2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
derzeitige verschwenderische, ausbeuterische sowie spirituell und emotional unterentwickelte Zivilisation aufrechterhält. Der Übergang verläuft weder ruhig noch friedlich.
Das gegenwärtige, überholte Paradigma verschwindet schneller als viele denken. Die Gegebenheiten ändern sich aus reiner Notwendigkeit; auf dem Planeten gibt es nicht genügend Platz für business as usual . Ein neues Glaubenssystem ersetzt das alte:
Die Kultur des Konsumismus wird durch neue kulturelle Elemente abgelöst, die auf längere Sicht genuine Befriedigung, höheres Wohlergehen und echtes Glück gewährleisten.
Die überkommene Interpretation von Darwins Theorie, nämlich dass das Leben sich durch Wettbewerb und das Überleben des Stärksten entwickelt, wird durch die Einsicht ersetzt, dass hochentwickelte Lebensformen durch Kooperation und nicht durch Beherrschung der einen durch die anderen entstanden sind.
Kulturen kommen einander näher und der gegenwärtige »Kampf der Kulturen« ist nicht der Endpunkt, sondern erweist sich nur als ein Kapitel in der Entwicklungsgeschichte der globalen Gesellschaft auf eine höhere Ebene.
Ein neues Verständnis von Gemeinwesen entsteht, in der Form einer modernen Verschmelzung von traditionellem Gemeinschaftsleben und dessen Werten und einer freundlicheren Form des Individualismus, die den Wert gemeinschaftlicher Lösungen erfasst.
Hinter dieser Entwicklung werden viele treibende Kräfte stehen. Der wichtigste Motor der Veränderung sind die entrechteten jungen Menschen. Schon heute wird diesen allmählich bewusst, dass ihre Eltern und Großeltern im Begriff sind, ihnen einen ausgebeuteten Planeten zu hinterlassen; dessen lebenserhaltende Systeme sind geschwächt, die Volkswirtschaften verschuldet, Arbeitsplätze und bezahlbarer Wohnraum sind rar. In den entwickelten Ländern erben sie zudem die Verantwortung für eine zunehmende Anzahl von Menschen im Ruhestand, die fest damit rechnen, Renten und Gesundheitsfürsorge für die nächsten 30 bis 40 Jahre zu erhalten.
Diese jungen Menschen verlangen zu Recht die Möglichkeit, einen anständigen Lebensstandard zu erreichen und eine Familie zu gründen. Sie haben keine Lust, ihr Leben mit dem Abzahlen der von vorangegangenen Generationen angehäuften Schulden zu verbringen. Die Analogie zu den europäischen Revolutionen von 1848 ist unerfreulich deutlich. Wie damals entpuppt sich Ungerechtigkeit als Zeitbombe – diesmal allerdings nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt. Im Verlauf der nächsten zehn bis 15 Jahre wird die Geduld der Menschen ganz klar an ihre Grenzen kommen. Wir werden erleben, wie junge Menschen im Kampf um ein allgemeines Recht auf anständige Lebensstandards und anständige Arbeit die Führung übernehmen.
Weitere wesentliche treibende Kräfte sind dann Urbanisierung, Klimawandel, peak oil und schrumpfende Bevölkerungszahlen. Zusammen werden diese Kräfte eine grundlegende Veränderung von Land-nutzungsmustern, Landverteilung und politischen Entscheidungsprozessen bewirken. Menschen leben dann dichter gedrängt. Transport wird teurer und Pendeln im Privatauto zum Luxus. Der ländliche Raum verliert an Bevölkerung. Städte bestimmen zunehmend die nationale Politik, sie werden zum Motor der gesellschaftlichen Entwicklung.
Die größte Umwälzung jedoch ist die zunehmende Verbreitung elektronischer Kommunikation, der mächtigste Motor der Globalisierung. In den nächsten Jahrzehnten bildet sich ein globales Bewusstsein heraus, eine zusätzliche geistige Sphäre, deren Wesen und wahre Dimension zwar jetzt noch unklar ist, aber in den nächsten zehn bis 15 Jahren erkennbar wird. Vom cloud computing wird die Welt zum cloud thinking und womöglich sogar zum cloud feeling voranschreiten. Etwas anderes – »das Netz« – wird für uns nicht nur logische Schlussfolgerungen ableiten, es bestimmt auch die Agenda, indem es uns ständig Rückmeldung gibt, was alle anderen denken. Und es beeinflusst mit Sicherheit die Stimmung in der Bevölkerung. Diese explosionsartige Ausbreitung ständigen Internetzugangs hat auch ihre Kehrseiten. Wir wissen bereits heute, dass elektronische Kommunikationssysteme ein ideales Mittel sind, um personenbezogene Informationen zu sammeln und zu kontrollieren. Wir wissen auch, dass man mit ihrer Hilfe Menschen zusammenbringen und inspirieren kann wie im Arabischen Frühling 2011. Aber das Internet kann auch dazu genutzt werden, einzelne Menschen ebenso wie Massen zu unterdrücken und zu
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