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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Decken, nähren, die von dem Saft der Toten ganz durchtränkt worden sind und darum nun diesen pestilenzialischen Gestank verursachen.“
    „Eine größere Dummheit kann es gar nicht geben!“
    „Es ist keine Dummheit, Halef. Da ihr Tun und Treiben jedenfalls das Licht des Tages zu scheuen hat, brauchen sie Beleuchtung und müssen dann später alles vernichten, was zu ihrer Entdeckung führen könnte; beide Zwecke erreichten sie dadurch, daß sie die Särge verbrennen. Wie sie diesen unerhörten Gestank aushalten können, ist mir fast unbegreiflich. Du mußt bedenken, daß sie sich in der unmittelbaren Nähe der Gestankesquellen befinden, während wir mit dem Wind kommen und jetzt also nur einen geringen Teil der Seligkeit genießen, welche dort bei ihnen auf uns wartet.“
    „Ich möchte den Euphrat voller Tränen weinen, denn das Herz wird mir schwerer, als alle hiesigen Schutt- und Trümmerhaufen wiegen; aber kein Mensch kann dem, was vor ihm liegt, entgehen, und so wollen wir den ganzen Mut der Seele und alle verfügbaren Kräfte des Geistes zusammennehmen und dieser zehntausendfachen Hölle der Teufelsdüfte entgegengehen. Komm!“
    Er wollte voran; ich aber schob ihn hinter mich und sagte:
    „Du hast mir zu folgen und nichts, aber auch gar nichts zu tun, was ich dir nicht erlaube; merke dir das!“
    „Warum bist du plötzlich so streng, Effendi?“
    „Weil du zu hitzig vorwärts willst. Diese unbedachtsame Schnellfertigkeit muß ich mir verbitten! Ich bin geschickter und erfahrener als du, und wenn du dich nicht ganz genau nach mir richtest, stehe ich für nichts. Wir dürfen uns nicht sehen lassen und müssen also Deckung suchen; wir schleichen uns hier links ins Trümmer-Warr hinein und folgen ihm, bis wir die Feuer erreicht haben. Jetzt komm!“
    Es lagen zahlreiche und verschieden große Mauerbrocken umher, bestehend aus Ziegelsteinen, welche von dem Erdpechkitt noch fest zusammengehalten wurden; man konnte sich recht gut hinter ihnen verstecken. Bald gehend oder springend, bald schlüpfend, schleichend oder kriechend, bewegten wir uns vorwärts, rechts von uns die dunkle, offene Wüste und links die drohenden Gigantenreste des Babelturms, an dessen Fuß die herabgestürzten Mauerstücke bald haushoch, bald noch höher lagen. Zwischen solchen Bruchstücken brannten die Feuer; es waren drei, denen wir bald so nahe kamen, daß wir die sich dort bewegenden Gestalten deutlich erkennen konnten. Freilich nahm, je weiter wir vorwärts kamen, die Unerträglichkeit des Gestanks zu, und als wir endlich so nahe waren, daß wir jedes Wort, welches gesprochen wurde, deutlich verstehen konnten, war sie so groß, daß ich das Gefühl hatte, als ob mein Innerstes sich umkehren und alle meine Eingeweide nach außen befördern wolle. Ich mußte wirklich alle, aber auch alle Kraft aufbieten, um eine gewaltsame und überlaute Eruption des Ekels, welcher in mir arbeitete, zu verhüten.
    Glücklicherweise trieb der Wind den dicken Qualm, der sich bei ruhiger Luft auf uns gelagert hätte, fort; dennoch hatten die sich beim unsteten Schein der flackernden Feuer hin und her bewegenden Gestalten das Aussehen von Teufeln, welche die Seelen Abgeschiedener aus den Särgen holten, um sie der Hölle einzuverleiben. Denn es waren wirklich Särge, welche einer nach dem anderen geöffnet oder vielmehr aufgesprengt oder aufgerissen wurden; es waren lange, mumienartige Packe, welche aufgewickelt wurden, um zu den Leichen zu kommen, die darin staken. Ich zählte über dreißig Männer, welche bei dieser fürchterlichen Arbeit beschäftigt waren und sie in einer Weise ausführten, welche erkennen ließ, daß sie darin große Übung besaßen. Das Holz der Särge wurde zertreten, um als Feuerungsmaterial zu dienen; die Decken und Matten, welche als Umhüllungen der Leichen nun ihren Zweck erfüllt hatten, gingen denselben Weg.
    Das Schrecklichste, was sich dem Auge bot, war der Zustand, in welchem sich die Leichen befanden. Ja, wenn sie fest und hart wie Mumien gewesen wären, so hätte das, was ich sah, vielleicht nur meine geistige und nicht auch meine körperliche Konstitution empört; aber die Überreste bildeten, von den Knochen abgesehen, eine teils halb, teils ganz flüssige Masse, welche – – doch es ist besser, ich schweige!
    Es ist nicht zu sagen, in welcher Weise diese Kerls mit den Menschenresten, welche doch für Kerbela oder Nedschef Ali bestimmt waren, umgingen. Die Skeletteile flogen nur so hin und her; sie sollten, wie

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