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2061 - Wächter des Portals

Titel: 2061 - Wächter des Portals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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ihr, wo die Strahler angebracht waren, doch sie ignorierte sie. „Es mag beginnen!" sagte Ausbilderin Veleynet, und Leikenes Umgebung veränderte sich abrupt. Statt auf einer der zahllosen Etagen des Catterstocks, zwischen den künstlichen, ineinander verwobenen Zapfen aus dem so vertrauten Material, das dem natürlichen Felsgestein ihrer ursprünglichen Heimat nachempfunden war, befand sie sich plötzlich im Tunnel eines Portals.
    Leikene wusste, dass sie der Simulationstank umgab, sie sich nach wie vor im Catterstock aufhielt, nicht wirklich in ein Portal versetzt worden war.
    Aber der abrupte Ortswechsel verwirrte sie trotzdem kurzzeitig. Nicht wirklich in einem Portal- der Gedanke war bitter wie der Myzzelgeruch, den der Männliche angeblich ausströmte. Aber bald würde es soweit sein. Bald würde ihr Leben zumindest eine der beiden ersehnten Erfüllungen finden. „In diesem Portal", erklang Veleynets Stimme in ihrem Kopf, „hat es unverhofft technische Probleme gegeben."
    Leikene scattete angestrengt, doch die Illusion war perfekt. Ihr Intellekt warnte sie aber. Auch wenn die neue Umgebung für sie absolut real war, das Gremium aus Artgenossinnen, das ihre Befähigung als Dem'Re'Ntana einzuschätzen hatte, war nur wenige Körperlängen von ihr entfernt und verfolgte mit allen Sinnen jede ihrer Bewegungen und Handlungen. Dem'Re'Ntana - das war der Sinn des Lebens einer jeden Tayrobo. Die Erfüllung ihrer Existenz. Neben der Hoffnung, Mutter zu werden. Aber diese Aussicht war bei fünfhunderttausend Weiblichen denkbar gering. Sie stand bei eins zu fünfhunderttausend. Immerhin, bald würde sie sich Dem'Re'Ntana nennen dürfen, Rangeurin im Ersten Rang. Erst nach der erfolgreich absolvierten Prüfung würden ihre Artgenossinnen sie als vollwertiges Mitglied ihrer Gesellschaft akzeptieren. „Es ist deine Aufgabe, den technischen Fehler im Aufbau des Portals aufzuspüren und zu beheben", erklang abermals Veleynets Stimme. Und dann, eine kleine Randbemerkung, aber voller Zuversicht: „Viel Glück." Leikene empfand Freude. Sie brachte Veleynet nichts als Hochachtung entgegen.
    Die ältere Tayrobo war nicht nur eine hervorragende Ausbilderin, die es verstand, ihren Schutzbefohlenen den Lehrstoff so zu vermitteln, dass sie ihn auch mühelos verinnerlichen konnten, sie war auch Mutter. Die Tayrobo waren sehr langlebig, und Nachwuchs wurde nur selten geboren. Schon kurz nach Beginn ihrer Ausbildung hatte Leikene sich nach dem Vater von Veleynets Kind erkundigt, der auch ihr Vater war. Doch die Ältere hatte nicht einmal ausweichend, sondern völlig ehrlich geantwortet: Daran erinnere ich mich nicht. Der Hormonausstoß des Männlichen war so groß, dass er den meinen ebenfalls in schier unerträgliche Höhen getrieben hat. Ich weiß nicht, wie der Männliche aussah, ich weiß nicht, warum der Männliche mich auserwählt hat, ich weiß nur, dass er mir ein Glück des Augenblicks beschert hat, an das ich mich als letztes erinnern werde, wenn ich altersschwach und wie zu einem Kind zurückentwickelt allein auf dem Sterbebett liegen werde. Dieser Augenblick war so unbeschreiblich, dass Worte ihn keinesfalls wiedergeben können.
    Leikene versuchte sich zusammenzureißen, doch wie bei allen Tayrobo war der Gedanke an den Männlichen übermächtig. Ich bin nun mal eine junge Weibliche, dachte sie. Das gesamte Volk im Catterstock bestand aus Weiblichen. Unter den Tayrobo konnte es immer nur einen Männlichen geben, aber Leikene hatte ihn nie gesehen, wusste eigentlich nicht einmal genau, ob er überhaupt existierte oder nur eine Legende war. Aber nein, natürlich gab es ihn. Denn eines war klar - auch wenn niemand den Männlichen und seinen Aufenthaltsort im Catterstock kannte, es musste ihn geben. Er musste noch immer irgendwo leben. Ansonsten würde eine der Weiblichen aufgrund der dann nicht mehr ausgewogenen hormonellen Gesamtlage des Volkes ihr Geschlecht wechseln und zu dem neuen Männlichen werden.
    In ihrer Freizeit kreisten all ihre Gedanken um diesen einen Tayrobo. Er musste ihr Vater sein, wie er der Vater fast aller Tayrobo war. Jede Tayrobo im Catterstock war ihre Halbschwester, abgesehen von den ganz alten, die vielleicht noch die Zeit erlebt hatten, als ein anderer der Männliche gewesen war. Und wie er auch der Vater ihrer Tochter sein würde, falls er sie jemals begatten sollte. Mit Veleynet war es wie mit allen Weiblichen, mit denen sie gesprochen hatte. Keine kannte den Männlichen. Und die, die sich

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