21 - Die achte Flotte
nicht den zivilen Teil der Station nuklear beschießen würde, ganz gleich, was geschah. Oder zumindest nicht mehr. Bei seiner Reichweite und Zielgenauigkeit würde er sich stattdessen eher damit begnügen, Bourmonts Kreuzer und Zerstörer zu vernichten. Im Grunde war die Drohung gegen die Zivilisten auf Eroica Station zur Methode Terekhovs geworden, der Notwendigkeit auszuweichen, noch mehr uniformiertes Personal der monicanischen Navy zu töten, weil sie Bourmont davon abhielt, ihn genau dazu zu zwingen.
Natürlich ist das so, Bernardus, sagte sich der zum Staatsmann gewordene Geschäftsmann. Und ein Grund, weshalb du gern daran glauben willst, ist der, dass du einfach nicht annehmen möchtest, dein Freund Aivars wäre tatsächlich fähig, so viele Zivilisten umzubringen.
In Wahrheit allerdings waren Bourmont und die gesamte überlebende monicanische Navy nie die eigentliche Bedrohung gewesen. Nein, die wirkliche Bedrohung, die sich nicht nur gegen Terekhovs Geschwader, sondern das gesamte Sternenkönigreich von Manticore richtete, bestand in jener Handvoll Schiffe, die nach dem kurzen, brutalen Gefecht in den Hyperraum entkommen waren. Was die Republik Monica zu einer realistischen Bedrohung der Anschlussbestrebungen gemacht hatte, war ihr Status als Klientin des solarischen Office of Frontier Security. Weder Van Dort noch irgendjemand in Terekhovs Geschwader kannte den Inhalt der offiziellen Übereinkünfte, die Monicas Beziehung zur Grenzsicherheit bestimmten. Allerdings war es mehr als wahrscheinlich, dass diese Vereinbarung eine Klausel zur »gegenseitigen Verteidigung«, enthielt. Wenn dem so war und eines dieser fliehenden Sternenschiffe Kurs auf Meyers genommen hatte, wo der zuständige Kommissar der Grenzsicherheit residierte, so konnte in diesem Augenblick durchaus ein solarisches Geschwader − oder sogar ein kleiner Kampfverband − nach Monica unterwegs sein.
Und kein solarischer Flaggoffizier, besonders keiner, der dem OFS untersteht, wird viele Tränen über den Tod von ein paar Hundert − oder auch ein paar Tausend − »Neobarbaren« vergießen, dachte Van Dort düster. Nicht einmal, wenn besagte »Neobarbaren« Bürger der Sternnation sind, die er unterstützen soll. Schließlich kann man kein Omelett backen, ohne ein paar Eier aufzuschlagen. Und irgendwelche wilden Gerüchte über manticoranische »Superraketen« wird er auch nicht glauben. Wenn also eine Abordnung der Grenzflotte auftaucht, wird Aivars entweder doch noch kapitulieren müssen … oder offenen Krieg mit der Solaren Liga beginnen.
»Also ist die Lage im Grunde unverändert«, sagte er, und Terekhov nickte.
»Wir haben alle schwangeren Arbeiterinnen von Eroica auf den Planeten zurückkehren lassen«, sagte er und verzog das Gesicht. »Ich kann nicht nachvollziehen, was diese Leute sich dabei gedacht haben, sie überhaupt dort arbeiten zu lassen! Im Sternenkönigreich enthält jeder Vertrag über außeratmosphärische Arbeiten obligatorische Klauseln, durch die verhindert wird, dass Föten einem Strahlungsrisiko wie dem an Bord einer Raumstation ausgesetzt werden.«
»Auf Rembrandt ist es genauso«, sagte Van Dort. »Aber viele Sternnationen hier draußen, besonders die ärmeren, glauben anscheinend, sie könnten sich diesen Luxus nicht leisten.«
»Luxus!« Terekhov schnaubte. »Damit meinen Sie, dass man keine Schadensersatzregelungen gegen die örtlichen Arbeitgeber durchsetzt, nicht wahr? Schließlich steigen dann die Versicherungsbeiträge, was? Und wenn sie nicht haftbar sind, warum sollte sich dann jemand um eine Kleinigkeit sorgen, wie was aus ihren Arbeitern und deren Kindern wird?«
Van Dort begnügte sich mit einem zustimmenden Nicken, obwohl Terekhovs Vehemenz ihn beunruhigte. Nicht etwa, dass er anderer Meinung war als der Kommandant, aber die ungezügelte Wut − der Hass − in Terekhovs blauen Augen war himmelweit von der gewohnten kühlen Selbstbeherrschung des Manticoraners entfernt, und Van Dort wollte nicht einmal daran denken, was geschehen würde, sollte Aivars Terekhov einen plötzlichen Zusammenbruch erleiden.
Aber so weit kommt es nicht, versicherte er sich. Die Art, wie du dich sorgst, ist vermutlich eher ein Anzeichen für den Druck, unter dem du selbst stehst, sei doch ehrlich. Von allen Menschen, denen du je begegnet bist, ist Aivars doch einer der unwahrscheinlichsten Kandidaten für einen Zusammenbruch. Eigentlich machst du dir um ihn doch solche Sorgen, weil du ihn so sehr magst,
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