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2118 - Quintatha

Titel: 2118 - Quintatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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verlängert, Steuermann!", rief er über die Schulter zurück.
    Tränen schossen in Aufmars Augen. Halb blind stolperte er hinter seinem Herrn her.
    Ich war so knapp dran, so knapp ... Selbst wenn der Kalfakter die Natter mit einem seiner rhetorischen Tricks noch im letzten Moment hätte abstoppen können - nach zehn, maximal zwanzig Sekunden wäre seine Redezeit verbraucht gewesen. Dann hätte er keine Möglichkeit mehr gehabt, dem Biss zu entkommen. Ich hätte den Kalfakter geschlagen, den Champion, den Weltmeister!
    Und, viel wichtiger noch - mit dem Wettgewinn hätte ich endlich meine Leibschuld bei Shirka abzahlen, mich freikaufen können. Als Freier Mann ginge ich jetzt bereits durch Hellmock!
    Aufmar ballte die Hände, verzog das Gesicht zu einem lautlosen Schrei. Er war verzweifelt genug, sich auf der Stelle ins Meer zu stürzen.
    Doch das hätte nichts gebracht.
    Er konnte viel zu gut schwimmen.
     
    *
     
    Nach der letzten Fahrt hatte Shirka die SIRIOS am äußersten Rand der schwimmenden Stadt vertäuen lassen, bei den gewaltigen Schlachtschiffen, in denen Tag und Nacht die gefangenen Titanen ausgeweidet wurden. Gestank und Lärm nahm er gern in Kauf, desgleichen den fetten, schwarzbraunen Ruß, den die Sturmwinde von den Schloten herüberwehten. Dafür war die Liegegebühr hier die billigste von ganz Hellmock.
    Er wusste, dass seine Mannschaft ihn deswegen hasste, speziell die jungen Matrosen, die an ihren ohnehin seltenen freien Abenden die weite Strecke ins Stadtzentrum und zurück auf sich nehmen mussten.
    Ha! Natürlich hassen sie mich - genau wie auch ich vor langer Zeit meinen Kapitän gehasst habe.
    Shirka presste die Lippen zusammen und klopfte im Gehen spielerisch auf die Peitsche an seiner Hüfte.
    Hass war gut. Jeder benötigte einen Älteren, Größeren, Mächtigeren, den er hassen, an dem er sich reiben konnte. So war es immer gewesen, so würde es immer sein, solange Quintatha bestand.
    Das letzte Stück ihres Weges bildeten schwankende Pontons, über die dünne, rostige Bleche gelegt worden waren. Vor dem Glühen der beginnenden Morgendämmerung hob sich der kühn geschwungene Bug der SIRIOS ab wie der Schattenriss einer Sichel.
    Shirka holte das Funkgerät aus einer Tasche seines Umhangs. Die Wache meldete sich erfreulich rasch.
    „Strickleiter!", befahl Shirka und schaltete sofort wieder ab. Batterien waren teuer. „Und du, Steuermann, keuch nicht so erbärmlich! Oder hast du allen Atem für deine philosophischen Spiegelfechtereien verbraucht?"
    Aufmar, dieser Schwätzer, antwortete nicht. Auch recht. Leichtfüßig kletterte Shirka hoch. Die Bordwand vibrierte, ein Zeichen, dass der Motor der Halbraumbark lief. Shirka schwang sich über die Reling.
    Sein Erster Offizier erwartete ihn vor dem Steuerhaus. „Meldung!", bellte Shirka.
    „Keine besonderen Vorkommnisse, Kapitän!"
    „Das will ich euch auch geraten haben. Lass die Mannschaft in Bereitschaft versetzen! In einer Stunde laufen wir aus."
    „Aber..."
    „Was aber?"
    „Kapitän, wir - wir haben noch nicht einmal die Hälfte des Proviants an Bord genommen! Auch die Treibstofftanks sind erst zu zwei Dritteln gefüllt. Wir müssen noch mindestens eine Lieferung ..."
    Shirka trat so nahe an den Ersten heran, dass er dessen Furcht riechen konnte. „Höre ich da, mein lieber Merad", sagte er weich, „gerade den Ansatz einer Befehlsverweigerung? Auf die im besten Fall zwei, im schlechtesten fünf Jahre zusätzlicher Leibschuld stehen? Oder sollte es doch nur der Schrei eines verirrten Flughummers gewesen sein?"
    „Letzteres, Kapitän, Letzteres", versicherte der Erste Offizier hastig. „Ein Flughummer, ganz wie du sagtest, Kapitän Shirka."
    „Shirka was?"
    „Shirka der Rächer, Kapitän."
    Ein Lächeln spielte um Shirkas Mund, als er Merad, dem Feigling, gönnerhaft auf die Schulter klopfte. „Dann ist ja alles gut", sagte er. „Danke, Erster, du darfst wieder an deine Arbeit gehen."
     
    *
     
    Als die SIRIOS ablegte, stand Shirka weder auf der Kommandobrücke noch im Steuerhaus. Er vertraute Merad und Aufmar blind, wie auch dem Rest seiner Besatzung. Hass schmiedete ein viel festeres Band als Sympathie.
    In diesem besonderen Moment ertrug er kein Dach über sich. Er lehnte ganz vorn am Bug, während seine Bark Fahrt aufnahm, drehte dem Deck, der Mannschaft, der Stadt Hellmock den Rücken zu.
    Die Hände auf die Harpune gestützt, blickte Shirka der Rächer hinaus aufs Meer.
    Der Ozean lag trügerisch still, rotgolden

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