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206 - Unterirdisch

206 - Unterirdisch

Titel: 206 - Unterirdisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
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zeigte: Die vier Tiere torkelten geradewegs in die Netze, mit denen die Männer am Dschungelrand bereit standen. Mit den Roulern schleiften sie die betrunkenen Woorms zu den Koppeln unten am Fluss.
    Spenza und drei andere Krieger wachten bei ihnen. Als das Gift nachließ, versuchten sie die Tiere zu füttern: mit Fischen, Fleisch, Schalentieren und verschiedenem Grünzeug. Es dauerte eine Weile, bis sie herausfanden, was den Woorms schmeckte: Flusskrebse, Snäkken und Ganeelen. Die Tiere waren ganz wild darauf.
    Außerdem mochten sie Saatgut aller Art. Allerdings schieden sie dieses halbverdaut wieder aus. Jedes Mal, wenn die Tiere unruhig wurden, fütterten die Männer sie. Am zweiten Tag zeigten sie so etwas wie Zutrauen zu ihren Wächtern. Sie ließen sich anfassen und genossen es, wenn man sie mit Wasser abspritzte. Am dritten Tag durchbrachen sie im Morgengrauen die Koppelzäune und wälzten sich über das Ufer zu den Sandbänken am Fluss. Dort gruben sie ihre gewaltigen Körper in den Sand und steckten nur zum Fressen die Köpfe heraus.
    Es war damals der erste Tag der beginnenden Regenperiode.
    Im Laufe der Monate begriffen die Enkaari, dass die Tiere während der Regenzeit und während der Nacht unter der Erde verweilen wollten. Und im Laufe eines Jahres begriffen sie noch vieles mehr: Die Maelwoorms zermalmten Erde und Steine. So entstand auch ihr Name.
    Bis zum heutigen Tage blieb es Spenza ein Rätsel, warum sie das taten. War es für ihre Kauwerkzeuge gut oder reinigten sie damit ihren Pansenmagen? Keiner kannte die Antwort.
    Als die halbjährliche Frakkenplage über das Land zog, wurden die Woorms närrisch: Sie bäumten ihre gigantischen Leiber in die Höhe, rissen die Mäuler auf und verschlangen die Frakken eimerweise.
    Es war purer Zufall, dass Spenza entdeckte, wie man die Maelwoorms reiten und lenken konnte: Während einige Männer eines Morgens am Fluss Wäsche wuschen und die Stoffballen auf einen Stein schlugen, streckten die Woorms ihre Köpfe aus dem Sand. Sie näherten sich den Männern im Rhythmus des Klopfens. Sobald diese aufhörten mit ihrem Schlagen, verharrten auch die Tiere in ihren Bewegungen.
    Reagierten sie also auf Erschütterungen?
    Zunächst war Spenza sich nicht sicher gewesen. Er besorgte sich einen kräftigen Knüppel und hämmerte auf den flachen Steinen im Athi. Schon bald bestätigte sich sein Verdacht.
    Nach kurzer Zeit gelang es ihm, einen der Maelwoorms entlang des Flusses zu bewegen, indem er mit einem Stab auf dessen Leib trommelte. Rhythmus und Anzahl der Stockschläge bestimmten Richtung und Tempo. Hielt sich der Woorm daran, hatte Spenza einen prächtigen Flusskrebs als Belohnung parat.
    Alles andere war fast ein Kinderspiel: Er gewöhnte die Tiere daran, einen Menschen zu tragen. Bastelte Steigbügel und Zügel aus weichem Leder. Irgendwann ersetzten seine Füße und der Zug an den Zügeln den Stock. Spenza war mächtig stolz auf sich und er liebte seine Arbeit mit den Maelwoorms.
    »Ich habe dich gezähmt, mein Kleiner« , flüsterte er und tätschelte den Rücken des Tieres.
    ***
    Erdstöße erschütterten die Urwaldriesen. Matthew Drax ließ den Kegel seiner kleinen Stablampe, die er in der Beintasche mit sich führte, über die Wasseroberfläche wandern. Da es sich staute, floss es langsam. Deutlich konnte man nach jedem Erdstoß eine Welle ans Ufer wandern sehen.
    Er richtete den Lichtkegel in die Kronen der Urwaldriesen.
    Das Geäst bebte, das Laub zitterte. Matt ließ den Lichtbalken den Stamm entlang nach unten gleiten. Rulfan stand im hüfthohen Gestrüpp. Vier dünne blutende Striemen zogen sich dicht nebeneinander verlaufend von seiner linken Schläfe über seine Wange bis zur linken Seite seines Halses. Er rührte sich nicht, zuckte auch nicht mit der Wimper, sondern verharrte mit zur Schulter geneigtem Kopf und lauschte. Chira neben ihm winselte. Ihr Rückenfell war gesträubt.
    Und wieder ein Erdstoß, doch schwächer diesmal. Der Mann aus der Vergangenheit richtete den Lichtkegel wieder auf seinen Ausgangspunkt – auf drei nur mit Lendenschurz bekleidete, schwarzhäutige Männer. Sie kauerten am wuchtigen Stamm einer uralten Akazie, hielten einander umschlungen und zitterten vor Angst. Ihre Lippen bewegten sich stumm. Vermutlich beteten sie oder beschworen irgendwelche Geister.
    Vor ihnen, im zertretenen Unterholz, hatte Matt schon vor dem ersten Erdstoß vier reglose Körper entdeckt. Drei waren halbnackt, schwarz und zierlich wie die drei unter

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