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2077 - Die Dunkle Null

Titel: 2077 - Die Dunkle Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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visuelle Eindrücke, überdeckten alles andere und blähten sich auf zu einer grotesken Szenerie. Mir war, als sei ein Staudamm gebrochen; Millionen Tonnen schäumten, überschwemmten mich, trugen mich davon, wirbelten mich umher und machten aus mir einen Strohhalm, der einen unendlichen Wasserfall hinabstürzte - hinein in einen Wust surrealer Impressionen: In muffigen Talaren schweben virulent toxische VIPs im Gleitertruck über die Taiga.
    Als Modus vivendi für das Remmidemmi einigt man sich auf von Modepuppen geträllerte Schnulzen. Kabbeleien unter den Musikern bringen den Tambourmajor in seinem Kabuff zur Verzweiflung. Der herbeieilende Vikar wird seiner Mittlerrolle nicht gerecht und beerdigt seinen Schopf im Tabernakel des im viskösen Moor versinkenden Vineta. Die VIPs stiften einen Schoppen Wein zum Requiem, die Geschwindigkeitsanzeige des Gleiters platzt aus Protest - und unter dem Schock dieser Union der Absonderlichkeiten verweigert die Zunft der Reporter einen Bericht. Das Tabu durchbricht ein Schnorrer der alles für rentabel hält und in den Modi der Zeit die Modepuppen anzumachen versucht. ... und plötzlich sah ich, daß sich schwarze Gewitterwolken umschichteten. Sturm brauste hohl, und fahle Blitze zuckten durch das niedrige Gewölk. In der Ferne verschmolzen Nebel und Staubschleier.
    Auf einem mächtigen Granitfindling hockte eine Gestalt; schulterlanges weißes Haar wehte im Wind, blaue Augen leuchteten, als seien die Augäpfel Lampen. Zart, schmal und feminin wirkte das Gesicht, stand in krassem Gegensatz zum übrigen Körper mit Stiernacken, meterbreiten Schultern mit vorquellenden Muskelsträngen, fingerlangen Krallen und ausgebreiteten Fledermausflügeln; die Beine endeten in Bockshufen, waren von stacheligem Fell bedeckt.
    Halbkreisförmig vor dem Steinklotz knieten in Kutten Gehüllte und hielten glosende Fackeln.
    Eine nackte Frau durchschnitt einem blökenden Hammel die Schlagader und fing das vorschießende Blut in einer Schale auf; sie war hochgewachsen und breithüftig, schwere Brüste wippten bei, jeder Bewegung. Pechschwarzes Haar, zum hüftlangen Zopf geflochten, wirbelte herum, als die Frau die Schale hochhielt. Der Teufel trank sie glucksend leer.
    Hoch aufgerichtet, Arme und Fledermausflügel weit ausgebreitet, lachte, die Kreatur gellend.
    Sturm brüllte lauter, Blitze fuhren aus den Krallen, violettes Licht umbrodelte die Knienden.
    Ein Feuerrneer fauchte hoch, nacheinander detonierten die Kuttengestalten, wurden zu blendenden Bällen, die zu Ascheregen zerstäubten.
    Nur die Frau, auf den Rücken geworfen, lebte noch und wurde von unsichtbaren Kräften niedergepreßt. Der Teufel warf sich vom Steinblock auf sie und übertönte lachend ihren durchdringenden Schrei. Schaudern, Ekel und Wut wechselten in mir; ohnmächtig verfolgte ich die Vision, an den Platz gebannt, obwohl alles in mir danach schrie, dem Teufel den Hals umzudrehen.
    Während er aufsprang und ich für Sekunden fauligen Atem roch, wandelte sich die Erscheinung zur luftigen Lichtgestält, schwebte als hominide Opalsilhouette in goldenem Strahlenkranz.
    Sofort, wechselten die Gefühlswellen; Ekel wurde von Freude ersetzt, Schaudern von wohliger Wärme, Wut und Ohnmacht transformierten zu ekstatischem Glück. Das Lichtwesen kam näher, gestaltete sich erneut um, machte einer weiteren Vision Platz - und Diogenes von Sinope, als konsequenter Kyniker in einer Tonne lebend und vom Großen Alexander in Korinth besucht, sagte bedächtig - wenn auch mit Atlans monotoner Stimme: „Die Menschen leben in steter Aufregung, trachten einander zu schaden, sind in endlosen Nöten und können nie Ruhe halten, nicht einmal in heiligen Festzeiten und wenn ein Gottesfriede verkündet wird. Und das alles tun und leiden sie zu keinem anderen Zweck, als um leben zu können, und immer fürchten sie, es möchten die, ihnen angeblich notwendigen Dinge ausgehen; und dazu sorgen sie sich noch ab und bemühen sich, ihren Kindern viel Geld zu hinterlassen. Ich aber tue merkwürdigerweise von alldem nichts und bin gerade darum allein von allen Menschen frei, und niemand sonst versteht etwas von diesem Glück."
    Ein Trompetenton ließ meine Ohren klingeln; ein helles Solo, das ich irgendwie mit dem Triumphmarsch aus Aida in Verbindung brachte. Erstaunt musterte ich die vorbeiströmende Menschengruppe. Frauen in Brautkleidern und Herren in Frack und Zylinder wurden von einer bunten Truppe verfolgt, deren Harlekinkostüme mir in die Augen

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