2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
verglichen mit dem globalen BIP klein wirken, sind sie erheblich höher, wenn sie als Prozentsatz des BIP des Landes, in dem sie sich ereignen, gemessen werden.
Ist meine Schätzung eines Anstiegs der globalen Investitionen von 24 auf 36 Prozent des BIP aber nicht doch übertrieben dramatisch? Ich glaube nicht. Meine Schätzung beläuft sich auf einen 50-prozentigen Anstieg bei der globalen Investitionsrate. Das ist genau das, was man bräuchte, sollte die durchschnittliche Nutzungsdauer der Infrastruktur, verkürzt durch mehr Extremwetter und soziale Unruhen, von 30 auf 20 Jahre fallen. Wenn die durchschnittliche Lebensdauer einer Straße oder eines Gebäudes von 30 auf 20 Jahre reduziert wird, steigt die für die Aufrechterhaltung gleichbleibender Qualität notwendige Investitionsrate um volle 50 Prozent (das heißt von eins zu 30 gleich 3,3 Prozent auf eins zu 20 gleich fünf Prozent pro Jahr). Wenn die üblichen Ersatzinvestitionen bisher 24 Prozent des BIP betrugen, dann würde die neue höhere Zerstörungsrate Ersatzinvestitionen auf 36 Prozent des BIP hochschrauben. Dies sind riesige Erhöhungen und schwer zu begreifen, bis man einmal darüber nachdenkt, was es kostet, Megacities und Verkehrsinfrastruktur auf sichereres Gelände zu verlagern. Man würde für neue Siedlungen, solidere Gebäude, bessere Klimaanlagen, höhere Dämme und überschwemmungssichere Fernstraßen zahlen müssen. Und wenn es gelingt, eine klimasichere grüne Oase in einer ansonsten von Hitzewellen und Überschwemmungen geplagten Welt zu schaffen, welche zusätzlichen Militärausgaben werden dann notwendig, um diese Oase zu schützen?
Mit einem Wort, viele zukünftige Entwicklungen werden ein Preisschild in der Größenordnung von einigen Prozent des globalen BIP tragen. Wird die Zukunft schlecht bewältigt, dann könnte die Summe auf lange Sicht leicht zehn Prozent überschreiten. Und das wird nach meiner Erwartung auch geschehen. Nicht weil es unvermeidlich wäre, sondern weil langsame Entscheidungsprozesse uns den schädlichen Wirkungen ausliefern, bevor wir die Früchte der zu spät getätigten Investitionen in neue Lösungen ernten können.
Der Staat wird sich stärker einmischen
Wenn wir also die Investitionsrate der Gesellschaft gegenüber ihrem üblichen Wert von 24 Prozent erhöhen müssen und zwar durch freiwillige zusätzliche Investitionen von sechs Prozent zur Vermeidung einer nicht-nachhaltigen Zukunft sowie durch erzwungene zusätzliche Investitionen von sechs Prozent zur Reparatur der Schäden aus Klimawandel und sozialen Unruhen – wo soll dann das Geld herkommen, vor allem wenn diese Zunahmen – wie das ja tatsächlich der Fall ist – auch Aufwendungen für höhere Betriebskosten, mehr Bildung, mehr Forschung und mehr Verteidigung beinhalten?
Die Gesellschaft versucht, solche Investitionssteigerungen vielleicht durch Reduktion konventioneller Investitionsprogramme zu finanzieren, um einen Konsumrückgang zu verhindern. Vielleicht ist die Gesellschaft auch in der glücklichen Lage, über erwerbslose Menschen und Ausrüstung zu verfügen, die man für die Aufgabe einsetzen kann, und kann daher Investitionen erhöhen, ohne den Konsum zu reduzieren. Dies war eines der Ziele der »grünen Konjunkturprogramme« nach dem Abschwung von 2008, die sich in der Größenordnung von einem Prozent des nationalen BIP bewegten. China zum Beispiel beschloss in seinem Fünfjahresplan von 2011 bis 2016, 0,3 Billionen KKP-Dollar in »grüne kohlenstoffarme Wirtschaft« zu stecken. Dies entsprach drei Prozent des chinesischen BIP.
Wenn aber die Investitionssteigerung zu dringend notwendig oder zu groß ist, wird keine der beiden Methoden ausreichen. Die Gesellschaft muss dann Menschen und Material aus der Produktion von Gütern und Dienstleistungen für den Konsum abziehen und in den Investitionsbereich verschieben. Dies kann durch höhere Steuern erreicht werden, wodurch die notwendigen Mittel gewonnen werden, um die zusätzliche Investitionstätigkeit in die Wege zu leiten und auch durchzuführen. Eben diese Steuererhöhung reduziert gleichzeitig die Nachfrage nach Konsumgütern und setzt Arbeitskräfte aus solchen Unternehmen frei, die vorher die Konsumgüter lieferten. Der Makroeffekt besteht einfach in der Erhöhung des Teils der gesamten Wirtschaft, der mit der Produktion von Investitionsgütern und investitionsnahen Dienstleistungen beschäftigt ist. Wichtig ist dabei, dass die Zahl der Arbeitsplätze davon nicht berührt wird,
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