2092 - Der Ausgestoßene
Selbstauslöschung des gesamten psionischen Potentials war nicht möglich.
Torr Samaho stieß ein heiseres Lachen aus. Er erinnerte sich an einen Hinweis Cairols des Ersten.
Der Crozeire in dem Maunari-Körper konnte nur eines gewaltsamen Todes sterben. Damals hatte der angehende Kommandant von MATERIA nicht ahnen können, daß ihm diese Aussage einst zum Fluch werden könnte.
In seiner inneren Not tat er etwas, das er nie für möglich gehalten hätte. Er erinnerte sich an den Inhalt eines kodegesicherten Faches im Universentaucher und holte die Formers t.rgie-Hologramm-Schablone hervor. Mit zitternden Fingern steckte er sie in den Projektor.
Das Gerät summte. Zum ersten Mal seit der Erbauung der Kapsel wurde der Automat mit einer derart schwierigen Aufgabe betraut.
Mühsam entstanden die Umrisse eines Crozeiren. Nach und nach verdichteten sie sich zu einem Hologramm, das anfangs durchscheinend wirkte. Mit der Zeit verfestigte es sich immer mehr. Es zeigte einen ausgemergelten alten Mann. Das zerfurchte Gesicht mit den erschlafften Hautlappen kennzeichnete diesen Artgenossen wie keinen anderen.
„Hoheit, ich bin erfreut, Euch zu sehen!" krächzte der schiefe und lippenlose Mund. „Ich hätte nicht gedacht, Euch jemals wieder zu begegnen."
Torr Samahos Zyklopennase zuckte vor gespannter Aufregung auf und ab. Er konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, die Schablone einst auf diese Art und Weise programmiert und mit Leben erfüllt zu haben. Seine Gedanken jagten hin und her. Er streckte die Hand nach dem Terminal aus, um die FormenergieGestalt verschwinden zu lassen.
„Mein Prinz!" rief der uralte Störenfried. „Tut mir das nicht an! Ich habe Euch immer treu gedient."
„Ja, das hast du, Karvencehl", grollte Samaho. „Aber du bist meinem Vater nicht ins Grab gefolgt, und als ich von meinem Volk Gomberach verlangte, hast du den eigenen Untergang bis zuletzt hinausgezögert."
„Ich war es Euch schuldig. Wenn alles anders gekommen wäre, stünde ich jetzt nicht hier. So aber bin ich in der schlimmsten Stunde Eures Lebens an Eurer Seite. Ich gebe Euch die Kraft, die Ihr jetzt braucht."
Torr Samaho lauschte verwundert den Worten des alten Dieners. Seine Argumente besaßen eine Treffsicherheit, die jede Erwiderung zur Farce gemacht hätte. Also schwieg der ehemalige Crozeirenprinz in seinem Zyklopenkörper und flüchtete sich in die Rolle des hoheitsvollen Gönners.
„Ich heiße dich willkommen und erlaube dir, die CROZEIRO mit mir zu teilen."
Die alten Zeiten waren vorbei. Es gab kein Volk der Crozeiren mehr. Torr Samaho war allein.
Tief in seinem Innern wurzelte die Erkenntnis, daß er es für den Rest seines langen Lebens bleiben würde. Nirgendwo geliebt und willkommen, würde er mit dem alten Diener durch das Universum ziehen.
Oder doch nicht? Der Gesichtsausdruck Karvencehls enthielt einunbestimmbare Botschaft, gerade so, als wolle der Diener ihm etwas sagen, traue sich aber nicht. Für Karvencehl war das ein ausgesprochen untypisches Verhalten.
„Sprich!" forderte Samaho ihn auf. „Was willst du vorschlagen?"
„Eine Rückkehr in die Heimat wäre sicher die beste Lösung, Hoheit. Der Weg ist nicht weit."
„Nein!"
„Es wäre jedoch ein Fehler, mein Prinz."
„Du hast das nicht zu entscheiden."
Seltsamerweise reagierte Karvencehl nicht auf diese Zurechtweisung. Er begann im Innern der Kapsel umherzuwandern. Viel Platz blieb ihm nicht. Aber Samaho hatte auch nicht vor, ihn die ganze Zeit gewähren zu lassen. Er konnte den Alten bei Bedarf abschalten wie jede Projektion.
Ein merkwürdiger Gedanke beschlich den Torr. Ein paar Atemzüge lang bildete er sich ein, daß der Projektor sich verselbständigt hatte und er keinen Einfluß mehr auf ihn nehmen konnte. Wer anders steckte hinter einer solchen Manipulation als Cairol?
„Die Kosmokraten sind doch längst ein Fluch für dieses Universum, und man wundert sich, daß sie zu den natürlichen Bestandteilen der Evolution zählen", flüsterte Karvencehl, als könne er die Gedanken seines Herrn lesen. „Wie fehlerhaft muß diese Evolution erst in ihrer Gesamtheit sein!"
Torr Samaho ließ sich seine Gedanken nicht anmerken. Er spürte deutlich, daß Karvencehl auf etwas Bestimmtes hinauswollte.
„Was willst du?" fragte er mißtrauisch.
„Hört auf Eure Kapsel, Prinz", sagte sein Diener. „Sie will Euch die ganze Zeit schon etwas mitteilen."
„Was ist?" erkundigte sich Torr Samaho barsch bei dem Automaten.
„Von einem der
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