21 - Die achte Flotte
nur der Beweis, dass die neue Kaiserin des Quadranten den Schutz ihrer neuen Untertanen ernst nahm, sie stand auch einfach zu hoch in der königlichen − und jetzt kaiserlichen − Thronfolge, als dass sie sich an Bord eines Schiffes verstecken konnte. Und da sie es nicht umgehen konnte, konnte sie nur so tun, als amüsierte sie sich tatsächlich.
In Van Dorts Augen glaubte sie ein Funkeln von Mitgefühl zu entdecken, als Medusa sie weggeleitete, doch der Sonderminister verbeugte sich nur mit einem gemurmelten freundlichen Wort und überließ sie ihrem Schicksal.
»Und das, Lieutenant Archer, ist Helga Boltitz«, sagte Paul Van Scheldt. Gervais Archer drehte sich um und stand vor einer der attraktivsten Frauen, die er je gesehen hatte.
»Ms. Boltitz«, sagte er, reichte ihr die Hand und lächelte, was ihm nicht gerade sonderlich schwerfiel.
»Lieutenant Archer«, erwiderte sie und ergriff seine Rechte zu einem kurzen, eindeutig formellen Händedruck. In ihren blauen Augen, bemerkte er, war kein Lächeln zu sehen, und ihre Stimme mit dem herben, kantigen Einschlag klang unmissverständlich kühl. Ja, »frostig« wäre vielleicht sogar das bessere Wort gewesen.
»Helga ist Minister Krietzmanns persönliche Beraterin«, erklärte Van Scheldt. Gervais konnte diese Offenbarung nur wenig überraschen, denn ihm war die Ähnlichkeit zwischen ihrem Akzent und dem Krietzmanns aufgefallen, doch in Van Scheldts Stimme lag ein nicht allzu tief verborgener Funke maliziösen Entzückens, als er in seinem glatten, urbanen Einschlag hinzufügte: »Sie ist von Dresden.«
»Ich verstehe.« Gervais gab sich alle Mühe, sich nicht anmerken zu lassen, dass er Van Scheldts Belustigung registriert hatte.
Der sanfte, dunkelhaarige Rembrandter war Joachim Alquezars Terminsekretär. Der Premierminister hatte ihn mit einer Handbewegung losgeschickt, er solle Gervais den »anderen jungen Leuten« vorstellen. Doch wenn sich Gervais nicht sehr irrte, war Van Scheldt von seiner Aufgabe alles andere als begeistert. Der Rembrandter war trotz seines jugendlichen Aussehens wenigstens zehn oder fünfzehn T-Jahre älter als Gervais, und seine Persönlichkeit wies eine gewisse Schärfe auf, eine Art Herablassung, als wüsste er, dass er allen von geringerer Abstammung oder Vermögen unausweichlich von Natur aus überlegen sei. Diesen Persönlichkeitstyp hatte Gervais in der Heimat schon zu oft erleben müssen, und richtig interessant wurde es meist erst, wenn derjenige feststellen musste, dass Gervais immerhin entfernt mit der manticoranischen Königin verwandt war. Die Menschen, die in diese Kategorie gehörten, zeigten dann regelmäßig einen widerlichen Drang, etwas zu tun, das sein Vater stets als »einschleimen« abgetan hatte, sobald sie begriffen, dass eine Gelegenheit dazu existierte. Gervais hatte im Laufe der letzten Jahre einige farbigere Bezeichnungen ersonnen, doch er musste zugeben, dass Sir Roger Archers Ausdruck es noch immer am genausten traf.
Zum Glück schien Van Scheldt diesen Zusammenhang noch nicht hergestellt zu haben. Damit blieb für Gervais die Frage, auf wessen Kosten genau der Terminsekretär sich nun zu amüsieren beschlossen habe − Gervais’ oder Ms. Boltitz’?
»Ich könnte mir vorstellen, dass Sie und der Lieutenant einander oft sehen werden, Helga«, fuhr Van Scheldt fort und lächelte Boltitz an. »Er ist Admiral Gold Peaks Flaggleutnant.«
»Das hatte ich so verstanden«, erwiderte Boltitz, und ihr Ton, bemerkte Gervais, wurde noch frostiger, als sie sich dem Rembrandter zuwandte. Dann sah sie Gervais wieder an. »Ich bin mir sicher, dass wir gut zusammenarbeiten werden, Lieutenant.« Ihr Ton verriet allerdings, dass sie das genaue Gegenteil erwartete. »Im Moment jedoch müssen Sie mich entschuldigen, ich werde woanders erwartet.«
Sie bedachte Gervais und Van Scheldt mit einem eher brüsken knappen Nicken, dann kehrte sie ihnen den Rücken zu und bahnte sich zielstrebig einen Weg durch die Gästescharen. Sie bewegte sich mit einer natürlichen, instinktiven Anmut, doch für Gervais war es offensichtlich, dass ihr der gesellschaftliche Schliff fehlte, den Van Scheldt aus jeder Pore verströmte.
Oder es wenigstens glaubte.
»Meine Güte«, stellte der Rembrandter fest. »Das lief ja nicht sehr gut, was, Lieutenant?«
»Nein, wirklich nicht«, stimmte Gervais zu. Er musterte den Terminsekretär nachdenklich und zog eine Augenbraue hoch. »Besteht dafür ein bestimmter Grund?«
Einen Moment lang
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