2110 - Der Gute Geist von Wassermal
gewesen war. Aber vom Typ her wirkte sie wie eine Akonin: etwa 1,70 Meter groß, schlank und durchtrainiert, von edler Gestalt, mit samtbrauner Haut mit goldfarbenem Schimmer, mit kupferrotem Haar und tiefschwarzen Augen.
Kurzum: eine Göttin!
Besinne dich! Du idealisierst, weil du dir ein Wiedersehen mit Iruna wünschst!
Mit jeder Faser meines Herzens!
Deshalb sieht sie ihr verblüffend ähnlich.
Ich begriff weder die offene noch die versteckte Bedeutung seiner Behauptung, weil jedes Neuron in mir völlig in den Bann der übernatürlichen Erscheinung gezogen wurde, die auf Sershan und mich zukam. Obwohl ich ihre Schrittgeräusche hörte, schien es mir, als schwebte sie über den Kiesboden dahin.
Und ewig lockt das Weib!, zitierte mein Extrasinn mit unüberhörbarem Sarkasmus.
Ich winkte innerlich ab - und vergaß es wieder.
Denn die Göttin war schon ganz nahe gekommen. Vor Sershan und mir blieb sie stehen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Sershan beinahe vor Verzückung dahinschmolz.
Was bildet dieser abgehalfterte Veteran sich bloß ein? Er kann mir ja nicht im Entferntesten das Wasser reichen.
Er reagiert genauso wie du, du hirnloser Narr!, spottete mein Extrasinn.
Schweig!, brauste ich auf.
Die Göttin blieb stehen, ihre Lippen umspielte die Andeutung eines Lächelns - und sie musterte uns beide so intensiv, dass ich mir gläsern und völlig durchschaubar vorkam.
Ebenso gleichzeitig brannten bei mir alle Sicherungen durch. Diese Frau war die Verkörperung aller Weiblichkeit des Universums. Ihre Ausstrahlungskraft war einfach überwältigend. Das Verlangen packte mich mit vehementer Gewalt. Es erfasste jede einzelne Zelle meines Körpers.
Ich stöhnte vor Schmerz.
Vor Begierde, du Narr!
Dieser stupide Extrasinn! Er wusste nichts von der köstlichen Reinheit der Gefühle. Die ganze Erziehung und Schulung, der man mich auf der Prüfungswelt Largamenia unterzogen hatte, war doch nichts anderes gewesen als die eitle Essenz der arkonidischen Dekadenz und Degeneration - und diese geistige Vergewaltigung hatte ihren morbiden Höhepunkt in der Aktivierung des so genannten Extrasinns gefunden. Fort, fort mit dir! Endlich bin ich aus deiner kastrierenden Vormundschaft erwacht!
Meine Göttin lächelte lasziv. Ich gehöre dir!
„Mein Name ist Tagira", sagte sie mit rauchiger Stimme. „Ich heiße euch willkommen. Ihr seid hier, weil ich mich vermählen will - noch heute und mit demjenigen von euch, dem es gelingt, mich zu gewinnen. Ihm werde ich gehören ..."
Mir wirst du gehören!
Tagira drehte sich um und strebte den Serpentinenweg hinauf.
Wie anmutig sie sich bewegte.
Wie sie beinahe lautlos dahinglitt - dahinschwebte.
Ich stand nur da und vermochte kein Glied zu rühren. Die Zeit stand still - oder sie lief für die Göttin schneller ab als für Sershan und mich. Vielleicht lag es daran, dass mein Gehirn erstarrt war.
Irgendwann erreichte sie die große Mauer in halber Höhe des Berges - und verschwand. Erst da erwachte ich aus meiner Starre. Mir war heiß. Ich war schweißgebadet, und meine Augen schwammen im Sekret der Erregung.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich mich darauf besonnen hatte, was zu tun war, dann aber war ich hellwach - und felsenfest entschlossen, Tagira einzuholen und für mich zu erobern ...
*
Als der Kies rieben mir knirschte, fiel die Starre von mir ab.
Ich wirbelte herum - und blickte in die goldfarbenen Augen von Sershan Contagi Peiragon.
Da bemerkte ich, dass mich der ehemalige Krieger grimmig anstarrte. Das alabasterfarbene Gesicht war zu einer entschlossenen, ja feindseligen Miene verzogen.
Komm zu dir, du Narr!, ermahnte mich mein Extrasinn. Du bist nicht mehr du selbst. Eine fremde Macht hat dich in ihren suggestiven Griff genommen.
Ich hob trotzig die Fäuste.
Du begreifst nicht, dass die Macht der Liebe stärker ist als alle anderen Faktoren des Universums!, gab ich zurück. Denn du bist unfähig, Liebe zu empfinden. Mit kalter Logik wirst du dieses Phänomen niemals begreifen. Also versuch nicht länger, mich zu bevormunden!
Ich hatte eine heftige Erwiderung meines Extrasinns erwartet, aber er schwieg nicht nur, sondern blockierte den Kontakt zwischen uns. Das war auch besser so, denn ich musste mich jetzt sofort auf das einzige Ziel konzentrieren, das ich noch hatte.
Als Sershan herumfuhr und mit erstaunlicher Leichtfüßigkeit den Kiesweg hinaufstürmte, wurde mir klar, dass er mir durch sein geringeres Körpergewicht und durch seine
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