2092 - Der Ausgestoßene
versteinert war.
*
Er flog hinaus in die Einsamkeit. Außer der Kapsel waren ihm das Menta seines Volkes und der Anzug geblieben. Als Grundlage für eine Existenz nach seinem Gefallen reichte das nicht aus. Torr Samaho stellte sich die Frage, wohin er gehen sollte.
In seiner Heimat erinnerte sich nach so langer Zeit gewiß niemand mehr an ihn und sein Volk.
Im Körper eines Maunari würde er immer ein Fremder bleiben, egal, wohin er sich wandte. Es gab nur eine einzige Ausnahme.
Thekarou, den Planeten nahe der Materiequelle Gourdel, nicht weit von hier im Zentrum Erranternohres. Von dort stammte sein Körper, dort besaß er einen Namen: Guantamari Sailent. Dort kannte man ihn. Unter Artgenossen von ähnlicher Langlebigkeit konnte der Fischer Sailent noch nicht vergessen sein. Er hatte eine Familie besessen. Mit seinen Kenntnissen und seinem Wissen würde er nur wenige Jahre benötigen, um sich zum Herrscher über einen ganzen Planeten zu machen.
Dies wäre erst der Anfang. Der Gedanke, die Materiequelle in der Nähe zu erforschen und Macht über sie zu erlangen, beflügelte ihn für einpaar Augenblicke. Bekanntlich entstand eine Materiequelle aus einer Superintelligenz. Später wurde aus ihr unter Umständen ein Kosmokrat.
Eine Verschmelzung von Torr Samaho und Gourdel zu einer mächtigen Entität würde die Umwandlung in einen Kosmokraten beschleunigen. Hismoom hätte keine Chance, sich gegen ihn zu stellen.
Ein wehmütiges Orgeln drang aus dem Zyklopenmund.
Natürlich hatten die Kosmokraten und ihr Speichellecker Cairol Vorsorge getroffen. Die Materiequelle würde ihn ebenso abstoßen oder für ihn unerreichbar sein wie das Plateau.
Drei Millionen Jahre hatte er sich in allem selbst bestätigt gesehen. Jetzt, zwanzigtausend Lichtjahre vom Plateau entfernt, wurde Torr Samaho von seinen Gefühlen eingeholt. An der Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt wartete eine Erkenntnis auf ihn: Er war unfähig. Er hatte Katastrophen erzeugt und seine Ziele nicht erfüllt.
„Dein Leben ist sinnlos geworden", redete er sich ein. „Zeige einmal nur Weitsicht und setze ihm ein Ende! Mach Schluß!"
Er lachte laut und hysterisch, hörte erst auf, als nur noch ein heiseres Krächzen aus seinem Rachen drang. In, letztendlicher Konsequenz begriff er, daß der Wahnsinn ihn einholte, der drei Millionen Jahre lang in ihm geschwelt hatte.
In der Mitte der Kapsel sank der riesenhafte Zyklopenkörper zu Boden.
„Automat, du wirst meine sterblichen Überreste nach Crozeiro bringen und dort bestatten!" ordnete er an. „Lege den Körper so, daß meire Auge in Richtung des Klosters blickt. Falls es noch existiert."
„Dein Befehl wird befolgt", sagte der .Automat nüchtern. „Du rechnest mit deinem baldigen Ableben?"
„Unmittelbar und sofort!" Seine Stimme steigerte sich zu einem schrillen Diskant.
Mühsam stand Torr Samaho auf. Die plumpen Hände, die ihm in den drei Millionen Jahren zu sensiblen Greifwerkzeugen geworden waren, verkrallten sich ineinander. Er trat von einem Bein auf das andere.
Er keuchte vor unterdrückter Wut, vor Wut auf die Kosmokraten und ihre Diener und vor Wut auf sich selbst. „In wenigen Augenblicken ist es soweit. Ich ... begehe ... Gomberach!"
Torr Samaho konzentrierte sich. Zum letzten Mal in seinem Leben wollte er ein Mörder sein.
Diesmal sollte es ohne die Last einer Prophezeiung geschehen. Im endgültigen Tod des Volkes von Crozeiro wollte er über den Orakelspruch des Zwillings triumphieren.
Er hielt den Atem und den Herzschlag an. Seine Wangen blähten sich unnatürlich auf. Nach einer Weile trat ihm das Auge aus dem Kopf. Die lederne Gesichtshaut spannte sich immer mehr. Das Blut in den Schläfenadern pulsierte laut und fordernd, es pochte immer schneller.' Nach dreißig nicht getanen Atemzügen hielt er es nicht mehr aus. Pfeifend entwich die Luft aus seinen Lungen. Erst stieß er sie aus, dann sog er sie in vollen Zügen in sich hinein.
Gomberach! Ich begehe Gomberach!
Er probierte es erneut. Erneut erntete er denselben Mißerfolg.
Es funktionierte einfach nicht. Der Grund dafür drängte zögernd in sein Bewußtsein. Du kannst es nur tun, wenn dein Menta auf einen Artgenossen übertragen wird.
Er war der letzte' Crozeire, in ihm konzentrierte sich das geistige Erbe seines gesamten Volkes.
Auch wenn er einen Zyklopenkörper besaß, sein Geist war der eines feingliedrigen Crozeiren.
Sein Menta besaß' keinen Zielpunkt. Die Übertragung fand nicht statt. Eine
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