2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
mit Nahrung und Holzprodukten in Anspruch nehmen wie die Armen. China ist trotz seines hohen Wachstums in jüngerer Zeit immer noch näher bei den Armen als bei den Reichen – wenn man die Pro-Kopf-Werte betrachtet.
Abbildung 2–3 zeigt, dass die Umweltbelastungen durch die Menschheit – würde der Konsum aller Menschen auf das Niveau der Vereinigten Staaten angehoben – um das Fünf- bis Zehnfache ansteigen würden. Nach meiner Einschätzung wird es auf unserem begrenzten Planeten nicht so weit kommen, einfach weil dafür nicht genug Platz ist. Aber die Menschheit wird es auf jeden Fall versuchen und inwieweit sie darin zukünftig Erfolg haben wird, ist Hauptthema im weiteren Verlauf des Buches.
Das Ende der »langsamen« Demokratie?
Dinge brauchen ihre Zeit. In vielen Fällen ist das gar nicht schlecht. Abwägen und Beratschlagen sind eine gute Methode, um Handlungen mit unbeabsichtigten und unerwünschten Nebeneffekten zu vermeiden. Aber in anderen Fällen, etwa wenn man gerade auf eine Steinmauer zurast, können Entscheidungsverzögerungen verhängnisvoll sein. Nach meiner Ansicht ist die Welt derzeit mit einigen Herausforderungen der letzteren Kategorie konfrontiert – zuallererst beim Klima. Hier muss jetzt sofort gehandelt werden, nicht erst nach weiteren zig Jahren des Analysierens. Andere sehen das anders, und dementsprechend sind die aktuellen Prozesse der Entscheidungsfindung quälend langsam.
Demokratie hat viele Vorteile und erbringt oft Lösungen, die nachhaltiger sind als Top-Down-Entscheidungen. Aber durch hohe Geschwindigkeit zeichnen sich demokratische Entscheidungsprozesse nicht gerade aus. Meiner Ansicht nach wird es deshalb grundlegend darauf ankommen, ob man sich in der Demokratie auf einen stärkeren Staat einigen kann (und damit auf beschleunigte Entscheidungsprozesse), bevor es zu spät ist – bevor wir gegen die Mauer prallen und uns einen sich selbst verstärkenden Klimawandel, unwiederbringlichen Verlust an biologischer Vielfalt sowie einen Mangel an Investitionen in zukunftsgerichtete Forschung und Entwicklung einhandeln.
» Ausblick 2–3 : Im Schneckentempo Richtung Nachhaltigkeit« beschäftigt sich mit der Problematik der langsamen Reaktion.
AUSBLICK 2–3
Im Schneckentempo Richtung Nachhaltigkeit
Paul Hohnen
Historiker, die im Jahr 2052 über die erste Hälfte des 21. Jahrhunderts schreiben werden, werden drei charakteristische Merkmale dieser Zeit hervorheben.
Das erste bezieht sich auf die physische Umwelt . Mit all dem Wissen, über das sie im Rückblick und aufgrund moderner Sensor- und Messtechnik verfügen, werden die Historiker feststellen, dass in den vergangenen vier bis fünf Jahrzehnten tief greifende Änderungen im biophysischen System der Erde stattgefunden haben. Verändert haben sich dann zum Beispiel die chemische Zusammensetzung der Erdatmosphäre und die Wettersysteme, die Vielfalt und die regenerative Kapazität der terrestrischen Systeme wie auch der Süßwasser- und Meeressysteme und die Quantität und Qualität des natürlichen Kapitals, sowohl des nicht erneuerbaren als auch des erneuerbaren. Diese Entwicklungen zusammengenommen, so werden die Historiker von 2052 feststellen, haben nicht nur die Kapazität des Planeten zur Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen reduziert – stärker als dies jemals zuvor seit der Ausbreitung des Homo sapiens von Afrika aus der Fall war –, sondern auch eine neue Ära einer durch zunehmende Erwärmung charakterisierten klimatischen Instabilität ausgelöst. Sie werden daraus den Schluss ziehen, dass die Fähigkeit der Arten zur Anpassung an die sich verändernde Umwelt immer mehr der bestimmende Faktor dafür sein wird, wie das Leben auf der Erde am Ende des 21. Jahrhunderts und danach aussehen könnte.
Das zweite Merkmal betrifft das wissenschaftliche und soziologische Umfeld . Wenn zukünftige Historiker die wissenschaftliche Literatur ab 2012 auswerten, wird sich zeigen, dass viele der oben genannten Trends bereits zu einem überraschend frühen Zeitpunkt gut belegt, verstanden und diskutiert worden waren. Dazu gehören beispielsweise der Rückgang der Bestände vieler Fischarten (oder sogar deren Verschwinden aus dem kommerziellen Fischfang), die Zunahme bei der atmosphärischen Konzentration von Treibhausgasen und anderen Schadstoffen, sowie Höchststand und anschließender Rückgang bei der Förderung wichtiger Rohstoffe wie etwa Öl. In vielen Fällen wird sich herausstellen, dass die tatsächliche
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