Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
schon, leider! Wie gern hätte ich diesen beiden Schurken hier die Qualen ausgemalt, mit denen wir sie beglücken werden! Nun müssen wir sie fortschicken, weil uns die Seichtigkeit des Kanals zwingt, die Kelleks zu teilen und die Särge umzuladen. Diese Arbeit darf keinen Augenblick aufgehoben werden, wenn bis zum Tagesanbruch alles im Machzan (Magazin) untergebracht sein soll. Der Bote muß sofort aufbrechen, um den Säfir zu benachrichtigen. Es muß noch einer mit, weil er diese Gefangenen mitzunehmen hat!“
    Nach diesen in hastiger Weise gemachten Bemerkungen stellte er sich an das Wasser und pfiff auch dreimal. Es wurde mit demselben Zeichen erwidert, und dann wurden einige lange und schwer beladene Kelleks herbeigerudert und an dem Ufer befestigt. Da die Aufmerksamkeit aller auf diese Flöße gerichtet und also von uns abgelenkt war, glaubte Halef die Gelegenheit wahrnehmen zu müssen, sich mit mir zu verständigen. Er sagte:
    „Ich kann nicht dafür, Sihdi! Nicht ich bin schuld, sondern es stand im Buch des Geschickes verzeichnet, daß wir Gefangene dieser Leute werden sollten. Denkst du, daß es uns möglich sein wird, wieder loszukommen?“
    „Nur dann, wenn du jetzt schweigst. Wir dürfen uns kein Wort entgehen lassen. Wahrscheinlich hören wir Dinge, welche uns zustatten kommen werden.“
    „Oh, man wird so klug sein, nichts zu sagen, was uns Nutzen bringen kann!“
    „Wenn wir auch nichts Direktes erfahren, so können doch Worte fallen, aus denen, wenn wir sie richtig zusammensetzen, günstige Schlüsse zu ziehen sind. Sei also jetzt ganz still! Und wenn der Pädär noch mit uns spricht und wir ihm antworten müssen, so überlaß das mir, denn in unserer Lage kann das kleinste Wort von der größten Bedeutung sein!“
    Als das erste Floß angelegt worden war, sprang ein Mann von demselben zu dem Pädär herüber und sagte:
    „Du bist selbst da? Das ist ein gutes Zeichen. Es ist alles nach Wunsch abgelaufen?“
    „Ja. Eure erste Abteilung ist gestern glücklich angekommen, und die Ladung wurde richtig untergebracht. Wenn wir heut bis zum Anbruch des Tages fertig werden, ist auch für eure Waren nichts zu besorgen. Wir müssen also augenblicklich mit der Arbeit beginnen.“
    „Wen habt ihr denn hier liegen? Zwei gefesselte Menschen! Also Gefangene, Leute, die uns gefährlich sind?“
    „Ja; ein christlicher und ein sunnitischer Hund, die wir in die Dschehennah schicken werden. Ich erzähle dir das nachher; jetzt haben wir keine Zeit, davon zu sprechen. Ich lasse sie sofort zum Säfir bringen, der sie einstweilen, bis wir mit diesem Transport fertig sind, in das Zindan (Gefängnis) des Nimrud sperren wird.“
    Der Neuangekommene wendete sich seinem Floß wieder zu. Der Pädär winkte zwei Männer zu sich und sprach so leise mit ihnen, daß ich nichts hören konnte; seine Blicke und Gesten sagten mir aber, daß die Weisungen, welche er ihnen erteilte, unsere Personen betrafen. Dann kam er zu uns, gab mir einen Tritt an den Leib und sagte:
    „Für jetzt muß ich mich leider von euch trennen; aber laß es dir ja nicht einfallen, daraus auch nur die geringste Hoffnung für euch zu schöpfen! Ich komme nach, und dann rechne ich mit euch ab. Es gibt kein Wort des Schreckens, welches ausreichend wäre, das zu beschreiben, was wir mit euch vornehmen werden. Der Teufel sei euer Wächter, bis ich euch wiedersehe!“
    „Er wird es besser mit uns meinen, als du; darauf gebe ich dir mein Wort!“ antwortete ich.
    „Willst du mir etwa drohen, räudiges Hundefell?“
    „Was ich sage, ist keine leere Drohung, sondern es geschieht. Nicht du wirst mit uns, sondern wir werden mit euch abrechnen, sobald du es wagst, uns wieder vor die Augen zu treten. Mach dich gefaßt darauf!“
    Er stieß einen Fluch aus, versetzte mir noch einen sehr kräftigen Fußtritt und gab dann seinen Leuten einen auf uns bezüglichen Wink. Wir wurden angefaßt und nach der Binsenfähre getragen, in welcher man uns nebeneinander legte. Die beiden Männer, denen er vorhin seine Befehle erteilt hatte, stiegen zu uns herein, lösten die Fähre von dem Ufer und griffen zu den Rudern, um vom Land zu stoßen. Das Fahrzeug setzte sich in Bewegung.
    Die geflochtenen Ränder der Fähre waren so hoch, daß wir nicht über sie hinwegblicken konnten. Wir sahen ein Stück Himmel über uns, weiter nichts. Die Bewegungen des leichten Fahrzeuges waren sanft und gleichmäßig; man merkte, daß unsre Wächter große Übung in der Führung eines solchen

Weitere Kostenlose Bücher