2123 - Wahnzeit
Kern dieser Loge. Sie kannten einander alle bei den richtigen Namen, aber wenn sie einander in der Öffentlichkeit begegneten, dann ignorierten sie einander. In der Loge waren sie eine verschworene Gemeinschaft. Doch selbst wenn sie unter sich waren, nannten sie sich nicht bei ihren richtigen Namen, sondern benutzten Decknamen.
Es gab keinen besonderen Anlass für dieses Treffen. Es war eine routinemäßige Zusammenkunft, bei der die allgemeine Situation diskutiert wurde. Wenn brauchbare Vorschläge für Veränderungen kamen, leitete sie der anwesende Offizier an die nächsthöhere Instanz weiter.
Dienst habender Offizier dieser Loge war Leutnant Te-Kotto, der seinen richtigen Namen selbst nicht kannte, weil er in einem Kinderdorf der Koshy-Shyna erzogen und ausgebildet worden war. Das „Te" in seinem Namen war die Bezeichnung für Nacht.
Die Gespräche plätscherten dahin, bis Tarro das Wort ergriff. Diesen Tarnnamen hatte der Händler Gonnaron gewählt, der sein Vermögen mit dem Verschieben „heißer" Ware machte und damit die Koshy-Shyna finanzierte.
„Es gibt Anzeichen dafür, dass Prinzenkrieger Soner einen Schlag gegen uns vorbereitet", sagte er.
„Hat sich das Quartier auf eine solche Eventualität vorbereitet?"
„Solche Gerüchte gibt es immer", versetzte Leutnant Te-Kotto spöttisch. „Es hat sie zu allen Zeiten gegeben und wird sie geben, solange es Prinzenkrieger gibt."
„Aber diesmal scheint etwas daran zu sein", beharrte Tarro. „Die Assassinen haben in letzter Zeit beängstigende Aktivitäten entwickelt."
„Darüber weiß man im Quartier Bescheid", sagte Te-Kotto mit dem gleichen Spott. „Man geht davon aus, dass Soner letztlich stillhalten wird, um seine Position nicht zu gefährden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es besser ist, das schlafende Ungeheuer mit den sechzehn Köpfen nicht zu wecken. Soner ist klug genug, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen."
„Man sagt aber, dass Prinzenkrieger Soner ein Gerechtigkeitsfanatiker ist und uns lieber heute als morgen ausgetilgt sähe", beharrte Tarro.
Te-Kotto kam nicht mehr dazu, dem ängstlichen Händler die passende Antwort zu geben. Denn in diesem Moment gellte der Alarm.
Die Mitglieder der Loge wussten, was sie im Alarmfall zu tun hatten. Sie wollten in alle Richtungen davoneilen und sich über die ihnen zugewiesenen Geheimgänge absetzen. Doch diese wurden ihnen von den Assassinen des Prinzenkriegers versperrt.
Die Krieger unter den Fliehenden fanden jedoch einen raschen Tod, als sie sich gegen die Assassinen stellten. Leutnant Te-Kotto erkannte sofort die Aussichtslosigkeit der Lage. Und ihm war auch klar, dass einige unter den Logenmitgliedern waren, die dem Vehör der Assassinen nicht standhalten und zu Verrätern werden würden. Es gab zwar keine Träger großer Geheimnisse unter ihnen, aber es war dennoch besser, wenn sie den Assassinen nicht in die Hände fielen.
Leutnant Te-Kotto tat das Einzige, was er angesichts der Ausweglosigkeit ihrer Lage tun konnte: Er zündete die Bombe, die er an seinem Körper trug und deren Sprengkraft das Gewölbe mitsamt allen darin befindlichen Soldaten und Assassinen vernichtete.
*
Die Assassinen des Prinzenkriegers schlugen an allen Einsatzorten gleichzeitig zu, um die Koshy-Shyna nicht zu warnen. Darum konnten sie nicht an allen Orten den günstigsten Zeitpunkt wählen, um möglichst effizient vorgehen zu können.
Die ganze Aktion war auf das Quartier abgestimmt, dessen Standort man kannte. Als es Hinweise dafür gab, dass einer der Köpfe der Koshy-Shyna sich unter dem Kristall von Kundi aufhalten würde, gab Prinzenkrieger Soner Zeichen zum Angriff.
Die Assassinen warteten bis zum Einbruch der Nacht, bis keine Touristen mehr den großen Platz um den Kristall von Kundi bevölkerten. Das Risiko, Hunderte Unschuldige zu gefährden, wollte der Prinzenkrieger nicht eingehen.
Als der Platz um den Kristall von Kundi leer und das Planetarium geschlossen war, kam der Angriff der Assassinen. Sie drangen lautlos durch die bekannten Geheimgänge vor, seilten sich gleichzeitig durch die getarnten Antigravschächte ab.
Trotz aller Vorsicht schlugen die Alarmanlagen des Quartiers an. Beim Vordringen kamen den Kämpfern des Prinzenkriegers die ersten Soldaten der Koshy-Shyna entgegen. Die meisten von ihnen fielen im Feuer der Assassinen, einige wenige konnten verwundet gefangen genommen werden. Als die Assassinen in das Hauptquartier eindrangen, stießen sie nur auf ein
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