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215 - Die Macht des Sehers

215 - Die Macht des Sehers

Titel: 215 - Die Macht des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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de Rozier zornig, weil sein Gast gleich zwei Hofbeamte eingeweiht hatte.
    Matt hatte nichts gegen einen Streit unter vernünftigen Männern. Zorn sorgte im Allgemeinen dafür, dass die Fakten auf den Tisch kamen. Er konnte nur hoffen, dass de Rozier auch vernünftig war.
    »Wir sind enttäuscht!«, empfing ihn der Kaiser, und allein schon die höfische Ansprache ließ Matt nichts Gutes ahnen.
    »Wie konntet Ihr Unsere Gastfreundschaft auf diese Weise missbrauchen?« Erregt tigerte de Rozier vor der noch nicht gedeckten Frühstückstafel auf und ab. »Wir vertrauen Euch intime Details Unseres Lebenslaufes an, und Ihr hattet nichts Besseres zu tun, als sie an die große Glocke zu hängen!« Seine Augen loderten, sein Blick war grimmig. »Wir sind enttäuscht, Monsieur, vraiment beaucoup enttäuscht!«
    Bevor Matt sich verteidigen konnte, ergriff de Fouché das Wort: »Ich bitte Euch vielmals, kaiserliche Excellenz!«, sagte er und schlug einen beleidigten Unterton an. »An die große Glocke? Monsieur Drax hat diese so enorm wichtige Information ausschließlich Euren engsten Vertrauten unter dem Siegel äußerster Verschwiegenheit anvertraut! Eurem loyalen Kriegsminister und eurem verschwiegenen Schutzengel – wenn ich die verehrte Tala einmal so nennen darf!«
    »Es geht um Euer Leben, Excellenz!«, sagte Tala. »Einzig deswegen hat Monsieur Drax diesen Schritt unternommen, und er hat richtig gehandelt, wenn Ihr erlaubt, dass ich meine Meinung äußere!«
    Der Kaiser ließ sich in seinen Speisesessel fallen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Es war nicht Recht, non, es war nicht Recht!« Er mied den Blickkontakt mit dem blonden Mann aus der Vergangenheit.
    »Glauben Sie mir, Majestät – es ist aus mit Ihnen, wenn wir nicht sofort etwas unternehmen«, beschwor ihn Matt.
    »Bitte, Euer Excellenz! Denkt an Euer Volk, denkt an Euer Reich!« De Fouché gestikulierte flehend. »Euer Volk braucht Euch! Das Reich braucht euch!« Mit Engelszungen redete der Kriegsminister auf seinen Kaiser ein. Tala unterstützte ihn mit vielen guten Argumenten, und auch Matt hielt nicht hinter dem Berg mit seiner Meinung.
    Angesichts der brennenden Sorge seiner engsten Vertrauten konnte de Rozier gar nicht anders, als sich deren Sorgen und Beschwörungen zu öffnen.
    »Seit fast fünfzig Jahren schaut Uns dasselbe Gesicht aus dem Spiegel an.« Der Kaiser seufzte. »Wir waren überzeugt, dass Gottes Gnade Uns dieses lange Leben gewährt hat. Und dass er allein es auch beenden sollte. Und nun… soll ein rai mysterieux dafür verantwortlich sein, ein Zeitstahl von einem anderen Planeten?«
    Damit offenbarte er endlich den Grund, warum er bislang nicht auf Matts Warnung eingegangen war: Er hatte sein Leben schon vor langer Zeit in Gottes Hände gelegt. Dass er sein Schicksal nun selbst bestimmen sollte, erfüllte ihn mit Unbehagen, vielleicht sogar mit Angst.
    »Es liegt an Ihnen«, sagte Matt. »Sie sind ein Mann der Wissenschaften. Sie sollten erkennen, dass Ihr Zeitsprung keinen höheren Mächten zu verdanken ist, sondern einem physikalischen Phänomen. Bin ich selbst nicht Beweis genug? Mich hat jedenfalls nicht Gottes Hand in die Zukunft versetzt.«
    Matt Drax befürchtete schon, dass er zu weit gegangen wäre und de Rozier ihm Gotteslästerung vorwerfen würde, aber zu seiner Erleichterung gab der Kaiser nun endlich nach, und Matt atmete innerlich auf.
    »Alors, dann soll es so sein«, sagte der Kaiser. »Fliegen Wir also über das Meer, wenn dies Unser Schicksal abwendet.« Er wandte sich an Matt Drax und streckte Arm und Zeigefinger nach ihm aus. »Aber eines habe ich noch nicht verstanden – wie wollen wir den Zeitstrahl finden? Die Wasserflächen der Erde sind schier unendlich, und nach meiner Erinnerung kann man den Strahl erst aus der Nähe wahrnehmen.«
    »Das ist richtig, Majestät«, räumte Matt Drax ein. »Aber ich kenne einen Mann, der die Energie des Strahls auch aus großer Entfernung so deutlich sehen kann, wie man nachts den Lichtkegel eines Scheinwerfers im Wolkendunst sieht.«
    Erwartungsvoll sahen Tala, de Fouché und der Kaiser ihn an. Draußen vor den Flügeltüren zum Speisesaal erschienen die ersten Frühstückgäste. Mit wenigen Gesten gebot der Kaiser den Bediensteten, die Leute zu vertrösten und die Türen zu schließen.
    »Er heißt Yann Haggard«, fuhr Matt Drax fort. »Sein Bruder war der Kapitän des Schiffes, auf dem Rulfan von Coellen und ich an die afranische Küste gelangten. Der Energieseher

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