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2069 - Die Ritter von Dommrath

Titel: 2069 - Die Ritter von Dommrath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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benutzen. „Fünfhundert Jahre hat der Temporalgenerator uns verschafft", murmelte Ayre. „Fünfhundert Jahre in der Relativzeit", korrigierte Zyn. „Niemand kann genau sagen, wieviel Zeit außerhalb der Blase in Kohagen-Pasmereix vergangen ist."
    „Was für eine Rolle spielt das für uns?" Sie klang bitter. „Was ändert es?" Fünfhundert Jahre... für die Kimbaner ein Federstrich. Kein einziger aus ihren Reihen war gestorben, obgleich während dieser Zeitspanne zehn Generationen der Caranesen geboren worden und wieder vergangen waren.
    Zehn Generationen von Lebewesen, die ihre Vergangenheit vergaßen. Die wahrscheinlich nicht einmal mehr wussten, dass es in Kohagen-Pasmereix eine Große Schlacht gegeben hatte. Die nichts um ihre Ahnen gaben. Doch auch für die Caranesen waren sie verantwortlich. Auch ihnen galt das verzweifelte Bemühen um Rettung. Sie verließen den hohen, schlanken Wohnturm, der sich mit seinen zahlreichen Garten- und Brunnenebenen harmonisch in die Landschaft einfügte. Die Luft roch süß und würzig zugleich. Die Blumen der Felder, die Nadelhölzer der Wälder, aber auch die salzige Brise des nahen Meeres - das alles vermischte sich zu einem ganz eigentümlichen Aroma. Einem Duft, den Zyn in den letzten Jahrhunderten eigentlich gar nicht mehr wahrgenommen, den er einfach als gegeben hingenommen hatte.
    Bis zu dem Tag, an dem er erfuhr, dass er ihn nur noch kurze Zeit würde riechen können. Und danach nie wieder. Weiche Halme bogen sich unter seinen nackten Füßen, kitzelten die Haut.
    Auch auf dieses natürliche Polster hatte er nie zuvor geachtet. Er würde es vermissen. Spätestens dann, wenn er Schuhe tragen musste, weil seine Fußsohlen durch den unablässigen Kontakt mit Gestein und Kunststoff sonst blutig und wund werden würden. Die beiden Kimbaner gingen schweigend zu dem Schott des Schachtes. Er blieb stehen, wollte sich noch einmal umdrehen, noch einmal Kimb sehen, seinen Planeten, seine Heimat, doch er brachte die Kraft dafür nicht auf. Stattdessen umarmte er Ayre. Sie löste sich jedoch fast sofort aus seinem Griff und trat in die Fahrstuhlkabine.
    Ich habe dich verloren, Ayre, dachte er und folgte ihr. Das Schott schloss sich hinter ihnen, mit einem Rumpeln und Grollen, wie man es auf Kimb von einem mechanischen Gerät seit Jahrhunderttausenden nicht mehr gehört hatte. Doch für ästhetische Belange durften die Kimbaner sich nicht mehr interessieren. Jetzt ging es um ihr nacktes Überleben.
    Die Fahrt mit der Kabine schien ewig zu währen. Der Eindruck war nicht ganz falsch. Es ging in der Tat tief hinab unter die Oberfläche. Tief hinab in die Fabriken und Werften, die sie seit Urzeiten schon unterirdisch angelegt hatten. Und noch tiefer, in die Kavernen darunter, die sie ausgehöhlt oder, so sie natürlichen Ursprungs waren, vergrößert hatten. Endlich kam die Kabine zum Stehen. Die Tür öffnete sich, und Zyn ging sofort zum Temporalgenerator. Das gewaltige Gerät schien die Decke der Kaverne zu berühren. Sie hatten einen senkrechten Schacht graben - und später wieder mit Gestein füllen - müssen, um es in diesen Hohlraum verfrachten zu können, getrieben von einer wahnwitzigen Hoffnung, die sich niemals erfüllen würde. „Es war zu einfach", murmelte Zyn. „Das habe ich damals gedacht. Wir haben mit allen möglichen Schwierigkeiten gerechnet, doch wir sind einfach so in das Lager der Chhatt marschiert und haben sofort gefunden, was wir suchten. Es war zu einfach!"
    „Und jetzt müssen wir dafür bezahlen", sagte Ayre. Zyn nickte, sah auf den Energieanzeiger des Geräts. Die besten Wissenschaftler der Kimbaner hatten versucht, die Anzeige zu deuten. Und waren übereinstimmend zu einem Schluss gekommen. Es war lächerlich. Es war wie eine Ironie des Schicksals. Aber dem Temporalgenerator ging die Energie aus...
    Seit fünfzig Jahren arbeiteten sie an dem Problem, doch eine Lösung hatten sie nicht gefunden. Es war den Kimbanern nicht möglich, dem Generator von außen Energie zuzuführen. Zu fortgeschritten war die Technik der Chhatt, als dass sie ohne deren Hilfe dieses Artefakt manipulieren oder gar reparieren könnten. Und das Erlöschen der Energiezelle stand unmittelbar bevor. Zyn verspürte unendliches Bedauern. Mit einiger Sicherheit würden die Generatoren zeitgleich auch in allen anderen der einhundert Sonnensysteme ausfallen, denen sie die Generatoren zur Verfügung gestellt hatten.
    Den Kimbanern war es vielleicht möglich, den unausweichlichen

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