206 - Unterirdisch
Nähe des Stolleneingangs, denn statt des erwarteten wilden Woorms war Spenzas dressiertes Tier aus dem Bergwerk gekrochen.
Matt Drax schritt um das Riesentier herum und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ein Wurm! Ein gut sieben Meter langer und anderthalb Meter hoher Wurm, und dazu noch dressiert! Konnte das wirklich sein?
»Willkommen unter den Lebenden!« Auf seinen Säbel gestützt, ließ sich Rulfan neben Barah bei dem Woormreiter namens Spenza nieder. »Du sollst mir ein gutes Omen sein!«
Er griff zu seinem Lederschlauch und setzte ihn dem schwarzen Mann an die Lippen. »Trink, mein Freund, trink!«
Rulfan sprach wie im Fieber. Doch der Mann, den sie aus dem Wurmsattel gezogen hatten, trank wahrhaftig, und jetzt erst fiel es Matt auf, dass er aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht war. Er ging zwischen Rulfan und Barah in die Hocke.
Der Woormreiter Spenza trank von dem Sud, den Barah für Rulfan gebraut hatte. Die junge Frau ließ es zu und sprach beruhigend auf ihn ein, während der junge Bursche mit großen Augen die unbekannten weißen Männer fixierte. Dicht an sein Ohr gebeugt, berichtet ihm Barah, wer die Fremden waren und warum sie sich hier aufhielten.
»Mein Woorm hat mich gerettet.« Nach ein paar Minuten war Spenza wieder so weit zu Kräften gekommen, dass er sich aufsetzen konnte. Mit geradezu zärtlicher Dankbarkeit betrachtete er den Mammutwurm. »Wir sind dort unten auf ein ausgedehntes System von Stollen und Schächten gestoßen«, berichtete er. »Die Gänge sind so hoch, dass ich auf meinem Woorm durch sie reiten konnte. Die Wände dort unten beben und zittern, sie sind wie mit Haut und Fleisch ausgekleidet. Sie bildeten Fäden und Tentakel aus, um mich festzuhalten… Es ist ein riesiger Pilz!« Seine Miene nahm einen entsetzten Ausdruck an. »Wer mag sagen, wie weit er sich unter der Erde ausdehnt? Ich träumte plötzlich, und im Traum habe ich gesehen, wie er Millionen von Toten fraß! Mein Woorm hat mich losgerissen und mich nach oben getragen. Er hat mich gerettet…!«
»Wo sind die anderen?« Barah legte ihre Hände auf seine Wangen und drehte sein Gesicht zu sich. »Wo sind Arah und ihre Helfer? Und hast du Carah gesehen?«
»Sie sind alle dort unten. Ich habe Arah rufen hören. Sie sind alle dort unten – ich habe gesehen, wie Pilzfäden und Tentakel sich nach ihren Körpern ausstreckten.« Er verbarg sein Gesicht in den Händen und schluchzte. »Der Pilz wird das Leben aus ihnen saugen! Die wilden Woorms werden sie fressen und verdauen! Der Pilz hat das gesamte Stollensystem erobert! Er ist überall! Sie sind verloren. Man kann unmöglich zu ihnen vordringen…«
»Du musst ihnen helfen!« Barah packte Matt bei den Schultern. »Nur du kannst ihnen helfen!«
Matt wusste nicht, woher sie diese Gewissheit bezog, doch vermutlich hatte sie Recht. Messer und Speere würden gegen den Pilz nichts ausrichten – wohl aber sein Laserblaster.
»Kümmere dich um meinen Freund.« Er stand auf und ging zum Rouler. Dort steckte er seine Stablampe in die Beintasche und kramte einen Helm und ein paar Handschuhe unter dem Beifahrersitz hervor.
Wenn er richtig verstanden hatte, bildete der Pilz Fäden und Tentakel aus, die in die Haut eindrangen und seine Opfer betäubten. Der Anzug aus der Produktion der Marskolonie hatte ihn im Kampf mit Daa’tan vor spitzen Dornen bewahrt.
Also würde er ihn auch vor Pilzfäden schützen.
Matt schloss Jacke und Kragen, setzte den Helm – einen uralten Motorradhelm mit zerkratztem Visier – auf seinen Blondschopf, zog die Handschuhe über, um auch die letzte ungeschützte Hautfläche zu bedecken, packte seinen Laserblaster, so gut es ging, und schritt in den Stollen, ohne sich noch einmal nach den anderen umzuschauen.
***
Matt zweifelte nicht an seinem Entschluss, auch nicht, als er den ersten hellgrauen Ausläufer des Pilzgewebes an der Stollenwand entdeckte. Hatte er einmal eine Entscheidung für einen Weg getroffen, ging er ihn auch bis zum Ende.
So war er nun einmal: Matthew Drax, ehemaliger Commander der US Air Force, geboren in Riverside, Kalifornien, in einen Zeitstrahl gestürzt am 8. Februar des Jahres 2012 und in einer postapokalyptischen Erde des Jahres 2516 wieder aufgetaucht.
Auch diesen Weg in den Stollen – in den verdammten Pilz!
– würde er bis zum Ende gehen.
Er ließ den Lichtkegel seiner Lampe über den Pilzbelag an der rechten Stollenwand gleiten. Nach knapp zweihundert Metern bedeckte die graue organische Schicht
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