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2084 - Noras Welt (German Edition)

2084 - Noras Welt (German Edition)

Titel: 2084 - Noras Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
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Ohrläppchen.
    »Wissen Sie, wie viel Tonnen CO 2 die Menschheit während der letzten Jahrzehnte in die Atmosphäre geblasen hat?«
    Zu Noras großer Überraschung antwortete der Psychiater wie aus der Pistole geschossen.
    »Ich glaube, es gibt heute um die vierzig Prozent mehr CO 2 in der Atmosphäre als vor der Zeit, in der wir ernsthaft begonnen haben, Öl, Kohle und Gas zu verbrennen, die Wälder abzuholzen und die heute übliche intensive Landwirtschaft zu betreiben. Es ist über 600000 Jahre her, dass das CO 2 -Niveau so hoch war wie heute, was darauf schließen lässt, dass wir Menschen unser heutiges Problem selbst verursacht haben.«
    Nora war beeindruckt. Nach ihrer Erfahrung kannten sich nicht viele Menschen mit dieser wichtigen Materie so gut aus. Sie hob den Daumen und sagte: »Es sind schon so viele Klimagase freigesetzt worden, dass niemand weiß, welche Folgen das für das Klima und die Umwelt auf der Erde noch haben wird. Und es geht ja immer so weiter …«
    Dr. Benjamin hatte die Hände flach auf den Schreibtisch gelegt. Er saß leicht vornübergebeugt und starrte für ein paar Sekunden auf die Tischplatte, bevor er wieder zu Nora aufblickte. Er sah jetzt fast ein wenig irritiert aus.
    »Wir entfernen uns damit weit von dem, wofür ich als Arzt eigentlich zuständig bin, aber ich sage dir im Vertrauen, dass ich mir auch große Sorgen mache. Es liegt ja auf der Hand, dass wir zu viele fossile Brennstoffe verbrauchen, und da fragt man sich natürlich, was für schlimme Konsequenzen das für das Leben auf der Erde noch haben kann. So gesehen, könnten diese Dinge doch wieder in einer gewissen Beziehung zur Psychiatrie stehen …«
    Als er kurz zögerte, sagte Nora: »Erzählen Sie weiter! Das klingt spannend.«
    »Ich frage mich manchmal, ob wir nicht in einer Kultur leben, die solche grundlegenden Wahrheiten gezielt verdrängt. – Verstehst du, was ich meine?«
    »Ich glaube schon. Wir finden manche Gedanken so schlimm, dass wir sie lieber vergessen oder gar nicht erst denken.«
    »Genau, ja. So war es gemeint.«
    Und plötzlich hatte Nora eine Eingebung. Sie hätte nicht sagen können warum, aber der Gedanke tauchte blitzartig auf, wie aus heiterem Himmel oder einer anderen Wirklichkeit als der, in der sie sich gerade befand. Der Gedanke war da, und sie hörte sich fragen: »Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen erzähle, dass ich Angst vor Arabern habe?«
    Dr. Benjamin lachte herzlich.
    »Dann würde ich wahrscheinlich vorschlagen, dass du dich hin und wieder mit arabischen Menschen triffst. Ich glaube, das wäre die wirkungsvollste Behandlung.«
    »Hört sich gut an …«
    »Aber wie ich schon sagte, die Angst vor der globalen Erwärmung behandeln wir Psychiater nicht. Die Frage wäre allenfalls, ob wir nicht eine Therapie gegen die fehlende Angst vor der globalen Erwärmung entwickeln sollten. Denn wir dürfen uns ja nicht an diese Bedrohung gewöhnen. Im Gegenteil! Wir müssen zusehen, dass es sie so bald wie möglich nicht mehr gibt.«
    Dr. Benjamin sprach mit ihr wie mit einer Erwachsenen, und das gefiel Nora. Dennoch war sie verblüfft, als er sie jetzt fragte, ob sie Mitglied in einer Umweltorganisation sei. Im Sprechzimmer eines Arztes hätte sie das nicht erwartet. Andererseits war sie es, die das Thema Klimawandel aufgebracht hatte. Schließlich antwortete sie, da, wo sie wohne, gebe es so etwas nicht. Den Leuten dort gehe es eher um die Schule und die Arbeit, oder um Autos und Motorräder. Und am Wochenende natürlich um Partys und Besäufnisse.
    »Der junge Mann draußen, ist das dein Bruder?«, fragte Dr. Benjamin.
    »Nein, das ist Jonas. Er ist bloß mein Freund.« Nora lachte. Sie fand, »bloß mein Freund« klang gut.
    Dr. Benjamin lachte mit. »Interessiert Jonas sich auch für solche Sachen?«, fragte er.
    »Er ist eine Klasse über mir und hat Physik, Chemie und Biologie gewählt. Da lernt man so was natürlich …«
    »Klar.«
    »… und es ist ja auch keine Ansichtssache mehr. Was es mit dem Klimawandel auf sich hat, kann man wissen, oder man bleibt eben lieber dumm.«
    »Ich glaube, da hast du leider recht. Es würde mich wundern, wenn auch nur einer von hundert unserer Landsleute wüsste, was es mit der Kohlendioxid-Bilanz auf sich hat.«
    Nora gefiel dieser Psychiater immer besser. Über die komplizierte Sache mit der Kohlendioxid-Bilanz hatte sie erst kürzlich mit Jonas gesprochen, und dass sie sich damit auskannte, kam daher, dass sie in der Zehnten eine Hausarbeit über

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