2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Rate der Veränderung deutlich unterschätzt (und manchmal auch überschätzt) worden war. Sozio logische Studien werden weitreichende Meinungsverschiedenheiten (und sogar heftige Streitereien) in Bezug auf die zugrunde liegenden wissenschaftlichen Daten und deren Bedeutung hervorheben. Soziologen und Anthropologen werden eine eigene Systematik entwickeln, um die Unterschiede zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen darzustellen. Da gab es diejenigen, die leugneten, dass ein Problem vorlag, andere waren der Ansicht, es gebe ein Problem und versuchten etwas dagegen zu unternehmen, und wieder andere dachten, es gebe zwar ein Problem, welches aber letztendlich unlösbar sei.
Das dritte hat mit dem Umfeld politischer Entscheidungen zu tun. Hier werden sich die künftigen Analysen damit befassen, wie Systeme institutioneller Governance – sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor – auf die nach und nach verfügbar werdende Information reagierten. Bis 2052 werden die Änderungen in der biophysischen Umwelt Entscheidungen zu einer Reihe von politischen Fragen erzwungen haben. Und dies sind die politischen Fragestellungen, die die Historiker im Jahr 2052 dokumentieren werden, zusammen mit ihren Schlussfolgerungen:
Die Ebene der Entscheidungsfindung : Entscheidungen zu globalen politischen Fragen standen an. So musste man einen Preis für Kohlenstoff festsetzen, Großprojekte zur Anpassung an den Klimawandel in Auftrag geben und das internationale Finanzsystem reformieren. Es gab mehrere Optionen: gemeinsame Entscheidungen von Nationalstaaten in bestehenden oder neuen internationalen Foren, Entscheidungen einzelner Nationen oder Regionen für sich oder schlicht Nichtstun. Die Historiker werden aufzeichnen, dass ein zwischenstaatlicher Ansatz der Regierungen gewählt wurde, da eine »Jedes-Land-für-sich«-Strategie schließlich als wirkungslos und kontraproduktiv erkannt wurde. Durch Ressourcenkonflikte verursachte regionale Kriege hatten diesen Punkt deutlich gemacht.
Die Rolle des Staates : Schon im Jahr 2012 war klar, dass Regierungen – insbesondere wenn sie in Gruppen von mehr als zehn agierten – nicht in der Lage waren, Entscheidungen schnell genug zu treffen, um auf viele der oben erwähnten bedrohlichen Trends angemessen reagieren zu können. Zukünftige Historiker werden erkennen, dass die Notwendigkeit, Entscheidungsprozesse zu regionalisieren, immer zwingender wurde. 193 Länder konnten sich offenbar auf gar nichts einigen, wie die Kyoto-Folgeverhandlungen beispielhaft zeigten. Kleinere Ländergruppen jedoch waren in der Lage, gemeinsam zu handeln. Und es gab Fortschritte bei öffentlich-privaten Partnerschaften. Ein Mischmodell wurde gewählt, bei dem Regierungen die staatliche Kontrolle über die Wirtschaft verstärkten (ähnlich wie in Chinas gelenktem Kapitalismus), gleichzeitig aber Führungspersonen aus der Wirtschaft in Entscheidungsfindung und -umsetzung der Regierung einbezogen.
Die Rolle des Marktes : In den zehn Jahren von 2010 bis 2020 wurde offensichtlich, so werden zukünftige Historiker feststellen, dass sich die Welt auf ihrem Entwicklungspfad eher von der Nachhaltigkeit weg- als zu ihr hinbewegte. Man erkannte, dass der Kapitalismus dabei war, seine eigene Zukunft zu untergraben. Es entspann sich eine Debatte darüber, wie »frei« genau der freie Markt sein sollte in einer Welt, die nur begrenzt Ressourcen zur Verfügung stellen und Verschmutzung aushalten konnte. Bis zum Jahr 2022, als sich der Erdgipfel zum 30. Mal jährte, hatte eine Reihe von wetterbedingten Rohstoffkrisen Regierungen und Wirtschaft davon überzeugt, dass die Anpassung an den Klimawandel auf Dauer ein nationales Sicherheitsproblem darstellte. Die Regierungen konzentrierten sich zunehmend auf solche Regulierungen und politische Maßnahmen, die Investitionen in kohlenstoffarme, ressourceneffiziente Technik und Infrastruktur – also in eine »grüne« Wirtschaft – förderten. Ein Jahrzehnt nach der gescheiterten Rio+20-Konferenz entschied man sich dafür, dem schnellen Übergang von der alten zur neuen Wirtschaft den Vorrang zu geben, selbst wenn dies staatliche Eingriffe in das Funktionieren des freien Marktes erforderte.
Wenn sie sich tiefer ins Detail begeben, werden die Historiker auch feststellen, dass die im Jahr 2012 verfügbare Wirtschaftsliteratur bereits darauf hindeutete, dass
business as usual nicht zu einer nachhaltigen Entwicklung führen konnte;
die Wirtschaft ein wichtiger Teil
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