2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
diesem weiter reichenden Blick lassen sich die kombinierten Auswirkungen von Bevölkerungsrückgang, stagnierendem BIP, signifikanter Erwärmung und Entscheidungsträgern, die gelernt haben, dass ein Überschreiten der Klimagrenze wirklich gefährlich ist und einen sich selbst verstärkenden Klimawandel auslösen kann, betrachten. Und erst dann können wir uns ein Bild davon machen, ob es zu einem »gesteuerten Niedergang« kommt und ein »durch die Natur ausgelöster Zusammenbruch« vermieden werden kann.
Noch weiter vorauszusehen ist auch deshalb schwierig, weil vieles, was im letzten Teil der nächsten 40 Jahre unternommen wird, die Entwicklungen in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts beeinflussen wird. Unsere derzeitige Generation von Computermodellen und unsere gedanklichen Modelle sind in der Periode der Kontraktion nicht zuverlässig. Deshalb müssen wir uns zunehmend auf Kunst und Spekulation verlassen und so beende ich dieses Kapitel, indem ich Ihnen zwei zum Nachdenken anregende Beispiele langfristigeren Denkens vorstelle. Vielleicht tragen sie zu Ihrer eigenen Spekulation darüber bei, was die ferne Zukunft bereithalten könnte.
Das erste, » Ausblick 11–1: Die fünfte kulturelle Stufe«, argumentiert, dass sich die menschliche Zivilisation weiterentwickeln wird und der nächste – der fünfte – Schritt bis 2052 womöglich schon weit vorangekommen ist. Wenn diese Ansicht korrekt ist, wird sich die Menschheit künftig wesentlich anders organisieren und in der Entscheidungsfindung auf unkonventionelle Inputs setzen. Komplexe Team-Netzwerke dürften den Kurs bestimmen und eine Führung vorgeben, die zum Teil auf Wahrnehmungen basiert, welche früher im seriösen Geschäftsleben als nutzlos eingestuft wurden.
AUSBLICK 11–1
Die fünfte kulturelle Stufe
Dag Andersen
Die erste Hälfte des 21. Jahrhunderts wird geprägt sein von dem Wunsch riesiger Menschenmengen aufzuholen – zunächst zum Lebensstandard der Industrieländer und danach zu deren Demokratien. Gleichzeitig werden die negativen Effekte des derzeitigen Systems klarer werden. Dennoch glaube ich nicht, dass es eine große bewusste Wahlmöglichkeit geben wird, dieses System vor 2052 zu verändern. Nicht einmal ein totaler Zusammenbruch des heutigen Finanz- und Kapitalsystems wird zu einer vorsätzlichen Entscheidung zugunsten eines transformativen Wandels führen. Was jedoch schon heute geschieht und in den nächsten 40 Jahren klarer werden wird, ist, dass die Konturen des Neuen Gestalt annehmen werden. Sie beginnen bereits an der kreativen Peripherie der heutigen Realität aufzutauchen.
Ich spreche von einem Paradigmenwandel, der vielleicht noch umwälzender sein wird als der Aufstieg der Neuzeit aus dem Mittelalter. In der globalisierten Gesellschaft von heute ohne eine globalisierte Machtstruktur ist niemand in der Position, einen solchen Wandel aufzuhalten. Ebenso ist aber auch niemand in der Position, den Wandel in einer Zeit, in der er noch ohne große Kosten bewerkstelligt werden könnte, zu beschleunigen.
Mein Glaube an die kommende Systemveränderung basiert auf einer simplen Hochrechnung. Das Hauptmerkmal der Kulturgeschichte der vergangenen 10.000 Jahre war ein Pfad vom Einfachen und Unbewussten zum Komplexen und Bewussten. Die Veränderungsrate ist mit der jüngsten Reifung des Bewusstseins angestiegen. Wiewohl viele allmählich begreifen werden, dass endloses materielles Wachstum auf einem kleinen Planeten nicht möglich ist, sind die Strukturen der Entscheidungsfindung – weder in der Wirtschaft noch in der Politik – nicht dazu geeignet, über einen fundamentalen Paradigmenwechsel zu befinden. Die Alternative muss sich entwickeln, ihre Überlegenheit demonstrieren und allmählich in Führung gehen.
Betrachtet man frühere Übergänge von einer Kulturstufe zur nächsten, so stellt man fest, dass sie vier wichtige Charakteristika gemeinsam haben. An erster Stelle standen Veränderungen von einem eher restriktiven zu einem breiteren Paradigma. Die Menschheit hat gelernt, sich objektiv und bewusst mit einem zunehmenden Teil der Realität zu identifizieren. Zweitens legten diese Übergänge neue Fähigkeiten und Techniken frei, die die Nutzung dieses erweiterten Realitätsverständnisses ermöglichten. Drittens führte der Übergang zu einem höheren Organisationsniveau und viertens zu mehr Freiheit.
Wenngleich ich glaube, dass es noch mehr als 40 Jahre dauern wird, bis die nächste – die fünfte 14 – Stufe der
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