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207 - Weg eines Gottes

207 - Weg eines Gottes

Titel: 207 - Weg eines Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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dass wir doch nach Osten fahren sollen. Weil sie jetzt selbst gesehen hat, dass im Süden alles kaputt ist.«
    Poulain spürte, wie sich seine Haut schmerzhaft zusammenzog. »Tatsächlich?«, flüsterte er. Ein dicker Kloß steckte plötzlich in seinem Hals. Er verschwieg Habib, dass er ganz ähnliche Eindrücke empfing.
    Die nächsten Tage verliefen ziemlich eintönig. Bei Hassi Allal änderte die Erdspalte urplötzlich ihre Richtung und bog scharf nach Süden ab. Poulain scherte das nicht. Er musste unbedingt nach Nordosten. Dort wartete das Glück auf ihn. Nun war es nicht mehr Medior, die zu ihm sprach, sondern Allah selbst! Ja, Allah hatte sich ihm offenbart. In einem Kranz aus grünen Strahlen. Poulain fragte sich gar nicht erst, warum ausgerechnet ihm dieses Wunder widerfuhr. Er nahm es wie selbstverständlich hin.
    Immer wenn sie das spärlich ausgebaute Straßennetz benutzten, stießen sie auf das eine oder andere Autowrack und von wilden Tieren zerfetzte Leichen. Hier in der Wüste hatte die Druckwelle ungebremst wüten können.
    Am 14. März gegen drei Uhr nachmittags sah Habib während einer Pause am düstergrauen Horizont plötzlich fette schwarze Rauchwolken aufsteigen. »Papa, was ist das?«
    Poulain nahm sich die Straßenkarte vor. »Das müssten die Erdölfelder von Hassi Messaoud sein.«
    »Was ist das, Hassi Messaoud?« Habib setzte sich in den feinen Saharasand, der seit gestern die Geröllwüste dauerhaft ablöste. Er fühlte sich sehr kühl an. Poulain setzte sich trotzdem daneben und legte den Arm um ihn.
    »Gibt es dort Menschen, Papa?«
    »Keine Ahnung. Vor dem Kometen haben hier gut siebzigtausend Leute gewohnt. Ein paar werden sicher überlebt haben.«
    »Gehen wir da hin? Mir ist langsam schrecklich langweilig.«
    Poulain zögerte. »Ich weiß nicht. Es könnte gefährlich sein. Andererseits brauchen wir langsam wieder Benzin.«
    »Ja. Und was anderes zum Essen wäre auch nicht schlecht. Mir steht das Büchsenfutter schon hier oben. Mama hat das besser gekocht als du.«
    Da man beim Warmmachen von Büchsennahrung nicht allzu viel falsch machen konnte, hielt Poulain diese Aussage für reine Einbildung. Er lauschte in sich hinein. Was sagte Allah? Nichts dieses Mal. »Also gut, wir schauen mal hin.«
    Bald schon fuhren sie an geplatzten Rohrleitungen entlang. Riesige Seen aus zähem schwarzen Erdöl bedeckten den Wüstenboden. Sie mussten weiträumig ausweichen. Überall brannte entweichendes Erdgas. Riesige Fackeln schossen mehrere Hundert Meter in die Luft und beleuchteten die Szenerie in einem fast unwirklich scheinenden Gelbrot. Darüber wälzten sich die Rauchwolken und bildeten einen undurchdringlichen Teppich.
    Habib musste husten und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Mir ist so heiß, Papa. Das sieht ja wie in der Hölle aus.«
    Poulain nickte verbissen. Er schaute unverwandt nach vorne. Nur noch vereinzelt standen Bohrtürme und Erdölreservoirs. Er konnte sie im Flimmern der Luft undeutlich als schwarze Schatten wahrnehmen. Die meisten Bauwerke waren aber der Druckwelle zum Opfer gefallen. Ihre abgebrochenen Gestänge stachen wie mahnende Finger in den Himmel.
    An einem etwas abseits stehenden Bohrgestänge machten die beiden eine furchtbare Entdeckung: Vier weiße Männer und drei Frauen hingen nebeneinander an einer Querstrebe. Die Männer an den Hälsen, die Frauen an den gespreizten Beinen. Alle waren sie übel gefoltert worden. »Eure gerechte Strafe, Christenhunde« stand auf den Pappschildern, die die Männer um den Hals hängen hatten.
    Habib weinte. Poulain drehte sich würgend weg. Auch hier hatte sich der Hass, der trotz offizieller Beendigung der Religionskriege unvermindert weiterschwelte, Bahn gebrochen.
     
    (Es funktioniert. Ich kann mich tatsächlich in immer längeren Zeiteinheiten im rationalen Sektor der Biotischen Einheit Mooris’pulajn aufhalten. Sie besitzt sehr viel Wissen, das für das Leben und Überleben auf diesem Planeten ungeheuer nützlich ist. Ich kann dieses Wissen gar nicht komplett speichern.)
    (Aber ich kann es. Das Wissen, das du während deiner Exkursionen erlangst, ist auch mir zugänglich. Ich speichere es ab und mache es dir zugänglich, wenn du es brauchst.)
    (Es ist seltsam, dass dir das möglich ist. Die Trennung vom Wandler und vom Sol scheint viele Dinge verändert zu haben, auch in unserem Geist. Aber so machen wir es), bestätigte Mul’hal’waak seinen namenlosen Schicksalsgenossen. (Übrigens, ich beherrsche ihre

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