206 - Unterirdisch
Leben aus.
Die Wucht ihres Schlages ließ Carah zurücktaumeln. Einen Augenblick lang drehte sich die Höhle vor ihren Augen. Dann kehrte die Klarheit zurück. Die Höhle war tatsächlich vom Licht umherliegender Fackeln erhellt. Sie offenbarten ein gespenstisches Szenario: In der Höhlenmitte waren zwei der Woorms dabei, die Leiber einiger Enkaari zu zerfetzen. Ein anderer jagte mehrere Novizinnen durch das Gewölbe.
Rechts von sich entdeckte Carah die Priesterin. Arah presste ihren Körper an eine Felsenwand. An ihrem rechten Arm fehlte die Hand. Blut regnete aus dem Stumpf. Vor ihr bäumte sich der gewaltige Vorderleib eines Maelwoorms auf.
Ohne nachzudenken sprang Carah zu dem Kadaver vor der Nische. Sie riss die Hacke aus seinem Kopf und stürmte zu Arah. Erschrocken registrierte sie, wie sich der aufgebäumte Leib des Woorms auf die Priesterin herabsenkte.
»Nein!«, schrie Carah. »Nein!«
Aber zu spät! Der Maelwoorm hatte Arah bereits unter sich begraben. Von den Schreien der Stadtführerin aufgeschreckt, reckte er ihr seinen mächtigen Schädel entgegen. Carah rannte weiter auf ihn zu. Glühender Zorn erfüllte ihr Denken. Wie Lava pulsierte das Blut in ihren Adern. Mit übermenschlicher Kraft rammte sie ihre Hacke in die Flanke des Tieres. Der Woorm wälzte sich zur Seite.
Carah klammerte sich an dem hölzernen Stiel der Hacke fest, die tief in die Lederhaut eingedrungen war. So gelangte sie auf den Leib des sich windenden Woorms. Sie riss ihren Dolch aus dem Gürtel. Brüllend stieß sie ihn in den Nacken der Bestie, wieder und wieder. Selbst als das Tier schon längst seinen letzten Seufzer getan hatte, stieß sie noch zu.
Erst die leise Stimme der Priesterin riss sie aus der Raserei.
Arah lebte noch! Keuchend rutschte Carah von dem Rücken des Maelwoorms. Ihre Hände troffen vom Blut des Tieres. Sie wankte zu dem zerschmetterten Körper unterhalb der Höhlenwand. »Arah! Ich werde dich hier rausholen!«
Die Stadtführerin kniete neben der Sterbenden nieder.
Zärtlich strich sie die grauen Haarsträhnen aus Arahs Gesicht.
»Ich hätte auf dich hören sollen. Der Fluch der Göttin ist über uns gekommen!«
»Nein!«, keuchte Arah. »Nein! Es ist nicht der Fluch Athikayas. Es ist dieser Pilz!« Ihr Blick wanderte über die Decke des Gewölbes. Carah folgte ihm. Nachdenklich betrachtete sie die Fäden und merkwürdigen Gebilde an den dunklen Felswänden.
»Er wird uns alle töten! Und nicht nur uns!« Arah röchelte.
Blut quoll aus ihren Mundwinkeln. »Er hat seine tödlichen Fäden über ganz Afra ausgebreitet. Du musst die Menschen vor ihm warnen, Carah. Ihr müsst ihn bekämpfen! Hörst du, Carah?!« Mit der linken Hand griff die Priesterin in Carahs Haar. Sie zog deren Kopf zu sich herunter. »Sie füttern sie«, flüsterte sie heiser. »Die Woorms füttern sie!« Ihre Stimme erstarb. Ihre Hand sackte zu Boden und der Glanz ihrer grauen Augen erlosch.
Carah hatte weder Zeit, Arah die Augen zu schließen, noch über ihre letzte Worte nachzudenken. In ihrem Rücken hatten sich die Maelwoorms formiert. Schnaufend bliesen sie ihren Atem durch das Gewölbe. Carah richtete sich auf und wandte sich ihren Angreifern zu. Sie waren zu dritt.
Sie floh zurück in die Felsnische. Hinter sich hörte sie Knochen splittern und schlürfende Geräusche. Als sie in die Felsnische kroch, blickte sie zurück: Einer der Woorms hatte Arahs Schädel zerbrochen. Ein Schlund hatte sich im Pilzboden geöffnet, eine dampfende Masse versank darin…
***
Rulfan hob den Säbel, Barah stemmte ihren Wurfspeer über die Schulter, Matt riss den Laserblaster hoch. An ihm vorbei schob sich Meter um Meter ein grauweißer Mammutwurm. »Nicht schießen!«, krächzte Rulfan plötzlich. »Ein Mann liegt auf seinem Rücken!«
Schon im nächsten Moment erschienen der schwarze Mann und der Sattel, in dem er hing, in Matts Blickfeld. Matt Drax ließ seine Waffe sinken.
»Spenza!«, schrie Barah erleichtert. »Mein Spenza!« Sie rammte den Speer in den Boden und rannte dem Wurm entgegen. »Stopp!«, schrie sie. »Bleib stehen, Woorm!«
Tatsächlich hielt der Wurm an, Matt traute seinen Augen nicht.
»Hilf mir, Maddrax!« Barah winkte den Mann aus der Vergangenheit zu sich. Matt und die junge Frau hievten den offensichtlich bewusstlosen Wurmreiter vom Rücken des Monstrums und legten ihn im Gras ab. Barah kniete neben Spenza nieder und untersuchte ihn. Auch die anderen Enkaari trauten sich nun wieder aus ihrer Deckung in die
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