21 - Die achte Flotte
Eröffnungszug habe ich noch nicht erlebt, Lieutenant«, sagte sie schließlich.
»Ich könnte mir vorstellen, dass in den nächsten Jahren sowohl hier im Quadranten als auch in meiner Heimat viele Leute alle möglichen Dinge erleben werden, die bisher unerhört waren«, erwiderte er. »Aber davon abgesehen finde ich wirklich, dass wir die Angelegenheit klären sollten, oder was meinen Sie?«
»Ganz gleich, wie wenig ich Mr. Van Scheldt mag, es hat keine Auswirkungen auf unsere Arbeit. Das gestatte ich nicht«, erwiderte sie ein wenig scharf.
»Wahrscheinlich nicht. Andererseits ist er nur ein Terminsekretär, und ich bin der Flaggleutnant des zwothöchsten Raumoffiziers im Quadranten«, entgegnete Gervais. »Ich würde sagen, dass wir beide uns deshalb häufiger über den Weg laufen werden, als Sie ihm begegnen. Und das bringt mich wieder zu meiner Frage zurück.«
»Und wenn ich Ihnen erwidern würde, dass meine persönliche Beziehung zu Mr. Van Scheldt − oder der Mangel daran − Sie nichts angeht?«, fragte Helga kein bisschen freundlicher, als sie sein musste.
»Dann würde ich Ihnen zustimmen, dass Sie völlig recht haben«, erwiderte Gervais ruhig. »Und dann würde ich hinzufügen, dass es für mich in rein beruflicher Hinsicht wichtig sei zu erfahren, wie er Sie beleidigt hat, damit ich nicht in das gleiche Fettnäpfchen trete. Allerdings muss ich sagen, dass mir selbst nach dieser kurzen Bekanntschaft mit ihm spontan wenigstens ein Dutzend verschiedene Möglichkeiten einfallen, wie er das bewerkstelligt haben könnte. Um ganz offen zu sein, Ms. Boltitz, mir ist es egal, welche persönliche Beziehung Sie zu ihm oder sonstjemandem unterhalten. Ich mache mir nur Gedanken über die möglichen Auswirkungen auf unsere berufliche Zusammenarbeit.«
Und davon kannst du mir glauben, soviel du willst, Lady, dachte er. Nicht dass es keinen wahren Kern hätte, aber …
»Ich verstehe.«
Helga musterte Lieutenant Archer nachdenklich. Er war natürlich ein Prolong-Empfänger − nach dem Reichtum und Privileg zu urteilen, den seine Sprechweise verriet, wenigstens zweiter Generation −, was bedeutete, dass er sehr wahrscheinlich ein gutes Stück älter war, als sie ursprünglich angenommen hatte. Es gab zu wenig Dresdener, die Prolong erhalten hatten, als dass ihr Volk sich besonders gut darauf verstanden hätte, das Alter von Prolong-Empfängern zu bestimmen, erinnerte sie sich bitter. Doch trotz seiner selbstsicheren, kultivierten Art, die Van Scheldts Gebaren als das provinzielle Gehabe entlarvte, das es war, stand in seinen Augen noch immer dieses leichte Funkeln. Und obwohl er belustigt klang, war sein Ton weder herablassend noch abschätzig. Es war eher, als lade er sie ein, sich ihm in seiner Heiterkeit über Van Scheldt anzuschließen, als dass er sie verspottete.
Na, sicher. Mach nur, Helga: Glaub ihm, dass es so ist, und du wirst schon sehen, was du davon hast!, dachte sie.
Dennoch, er hatte nicht unrecht, wenn er sagte, dass sie wahrscheinlich oft zusammenarbeiten müssten, oder zumindest in räumlicher Nähe. Und Minister Krietzmann würde es ihr trotz seiner eigenen tiefen Abneigung gegenüber Oligarchien nicht danken, wenn sie mehr Reibung mit den Mantys erzeugte, als unbedingt erforderlich war.
»Nun, Lieutenant Archer«, hörte sie sich sagen, »ich bezweifle, dass Sie so unangenehm sein könnten wie Mr. Van Scheldt. Ich hoffe es jedenfalls nicht, weil ich nicht sehe, wie jemand so werden kann, ohne vorsätzlich daran zu arbeiten.«
»Ich habe durchaus den Eindruck«, vertraute Gervais ihr an, »dass er genau das getan hat − daran gearbeitet, meine ich.« Er sah, wie sie die blauen Augen staunend leicht aufriss, und lächelte sie matt an. »Solche Typen haben wir zu Hause auch«, fügte er hinzu.
»Wirklich?« Helga war etwas überrascht von dem kühlen Unterton ihrer Stimme, doch sie konnte nichts dagegen tun, »Das bezweifle ich aber, Lieutenant. Solche ›Typen‹, wie Sie es ausdrücken, hatten auf Dresden ein wenig größere Auswirkungen, als ich es mir bei Ihnen vorstellen kann.«
Gervais gelang es, nicht erstaunt zu stutzen oder die Augenbrauen hochzuziehen, doch die Schroffheit, die plötzliche, unverkennbare Wut in ihrer Antwort verblüffte ihn mehr als nur ein wenig.
Hier geht es nicht nur darum, dass Van Scheldt ein Arschloch ist, begriff er. Ich weiß nicht, was eigentlich los ist, aber es steckt mehr dahinter. Und was mache ich jetzt, wo ich so hübsch nonchalant in dieses
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