2066 - Der Thronfolger
Mordanschlag auf den Imperator! Was willst du mehr?"
Ihre Worte waren an Zynismus nicht zu überbieten, doch sie rüttelten Marchany da Camqoa auf. Sie stellte sich der Situation, lenkte die Kameras auf die rauchenden Trümmer des Gleiters und entdeckte dabei die sterblichen Überreste Bostichs I. Marchany sprach ihren Kommentar, und dabei wurde ihre Stimme von Wort zu Wort ruhiger und klarer. Nicht weit vom Kopf des Imperators entfernt lag ein Teil seines Körpers, den sie in jener Nacht gesehen, das die Öffentlichkeit jedoch nie zu Gesicht bekommen hatte. Er war mit einer auffälligen Hautverfärbung versehen, anhand deren sie das Körperteil mühelos identifizierte.
Der Getötete war ohne Frage Bostich I. und niemand anders. Seltsamerweise musste sie daran denken, dass sie mit dem Imperator geschlafen hatte und dass das Geheimnis dieser Liebesnacht nun auf ewig gewahrt werden würde. Niemand würde erfahren, was geschehen war. Bostich konnte es nicht mehr erzählen, und sie würde schweigen und die Erinnerung für sich allein bewahren. Ächzend kroch Yinkall unter den Trümmern eines abgestürzten und umgekippten Gleiters hervor. Sein Gesicht war schwarz von Staub und Ruß. Seine Hände zitterten.
Er wollte sich aufrichten, schaffte es jedoch nicht, blieb auf den Knien hocken und griff sich mit der linken Hand an den Kopf. Die rechte konnte er nicht bewegen. Ein Schuss hatte seinen Arm getroffen und im unteren Bereich stark verbrannt. In seiner Angst und Verzweiflung schien er nicht zu wissen, was er tun sollte. Marchany sah ihn, unterbrach ihre Arbeit und kniete vor ihm nieder. Sie legte ihm die Hände an die Wangen und blickte ihm in die Augen. „Es tut mir so leid", sagte sie. „Ich würde dir gerne helfen, aber ich muss meine Arbeit tun. Sie ist überaus wichtig."
Um ihn zu trösten und ihre Sympathie zu beweisen, küsste sie ihn lange und zärtlich auf den Mund. Dabei dachte sie zwar nicht an ihn, sondern an Bostich, richtete ihn jedoch damit auf. Bedauernd wandte sich die Journalistin danach von ihm ab und ließ die Kameras ausschwärmen, um Hunderte von Details aufzunehmen. Als sie Sargor da Progeron in. einer Gruppe von Geheimdienstagenten ausmachte, kletterte sie über Trümmer und Leichen hinweg und eilte zu ihm. Marchany wollte ihm Fragen stellen, doch er wies sie energisch zurück. Ihr fiel auf, dass er sich nicht mehr schwerfällig und tapsig bewegte wie gewöhnlich, sondern außerordentlich geschmeidig erschien. „Wir brauchen Interviews!" rief 01tra Rimeiyke ihr über Funk zu. Wiederum klang die Stimme der Regisseurin in ihren Ohren auf. „Nun mach schon! Du findest bestimmt jemanden, der den Mund aufmacht." Yinkall! Marchany eilte zu dem Regierungsbeamten zurück, der sich mittlerweile aufgerichtet hatte und nun wie betäubt an den Trümmern des Gleiters lehnte. Sie richtete die Kameras auf ihn. Es fiel ihr nicht leicht, sich zu bewegen. Die Schulter, an der sie von einem Trümmerstück getroffen worden war, schmerzte. Sie machte sich keine Sorgen wegen der Verletzung.
Medizinische Roboter würden bald zur Stelle sein und sich um sie kümmern, so dass alle Beschwerden bald vergessen waren. „Das ... das werden sie uns büßen", stammelte er. „Dafür werden sie bezahlen."
„Wer?" fragte sie. „Wen meinst du?"„Die Terraner", antwortete Yinkall, wobei er sich mit der linken Hand über das Gesicht fuhr und unbeabsichtigt den Schmutz noch mehr verschmierte. „Es waren terranische TARA-V-UH-Kampfroboter. Sie haben sie gut getarnt, aber sie können nicht verbergen, dass es TARA-V-UHs sind." Verstört blickte er sich um.
Dann wies Yinkall sie darauf hin, dass keiner der Kampfroboter die Schlacht heil überstanden hatte. Keiner von ihnen war entkommen. Alle waren von den arkonidischen Einheiten vernichtet worden. „Zu spät", klagte er, während ein Medo-Roboter damit begann, seinen verletzten Arm zu versorgen. „Diese verfluchten terranischen Bekkar waren zu schnell. Sie haben den Imperator getötet, bevor wir zurückschlagen konnten. Das werde ich ihnen nie verzeihen. Niemals!" Der pure Hass schlug ihr aus seinen Augen entgegen. Der Tod des Imperators hatte ihn tief getroffen. In diesem Moment erkannte Marchany, dass Yinkall Bostich I. auf seine Art ebenso verehrt hatte wie sie auf ihre.
5.
Marchany fühlte sich, als habe man sie stundenlang gefoltert. Buchstäblich jeder Muskel ihres Körpers tat ihr weh, und ihr Kopf schmerzte, bis Mercarit ihr schließlich ein Medikament
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