21 - Im Reiche des silbernen Löwen II
Spaß machte.
„Ja, ein Baumeister“, nickte ich wichtig.
„Soll etwa hier etwas gebaut werden?“
„Ja.“
„Was?“
„Ein Gefängnis.“
„Wirklich? Ein Gefängnis? Für wen?“
„Für den Hauptmann, für den Mülasim und seine Soldaten und für die Dawuhdijehs, die sich im Kulluk befinden.“
„Das wären ja zusammen gegen fünfzig Personen!“
„Allerdings. Du siehst, welch eine Menge von Steinen es hier gibt, große und kleine. Es wird genügen, wenn sie recht fest und passend aufeinandergelegt werden; auf Mörtel müssen wir verzichten. Das Gefängnis muß fünfzig Personen fassen und bis morgen vormittag, womöglich aber schon heut abend fertig sein. Die Männer hier werden dir alle helfen. Den Plan zu diesem Gebäude mußt du selbst entwerfen; ich habe leider keine Zeit dazu.“
Da fiel er schnell ein:
„Und wenn du Zeit hättest, Sihdi, so würde ich es nicht dulden, daß du mir ins Handwerk pfuschest. Ich sage dir, daß du meine Begabung für die Kunst des Gefängnisbauens ganz richtig erkannt hast. Ich werde ein Gebäude errichten, über dessen Vortrefflichkeit du staunen wirst. Soll es auch geheizt werden?“
„Ja.“
„Das erhöht zwar die Schwierigkeit bedeutend, doch sollst du mit mir zufrieden sein. Ich werde einen Feuerherd errichten und eine Esse darüber bauen. Aus was aber soll das Dach dieses großen Gefängnispalastes bestehen?“
„Das zu bestimmen überlasse ich dir, denn du bist der Baumeister, dem ich keine Vorschriften zu machen habe.“
„Da hast du recht, sehr recht, Sihdi. Ich werde mir von keinem Menschen in diese hochwichtige Angelegenheit sprechen lassen, sondern nur die Vorzüge meines eigenen Geistes in Bewegung setzen. Hast du sonst noch einen Wunsch?“
„Nur den einen, daß alles so leise wie möglich vor sich gehen möge. Die Bewohner des Kulluk, welcher ganz in der Nähe liegt, dürfen nicht das geringste Geräusch hören!“
„Das ist ja selbstverständlich. Wir werden so leise machen, daß wir selbst nichts davon hören. Verlaß dich nur ganz auf mich! Du wirst wohl inzwischen abwesend sein?“
„Ja, denn ich reite nach dem Turm, denke aber, daß du mich nicht brauchen wirst. Du ersiehst hieraus, lieber Halef, was für ein großes Vertrauen ich in dich setze!“
„Das kannst du auch; jawohl das kannst du auch! Du ahnst gar nicht, was für bedeutende und erhabene Ideen diese Aufgabe schon jetzt in meinem Kopf geboren hat! Ich muß mich mit ihnen beschäftigen, muß sie in Ordnung bringen. Erlaube also, daß ich die Einsamkeit aufsuche, denn nur in der Abgeschiedenheit von der gewöhnlichen Weltbevölkerung können die erhabenen Werke der Kunst und Meisterschaft entstehen!“
Er ging fort und wandelte dann rastlos unter fernen Bäumen hin und her, vollständig ahnungslos, daß ich ihn nur, um ihn unschädlich zu machen, in einen Architekten verwandelt hatte. Er sollte sich gar nicht um den Turm bekümmern können. Nun ich mich seiner entledigt hatte, konnte ich zu dem Hauptmann gehen.
„Ich verlange, losgemacht zu werden!“ zürnte mich dieser an. „Ihr werdet es bereuen, euch an mir vergriffen zu haben!“
„Sei bescheiden!“ warnte ich ihn. „Mit Drohungen hast du bei uns keinen Erfolg! Denkst du denn, wir durchschauen dich nicht? Du bist gar nicht der, für den du dich ausgibst. Ein Offizier, welcher von dem Pascha zu den Dawuhdijehs gesandt wird, ist nicht so dumm, sie ins Gesicht hinein Räuber zu nennen.“
„Ich kein Offizier? Was fällt dir ein! Greif in die Tasche meiner linken Brust, so wirst du den schriftlichen Befehl des Kaimakam mit meinem Namen und meiner Charge finden!“
Ich tat natürlich, was er wollte, denn das hatte ich eben auch gewollt. Der Befehl war offen; ich konnte ihn lesen, ohne ihn aufbrechen zu müssen. Er hätte für mein Vorhaben gar nicht besser abgefaßt sein können. Weiter wollte ich mit dem Mann nun persönlich nichts mehr zu tun haben; ich sagte dem Raïs, was ich wollte. Der Offizier wurde seitwärts geschafft, wo er sich entkleiden mußte; dann hatte er sich mit seinem Mantel zu begnügen. Er machte einen Heidenlärm, um den ich mich aber nicht kümmerte. Seinem Namen nach war er ein Arnaute; ich brauchte also in Rücksicht auf sein offizierliches Ehrgefühl nicht allzu zart mit ihm zu verfahren. Die Arnauten, besonders die nach dem Irak versetzten, sind stets rohe, gewalttätige Menschen, und daß er zu dieser Kategorie gehörte, hatte er ja bewiesen!
Als ich dann in seinem Anzug
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