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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nichts geschehen ist, wodurch die Thar (Blutrache) herausgefordert würde. Wo befindet sich der Raïs mit seinen Leuten?“
    „In der Nähe des Kulluk. Wir haben dort für uns und unsere Pferde ein prächtiges Versteck gefunden, welches man nur schwer entdecken kann.“
    „Und wie kommt es, daß ihr beide euch jetzt so weit von dort entfernt habt?“
    „Wir wollten die Kundschafter beobachten, welche vor einiger Zeit hier vorübergeritten sind.“
    „Kundschafter? Woher wißt ihr denn, daß diese Leute Späher waren?“
    „Wir haben die Dawuhdijehs gestern belauscht. Sie stehen unter der Anführung ihres Scheiks Ismael Beg da unten am Wasser, in einer weiten Krümmung des Tals, wo sie den Angriff der Hamawandi-Kurden erwarten.“
    „Das habt ihr erlauscht?“
    „Ja, Ingdscha und ich. Sie hatten entdeckt, daß Hamawandi-Späher hiergewesen waren, und nun auch Spione zu den Hamawands geschickt. Diese erfuhren, daß die Hamawands dreihundert Mann stark kommen würden. Als sie diese Nachricht brachten, rief Ismael Beg seine Dawuhdijehs zusammen, um die Feinde da unten zu empfangen, und beschloß, heut wieder Boten auszusenden, die ihm das Nahen der dreihundert Hamawands sofort melden sollen. Wir beobachteten heut früh diese Boten, weil wir gern erfahren wollten, nach welcher Richtung sie sich wenden würden.“
    „Warum wolltet ihr das wissen?“
    „Um zu erfahren, wo die Hamawands zu suchen sind. Wir wollten sie warnen, denn weil es uns bisher noch nicht geglückt ist, Marah Durimeh zu befreien, glaubten wir, daß diese Kurden uns aus Dankbarkeit dazu behilflich sein würden. Nun wir aber dich gefunden haben, brauchen wir diese Hilfe nicht.“
    „Und doch wird euch auch dieser Wunsch erfüllt, denn die Krieger, welche ihr hier bei mir seht, gehören zum Stamm der Hamawands. Ich traf sie gestern abend. Sie erzählten mir von ihren gefangenen Genossen. Sie erzählten auch von der alten Frau, welche im Kulluk bewacht werde. Ich vermutete sogleich, daß diese Frau unsere Marah Durimeh sei, und so schlossen wir uns diesen Hamawands an, um nach dem Kulluk zu reiten. So kommt es, daß wir euch hier unterwegs getroffen haben.“
    „Das hat Gott geschickt, Effendi, und nun du bei uns bist, sind wir überzeugt, daß Marah Durimeh den Turm sehr bald verlassen wird. Wie sehr, wie unaussprechlich werden sich unsere Krieger freuen, wenn sie dich und Hadschi Halef Omar sehen! Sie werden fast gar nicht glauben können, daß ihr es wirklich seid! Sollen wir euch jetzt zu ihnen führen?“
    „Ja; ich bitte euch darum. Hoffentlich ist die Gegend, durch welche wir kommen werden, sicher?“
    „Es steht nicht zu erwarten, daß wir einem Dawuhdijeh begegnen werden.“
    „Dennoch wollen wir vorsichtig sein. Kennt Ingdscha den Weg ebenso wie du?“
    „Ja.“
    „So mag sie bei uns bleiben, um uns zu führen; du aber gehst allein voran, um uns zu warnen, falls du jemanden sehen solltest.“
    „Das wird das beste sein, Effendi. So werden wir es machen.“
    Sie schüttete die Körbe aus, setzte sie ineinander, nahm sie auf den Rücken und machte sich zunächst flußabwärts auf den Weg. Einer der Hamawands stieg ab und bot Ingdscha sein Pferd an. Sie ging auf dieses höfliche Anerbieten ein, und dann folgten wir der lieben Petersilie.
    Der Weg bot nur für zwei Pferde nebeneinander Platz. Ich richtete es so ein, daß Ingdscha sich an meiner Seite befand. Sie hatte sich bis jetzt vollständig schweigsam verhalten; jetzt zog ich sie in ein Gespräch, welches aber leider nicht so lebhaften Fortgang nahm, wie ich es wünschte. Sie verhielt sich sehr einsilbig; es schien ihr lieber zu sein, wenn sie ganz still bleiben könne, und so hatte ich nichts dagegen, daß, als sie einmal wegen einer schmalen Terrainstelle zurückblieb und nicht gleich wieder vorrückte, Halef sich an ihre Stelle setzte. Der liebe Kleine platzte fast vor Begierde, mir die Freude seines Herzens über diese unerwartete Begegnung auszuschütten. Er tat es in einer solchen Weise, daß er fast ganz allein die Kosten der Unterhaltung trug, eine Genugtuung für ihn, die ich ihm gönnte.
    Inzwischen hatte Ingdscha uns aufgefordert, abzusteigen, weil sie uns über einen Berg zu leiten habe, jenseits dessen wir dann wieder guten Weg finden würden. Wir mußten also die Pferde führen. Es ging stellenweise so steil hinan, daß wir und die Tiere sehr oft ins Rutschen kamen, doch als wir die Höhe erreicht hatten, wurde es besser, denn sie senkte sich jenseits nur

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