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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sah!“
    „Aber fortgewesen seid ihr nicht! Der Vorhang war von draußen verriegelt!“
    „Es ist ein Beweis deines unendlichen Leichtsinnes, daß du die Wege selbst nicht kennst, die zu deinem Versteck führen. Da, schau!“
    Ich entfernte das Gebettuch des Soldaten und steckte es zu mir, um es ihm dann wiederzugeben, deutete auf das nun sichtbare Loch und sagte:
    „Wie lange Zeit kennst du diesen Kerker, ohne zu ahnen, daß grad von ihm aus ein Weg in die Freiheit führt! Ich aber erkannte gleich beim ersten Blick auf den Ziegelmehlhaufen, der hier lag, daß hier eine Gelegenheit zum Entkommen sei!“
    Er starrte in die Ecke, ohne ein Wort hervorzubringen; ich zog meinen Henrystutzen heraus, so daß er ihn sah, und fuhr fort:
    „Dieses Gewehr hatte ich doch nicht bei mir, als ich von euch hierhergeschleppt wurde. Wo kommt es her? Ich muß es mir doch wohl geholt haben! Wenn du jetzt noch zweifelst, so verdienst du für diese deine Dummheit noch mehr Prügel, als wir dir schon zugedacht haben!“
    „Ja Bidadullah – o Ungerechtigkeit Gottes!“ stieß er hervor, weiter nichts. Seine Betroffenheit war so groß, daß er für diesen Augenblick weiter nichts sagen konnte. Ich hielt es für keinen Fehler, ihn noch weiter aufzuklären:
    „Denke auch daran, mit welcher Bestimmtheit ich dir vorausgesagt habe, was geschehen wird! Das konnte ich nur, weil ich vorher wußte, daß ich dieses Gefängnis viel eher, als du ahntest, verlassen würde. Du behauptetest sogar, daß ich seine Schwelle überhaupt niemals wieder überschreiten würde!“
    Da brüllte er endlich auf:
    „Hund! Schwein! Teufel, der du bist! Jetzt wird mir alles klar! Kein Mensch hat dir verraten, was du weißt, sondern du hast alles erlauscht! Aber es soll dir keinen Nutzen bringen, denn ich mache mich los, augenblicklich los und zermalme dich!“
    Er zog die Ellbogen hoch und die Knie an den Leib, krümmte sich zusammen und streckte sich dann mit Anwendung seiner ganzen, ungewöhnlichen Körperkraft wieder aus. Man hörte den prasselnden Stoß, den das gab, aber die Absicht wurde nicht erreicht; die Fesseln hielten fest und verursachten ihm bei dem starken Rucken solche Schmerzen, daß er einen Wehschrei nicht unterdrücken konnte.
    „Bemüh dich nicht; es ist ja doch umsonst!“ sagte ich. „Ich bin im Anlegen von Banden erfahrener als du. Wen ich zusammenschnüre, der kommt nicht ohne meine Erlaubnis wieder los! Und nun sage ich dir meinen Dank für die Bereitwilligkeit, mit welcher du mich, den Unwissenden, über die größten eurer Heimlichkeiten aufgeklärt hast!“
    „Ich weiß nichts davon!“ schrie er mich an.
    „Über die Sillan!“ erklärte ich.
    „Nichts, nichts habe ich gesagt!“
    „Über den Ämir-i-Sillan!“
    „Den gibt es nicht!“
    „Über die Gul-i-Schiraz!“
    „Das ist eine Fabel; die ist gar niemals vorhanden gewesen!“
    „Also auch nicht die Biwä-i-Hakim?“
    „Nein.“
    „Oder die Schems-i-Dschamal?“
    „Nein, nein und tausendmal nein! Das sind ausgesonnene Namen, welche gar keine Bedeutung haben!“
    „So ist wohl auch das Wort Sill nichts anders als nur eine Fabel?“
    „Ja.“
    „Aber die Gegenstände einer Fabel kann man doch nicht sehen!“
    „Du siehst auch nichts!“
    „Doch! Ich sehe etwas, und weil ich es sehe, kann es unmöglich etwas zu einer Fabel Gehörendes sein.“
    „Was?“
    „Den Ring an deiner rechten Hand.“
    Ich sah, daß er erschrak; er nahm sich aber zusammen und antwortete mit freilich nicht ganz gelungenem Lachen:
    „Das ist ein Ring, nichts als ein Ring, ein Ring wie jeder andere Ring!“
    „Wir, nämlich ich und du, wissen das beide besser. Es ist der Ring der Sillan mit den Abzeichen des Ranges, den du unter ihnen einnimmst!“
    „Hund – – –!“
    „Halt!“ unterbrach ich ihn. „Hüte dich vor diesem Wort! Wenn ich es noch einmal höre, so zeige ich dir, wie man einen Hund zu behandeln hat. Merke dir das! Da ich weiß, daß du den Ring in diesem Leben nicht mehr brauchst, so wirst du ihn mir zum Andenken an unser hiesiges Zusammentreffen überlassen.“
    „Ich denke nicht daran!“
    „Das ist auch gar nicht nötig; hier gilt das, was ich denke; deine Gedanken gehen uns nichts an. Gib ihn her.“
    Ich trat zu ihm, um ihm den Ring abzunehmen. Er zog die gefesselten Hände an sich und kreischte mich in höchster Aufregung an:
    „Wage es nicht! Berühre ihn nicht! Ich wehre mich mit aller Kraft!“
    „Pah! Selbst wenn du nicht gebunden wärst, würde ich

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