2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)

menschlichen Wohlseins vonstatten geht. Zieht der Übergang zur neuen Lösung aber einen temporären Niedergang des menschlichen Wohlergehens nach sich, wenn man aus der alten Lösung (zum Beispiel billigem Öl) aussteigt, bevor die neue (etwa Wasserstoff auf Solarbasis) eingeführt ist, so muss man sagen, dass er ein Element der Schrumpfung enthält oder, wie die Ökonomen es nennen, des Wohlstandsverlusts.
    6. Grenzüberziehung lässt sich durch vorausschauende Politik vermeiden
    Durch Vorausschau wird die Gesellschaft im Normalfall in der Lage sein zu erkennen, dass sie sich Grenzen annähert, und Initiativen in Gang zu setzen, die deren Überschreitung vermeiden. Das Problem von Grenzüberziehung und Zusammenbruch ist lösbar – zumindest prinzipiell. Es ist allerdings schwer, es in der Praxis anzugehen, weil vorausschauende Politik normalerweise schon heute Opfer für ein besseres Morgen verlangt. Kluge Politik muss sicherstellen, dass der menschliche Fußabdruck keine nicht-nachhaltige Größenordnung annimmt. Das bedeutet, von Expansion abzusehen, die einen nur kurzfristigen Vorteil brächte. Dies ist schwierig in einer Demokratie, die von kurzfristig denkenden Wählern bestimmt wird, und in Märkten, die von kurzfristig denkenden Investoren dominiert werden.
    Viele lehnen den Gedanken vorausschauender Politik ab und würden lieber darauf vertrauen, dass sich von selbst eine technische Lösung findet. Letztendlich sind sie gegen die Vorstellung, dass die Welt endlich ist – sogar der physikalischen Interpretation nach. Sie glauben stattdessen, dass Technik die Grenzen des Planeten schneller aufheben wird, als wir uns ihnen nähern. In anderen Worten: Der technische Fortschritt wird weiterhin Grenzen nach außen verschieben und die Tragfähigkeit des Planeten vergrößern.
    Ich misstraue einem derartigen automatischen Technikoptimismus. Ich glaube, dass die Welt schließlich und endlich eine finite ist und dass Grenzüberziehung wahrscheinlich ist, wenn ein System signifikante Reaktionsverzögerungen aufweist: Verzögerungen bei der Wahrnehmung und Lokalisierung von Grenzen, bei zeitaufwändigen Entscheidungen vieler stakeholder zur Beendigung von Expansion und bei der Implementierung der Verlangsamung. Einmal in der Grenzüberziehung angekommen, ist Schrumpfung der einzige Ausweg und der Pfad zurück in die Nachhaltigkeit ist länger, wenn das zugrunde liegende Ökosystem während der Grenzüberziehung geschädigt wurde.
    In den vergangenen Jahrzehnten der Grenzüberziehung der Erde wurde in zahllosen Foren viel diskutiert, um einen Weg zur Nachhaltigkeit durch koordiniertes weltweites Handeln zu finden. Die Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen 13 sind wahrscheinlich die konkreteste Beschreibung dessen, was getan werden muss, und einiger Fortschritt wurde erreicht und gemessen. Doch wir sind weit davon entfernt, uns auf Entscheidungen geeinigt zu haben, deren praktische Folgen beginnen werden, den menschlichen ökologischen Fußabdruck zu verringern.
    Vielleicht würde die Welt die Dringlichkeit der Lage besser verstehen, wenn sie den Verhaltensmodus – oder die Dynamik – von Grenzüberziehung und Zusammenbruch besser verstünde.
Perspektiven für die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts
    Wie in Kapitel 2 beschrieben, wählte ich für meine Prognose aus verschiedenen Gründen einen Zeithorizont von 40 Jahren – nicht zuletzt deshalb, weil die ersten globalen Vorausschauen 40 Jahre zurückliegen.
    Es ist eine Ironie, dass mit dieser Wahl von 40 Jahren die Prognose zufällig genau dann aufhört, wenn das wirkliche Geschehen – die reale Kontraktion des globalen Systems – beginnt. Meiner Prognose nach ist 2052 mehr oder weniger exakt der Zeitpunkt, an dem der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch sein Maximum erreichen und eine weltweite Abnahme des materiellen Lebensstandards beginnen wird. Das Jahr 2052 ist ferner der Zeitpunkt, wenn die globale Durchschnittstemperatur die gefährliche Schwelle von 2 °C überschreiten wird. Die Weltbevölkerung wird dann aber bereits rückläufig sein und die Belastung des Planeten sich somit Jahr für Jahr verringern. Und die Menschheit wird den halben Weg von einer mit fossilen Brennstoffen arbeitenden zu einer solar basierten Wirtschaft zurückgelegt haben. Demnach könnte der Rückgang kurz ausfallen.
    Für eine vollständigere Perspektive der Zukunft ist es hilfreich, weitere 50 Jahre bis auf das Ende des 21. Jahrhunderts vorauszuschauen. Erst mit