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206 - Unterirdisch

206 - Unterirdisch

Titel: 206 - Unterirdisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
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eine der Novizinnen zwischen den Beißzangen des Maelwoorms sah. Er wandte sich ab.
    Spenzas Körper kippte nach vorne. Sein Kopf sank auf den Rücken des fliehenden Woorms. Das Geschrei der anderen Enkaari wurde leiser. Und das dunkle Trompeten der wilden Woorms drang nur dumpf an sein Ohr. Die vorüber ziehenden Steinwände verschwammen vor Spenzas Augen. Er versank in eine erlösende Dunkelheit.
    ***
    Am späten Vormittag brannte die Sonne gnadenlos aus einem wolkenfreien Himmel. Ohne den Schutz des Dschungeldaches waren ihre Strahlen kaum zu ertragen. Jedenfalls für Matt nicht, und schon gar nicht für Rulfan: Dessen Haut war nicht mehr weiß, sondern lachsfarben. Er hatte hohes Fieber. Der Mann aus der Vergangenheit begann sich ernsthafte Sorgen um seinen Blutsbruder zu machen.
    Am Mittag stoppte Matt Drax den Rouler – Rulfan konnte sich kaum noch aufrecht halten. Barah gab ihm ihre Medizin und ließ ihn reichlich trinken. Er streckte sich auf der Rückbank aus, so gut es ging. Barah bedeckte ihn mit feuchten Tüchern, und Matt spannte Decken links und rechts an den Seiten des Roulers, um die seitliche Sonneneinstrahlung abzuhalten. Von oben schützte das Wellblechdach leidlich vor dem brennenden Licht.
    Chira streckte sich im Fußraum vor der Rückbank aus.
    Barah übernahm das Steuer der Dampfraupe. So setzten sie die Fahrt fort. Die junge Jägerin lenkte den Rouler, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Alle zwei Stunden hielten sie, um Rulfans Fieberwickeltücher anzufeuchten und ihm die Medizin zu verabreichen. Er blieb bei Bewusstsein, redete aber kaum ein Wort und wirkte sehr schläfrig.
    Sie fuhren ins Hochland hinein, überquerten zwei Flüsse an seichten Stellen, weil das Erdbeben sämtliche Brücken zerstört hatte, und erreichten am frühen Abend die erste Ausläufer eines dichten Waldes, der sich rasch als Ruinenwald entpuppte.
    Ohne dass der Mann aus der Vergangenheit es gleich bemerkte, hatten sie Nyaroby erreicht.
    Überall entdeckte Matthew Drax Mauerreste, Hausfundamente, Stahlskelette und hundertfach ausgebesserte Ruinen. Alles war von Pflanzenteppichen bedeckt, von Rankengewächsen umschlungen, von Büschen und Bäumen eingerahmt. Abgesehen von der Andersartigkeit der triumphierenden Flora gab es keinen nennenswerten Unterschied zu den von der Natur zurückeroberten Ruinenstädten in Euree.
    Je tiefer sie in die uralte Stadt eindrangen, desto weniger wild wucherten Wald und Gestrüpp und desto bewohnbarer sahen die Ruinen aus. Schließlich näherten sie sich dem Gebiet, in dem die Enkaari siedelten.
    Kinder, die auf der Straße spielten, sprangen auf und liefen herbei, als sie das schnaufende und stampfende Vehikel durch Gras und Schutt pflügen sahen. Auch Greise, die auf Bruchsteinen saßen, oder Frauen, die in den Ruinen arbeiteten, unterbrachen ihre Gespräche und ihre Arbeit und blickten dem Rouler neugierig entgegen.
    Matt hielt an und ließ Barah aussteigen. Als die Leute eine ihrer Anführerinnen erkannten, strömten sie in Scharen heran und umringten sie. Lautstarkes Palaver erhob sich, die schwarzen Menschen redeten erregt auf Barah ein. Viele gestikulierten wild, andere weinten haltlos. Matt gewann rasch den Eindruck, dass sich ein Unglück ereignet hatte und die Leute noch unter Schock standen. Nun schienen sie der Heimkehrerin die Ereignisse in den schillerndsten Farben zu erzählen.
    Er wandte sich zu seinem Gefährten um. »Wie geht’s dir?«
    »Richtig gut«, krächzte Rulfan und versuchte zu grinsen.
    »Ich hab Durst.«
    Matt gab ihm zu trinken und verabreichte ihm Barahs Medizin. Er hoffte inständig, dass das Zeug wirklich half, denn der Albino war in einem jämmerlichen Zustand. Die Wunden in seinem Gesicht und auf seinen Händen eiterten.
    »Du siehst aus wie ein gar gekochter Flusskrebs.« Matt Drax erneuerte die Wundauflagen. »Ich mach mir Sorgen.«
    »Irgendwann kommt der Tag«, flüsterte Rulfan.
    »Irgendwann wird Wudan rufen, und ich werde an seine Tafel gehen. Und dann werden keine Sorgen mehr helfen.« Wieder verzerrte er seine schweißnasse, rosefarbene Miene zu einem Lächeln. »Aber noch ist es nicht so weit, verstanden?«
    Matt Drax wischte ihm den Schweiß aus dem Gesicht und antwortete nicht. Er sah ihm nur in die feuchten roten Augen.
    Der Blick des fiebernden Gefährten verriet ihm, dass er ernst meinte, was er da sagte.
    Umringt von einer Schar ihrer Leute kam Barah zurück zum Rouler. »Wir müssen uns beeilen!« Ihre Stimme klang

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