Alle möglichen Alternativen werden ausprobiert, viele davon kommen aus Paradigmen weit außerhalb des Rahmens der etablierten Ordnung. Man denke etwa an die alternative Medizin, in der die Interaktion zwischen physischen und mentalen Aspekten ein Kernpunkt ist. Die alternative Medizin arbeitet mit einem holistischen Modell, in dem der physische Aspekt nur eine von mehreren Dimensionen darstellt und in dem die Dinge nicht notwendigerweise eine physische Ursache haben – ganz im Gegenteil.
Der größte Teil dieser methodologischen Entwicklungen findet außerhalb der etablierten Forschungsinstitutionen statt. Ein Gutteil davon hat den Charakter von Küchentisch-Experimenten, doch dasselbe galt auch für die technischen Revolutionen bis zu den 1930er-Jahren. Wie rasch sich die Dinge entwickeln werden, ist schwer zu sagen, aber man tut gut daran, sich vor Augen zu halten, dass von der Zeit, als die Gebrüder Wright das erste Fahrzeug dazu brachten, vom Boden abzuheben, bis zu Neil Armstrongs Spaziergang auf dem Mond nicht mehr als 66 Jahre nötig waren. Vieles wird sich in den kommenden 40 Jahren ereignen.
Dag Andersen (Norweger, geboren 1947) ist Politikwissenschaftler, freier Berater, Lektor und Autor von The 5th Step: The Way to a New Society (2007).
»Die fünfte kulturelle Stufe« erinnert uns daran, dass die Menschen nicht immer dieselben Dinge tun und sie nicht fortwährend auf dieselbe Art und Weise tun werden. In diesem Jahrhundert wird sich der Fokus der menschlichen Aufmerksamkeit wahrscheinlich von dem materiellen Denken abwenden, das die Vergangenheit dominierte.
Die zweite und letzte Perspektive auf die längerfristige Zukunft, » Ausblick 11–2: Die dritte Blütezeit des Lebensbaums« stellt einen weiteren provozierenden Gedanken vor, nämlich den Aufstieg des sich selbst programmierenden Roboters: der, der Ihnen auf dieselbe herrische Weise in die Augen schauen wird, mit der Sie Ihrem unverständigen Hund in die Augen sehen.
AUSBLICK 11–2
Die dritte Blütezeit des Lebensbaums
Jonathan Loh
In den nächsten 40 Jahren wird ein Ereignis eintreten, das nicht nur die Geschichte unserer Spezies verändern wird, sondern sogar die Evolution des Lebens. Wir wissen zwar nicht, wann genau es geschieht, aber 2052 werden wir uns voll dessen bewusst sein, dass es geschehen ist. Solche Ereignisse haben bisher zweimal stattgefunden, allerdings auf andere Art und Weise, und das dritte Mal wird wieder anders sein.
Ich beschreibe diese vergangenen Ereignisse und das kommende mithilfe der Analogie des Lebensbaums. Dieser Baum blüht sporadisch, plötzlich und spektakulär an einem seiner äußeren Äste auf. 15 Er hat dies bisher zweimal getan, das letzte Mal an der Spitze eines seiner Myriaden von äußeren Zweigen. Die erste Blütezeit war der Beginn der Evolution aller mehrzelligen Organismen vor 550 Millionen Jahren und die zweite markierte den Beginn der kulturellen Vielfalt des Menschen vor etwa 70.000 bis 80.000 Jahren. Eine dritte Blütezeit beginnt an den äußeren Ästen des Baums und sie wird zu einer neuen evolutionären Diversifikation führen.
Stellen Sie sich die Geschichte der Erde komprimiert auf ein einziges Jahr vor. Unser Planet verschmolz vor etwa 4,5 Milliarden Jahren aus heißem Staub und Gasen in der Sonnenscheibe; nennen wir diese Zeit 00:00 Uhr am 1. Januar. Dann begann er abzukühlen. Das erste Leben erschien irgendwann im März, doch bis November waren alle lebenden Organismen einzellig. Etwa Mitte
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