2067 - Angriffsziel Terra
List wäre einer Superintelligenz würdig gewesen. Hatte er nicht unterbewusst ständig damit gerechnet, von SEELENQUELL überrascht zu werden? Jedes Aufblitzen im großen Hologramm stand für ein vernichtetes terranisches Raumschiff, und die Verteidiger schafften es nicht, den unsichtbar bleibenden Gegner zu lokalisieren. Wie ein Flächenbrand weitete sich die Front aus. Das in Saturnnähe stationierte Blockadegeschwader geriet in Bedrängnis. Die eingeblendete Zeitanzeige hatte den Angriff auf die beiden VESTA-Raumer als Bezugspunkt.
Plus eineinhalb Minuten ... Die unsichtbaren Angreifer waren endlich identifiziert: Fragmentraumer der Posbis hatten die äußere Verteidigungslinie um den Saturn durchbrochen. Im Schutz ihrer Relativschirme um Sekundenbruchteile in die Zukunft entrückt, waren sie zu schwer fassbaren Phantomen geworden. Zumal die Verteidiger weiterhin nicht begreifen wollten, dass ihre Freunde urplötzlich zu erbitterten Gegnern geworden waren. Perry Rhodan fühlte eine unendliche Leere. Die vierzigtausend Fragmentraumer, die wie Wölfe in eine Schafherde eingefallen waren, konnten alle Hoffnungen zunichte machen.
Zehneinhalb Minuten ... Der erste WÄCHTER im Bereich Saturn scherte angeschlagen aus dem Verband mit den anderen Schiffen aus. Die Schlacht wurde mit aller Härte geführt, aber selbst einige hundert Haluterschiffe, die soeben eingriffen, konnten die Schwächung der Aagenfelt-Barriere nicht mehr verhindern. Vier weitere Blockadegeschwader wurden von den Posbis bedrängt. Im nachhinein zeigte sich, dass ein Viertel aller Fragmentraumer strategisch exponierte Positionen im Sonnensystem angeflogen hatte. Die Vermutung, dass die Fernortungen der Imperiumsflotte die Standorte einiger WÄCHTER ermittelt hatten, lag auf der Hand. Wenn Arkoniden und Posbis unter SEELENQUELLS Führung gemeinsam angriffen, wurden alle strategischen Planungen zu Makulatur.
Einundzwanzig Minuten ... Zwischen Mars und Uranus brannte das Sonnensystem. Eine andere Umschreibung dafür hatte Perry Rhodan nicht. Die Posbis liefen Amok, sie nahmen auf ihre eigene Existenz wenig Rücksicht. KorraVir vermochte sie ebensowenig zu stoppen wie die Überlegenheit der Heimatflotte, die von NATHANS weiterhin vorhandener syntronischer Schnelligkeit profitierte. Die von den ertrusischen Emotionauten gesteuerten ENTDEKKER schlugen Racheengeln gleich blitzschnell zu und brachten den Posbis schwere Verluste bei - das Blatt wenden konnten sie indes nicht.
Im Funkäther herrschte ein wirres Durcheinander. Die Zahl der Notrufe, von automatischen Sendern abgestrahlt, aber auch von Schiffbrüchigen, die in ihren Schutzanzügen inmitten von Wracks trieben, schwoll unaufhaltsam an. Fünfunddreißig Minuten ... Die Blockadegeschwader vier und sechs existierten nicht mehr. Ihr Ausfall ließ die Aagenfelt-Barriere endgültig zusammenbrechen. Schon unmittelbar zuvor hatten einzelne Imperiumsraumer den MetagravÜberlichtflug unbeschadet innerhalb des Sol systems beendet. Auch der Opfergang vieler Haluter hatte den Ausfall der Barriere nicht verhindern können. In Kamikaze-Manier hatten sich die vierarmigen Riesen von Halut mit ihren Kugelraumern auf die Posbi-Schiffe gestürzt und damit Erinnerungen an das fünfzigtausend Jahre alte Erbe ihrer Ahnen geweckt.
Vierzig Minuten ... Für Terra begann der Kampf ums nackte Überleben. In zwei Angriffswellen fielen die imperialen Schlachtschiffe aus dem Hyperraum, eine dritte Welle stand zweifellos bevor. Wer gehofft hatte, diesen Krieg mit dem Rücken zur Wand führen zu können, musste erkennen, dass die Heimatflotte zwischen Posbis und Arkoniden aufgerieben wurde. Erschreckend war vor allem, wie schnell sich das Unglaubliche vollzog.
Perry Rhodan hatte es aufgegeben, die Zeitanzeige anzustarren. Der Untergang des Sonnensystems geschah entsetzlich konsequent. Es war ein Sterben auf Raten, das nichts und niemand mehr aufhalten konnte.
Nereid, der Neptun-Mond mit der schwankenden Umlaufbahn, wurde zu einer neuen, fahlen Sonne. Eine Arkonbombe hatte den unlöschbaren Atombrand gezündet. Triton hingegen würde in Kürze auf seine Mutterwelt stürzen. Auch zwei Uranus-Monde, Umbriel und Titania, zeigten Bahnabweichungen. Ursache waren ebenfalls die durch Transformsalven ausgelösten Stoßfronten.
Die permanent eintreffenden Verlustmeldungen zu überblicken war unmöglich geworden. Es gab keine Blockadegeschwader mehr; und die wenigen Schiffe der WÄCHTER-Klasse, die der Vernichtung entkommen waren,
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