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207 - Weg eines Gottes

207 - Weg eines Gottes

Titel: 207 - Weg eines Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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ebenfalls zum Ziel kommen.)
    ***
    Algerische Sahara, 14. bis 19. Februar 2012
    »Das kann doch nicht sein. Jetzt fahren wir bereits vier Tage an diesem verdammten Spalt entlang und er hat immer noch kein Ende.« Maurice Poulain trat wütend gegen den Vorderreifen des Kamas. Das Plastiflex zeigte keinerlei Verschleißerscheinungen und würde es auch in fünfhundert Jahren noch nicht tun. Wenigstens das.
    Seit zwei Tagen schneite es nicht mehr. Poulain wusste nicht, ob er sich darüber freuen sollte. Dadurch wurde die eintönige Endlosigkeit der Sahara, die hier hauptsächlich aus Fels und Geröll bestand, erst so richtig deutlich. Und der mächtige Spalt, der sich nach wie vor am Horizont verlor, ebenfalls.
    Im Laufe des Tages erreichten sie eine Oase. Habib war der Erste, der auf das Massaker innerhalb eines schwer verwüsteten Palmenhains stieß. Siebzehn tote Tuareg, zum Teil mit aufgeschlitzten Hälsen, zum Teil erschossen, lagen in grotesken Verrenkungen um die Wasserstelle, zwei sogar direkt darin. Ein schwer verletztes Kamel und drei tote Rinder leisteten ihnen Gesellschaft. Es stank erbärmlich.
    Medior weinte bitterlich. Wieder kein Wasser. Poulain erlöste das leise quietschende Tier, das nach ihm biss, als er ihm zu nahe kam. Fluchend sprang er einen Schritt zurück, bevor der finale Schuss fiel. Dann begruben sie die menschlichen Leichen und brieten sich Rindfleisch. Gierig fielen sie darüber her. In einem der leeren Häuser fanden sie ein paar Flaschen mit abgestandenem, aber trinkbaren Wasser. Auch einige Flaschen Bier trieb Poulain auf.
    Wie schon öfters in den letzten Tagen plagte ihn plötzlich wieder dieses dumpfe, drängende Gefühl. Er wusste nicht, wo es herkam. Er wusste aber, dass es weitaus besser für sie war, nach Nordosten zu gehen und den Süden zu meiden. Er sagte es zu Medior und löste damit eine mittlere Ehekrise aus.
    »Bist du jetzt vollkommen übergeschnappt, Maurice Poulain?«, fauchte sie. »Woher willst du wissen, dass im Süden alles zerstört ist?«
    »Ich weiß es eben«, blieb er beharrlich.
    »Ja, ich weiß es auch«, bekam er Beistand von Habib. »Im Norden ist es viel besser. Da ist nicht alles kaputt.«
    »Entweder wir suchen uns einen Weg nach Mekhe oder wir sind geschiedene Leute«, setzte die Senegalesin offene Erpressung dagegen. Sie verschwieg, dass auch sie das Drängen verspürt hatte, die Richtung zu ändern. Doch die Sorge um ihre Eltern und Geschwister war derart stark, dass sie den seltsamen Impuls beiseite gewischt hatte. Ganz kurz dachte sie an den Kristall auf der Ladefläche. Hatte er etwas damit zu tun?
    Zähneknirschend und ganz gegen seine Überzeugung gab Poulain nach. Ein ernster Familienzwist hätte in dieser Lage gerade noch gefehlt. »Also gut, wir fahren nach Süden, sobald uns dieser verdammte Spalt da lässt.«
    »Danke.«
    Heimlich hoffte der Franzose, dass die Kluft sich immer weiter nach Osten ziehen und vielleicht sogar ein wenig nach Norden abbiegen möge.
     
    (Interessant. Die Biotische Einheit Mee’djor setzt sich durch, indem sie den stärkeren Willen zeigt und die Biotische Einheit Mooris’pulajn gleichzeitig unter Druck setzt. Dieses Gefühl, das Mooris’pulajn Sorge nennt, ist so stark, dass es sogar meine Beeinflussungsimpulse überlagert.)
    (Was können wir also tun?), fragte der Namenlose, der kaum Initiative ergriff, dafür aber ein sehr gutes Langzeitgedächtnis hatte.
    (Ich habe einen Plan.)
     
    Maurice Poulain holte die KTM vom Truck. »Ich fahre ein Stück voraus und erkunde die Gegend«, sagte er. Warum er das tat, wusste er selbst nicht. Es war unnötig, weil er damit den wertvollen Treibstoff verschwendete. Aber ihn plagte das dumpfe Gefühl, es ganz einfach tun zu müssen.
    Medior ließ ihn gewähren. Sie war froh, dass sie ihren Willen durchgesetzt hatte, und wollte ihn nicht weiter reizen.
    Fahles Dämmerlicht drang durch die Rußwolken. Es war kurz vor der Mittagszeit. Der Franzose startete das Motorrad. Der Motor sprang erst nach zehnmaligem Treten des Kickstarters an. Ein satter Sound ertönte. Dann jagte Poulain die Drehzahl hoch und fuhr los. Medior kümmerte sich derweil ums Essen. Es gab zum letzten Mal Rindersteaks. Danach war wieder für längere Zeit Bohneneintopf mit Würstchen angesagt.
    Habib ließ seine Playstation im Stich und schlich sich zum Erdspalt hinüber. Das hatten ihm seine Eltern eigentlich verboten, denn überall gab es Skorpione und andere gefährliche Tiere, die seit der Katastrophe

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