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2169 - Das Lichtvolk

Titel: 2169 - Das Lichtvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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zwar hören, jedoch kaum sehen kannst, nur ganz undeutlich und verschwommen - dann bekommst du vielleicht eine Ahnung von dem Horror, den ich damals empfand.
    Die nähere Umgebung der Schleuse, aus der wir gekommen waren, stellte im Wesentlichen eine Art Marktgebiet dar. Angehörige unterschiedlichster Völker boten hier, am Rand der Kuppeln, auf die Bedürfnisse des Lichtvolks zugeschnittene Waren feil: Leckereien, Geschenkartikel, Unterhaltungselektronik und...
    Die Titel auf den Bild- und Tonträgern klangen alle ähnlich: „Lob der Mütterlichkeit", „Unsere Mutter ist die Beste", „Mama hat die Welt im Griff" ... Väter wurden praktisch nicht erwähnt. Der nächste „Tag des Ehelings" war ja noch weit.
    Enguarti zog mich in einen kleinen, etwas abgelegenen Spielzeugladen. Hier war es ruhiger als draußen auf der von Geräuschen und Gerüchen erfüllten Straße. „Wollen wir sehen, ob wir einen neuen Kaleido-Kristall für dich finden?", fragte mein Vater.
    Ich strahlte bekräftigend. Allerdings hatte ich vorerst keine Augen für das Angebot in den Regalen und Vitrinen. Meine ganze Aufmerksamkeit galt den Betreibern des Geschäftes.
    Sie waren ungefähr so groß wie erwachsene, voll aufgerichtete Guyaam, also zwischen einem halben und einem ganzen Varnon, und sie besaßen ebenso wie wir zwei Arme und zwei Beine. Damit endeten die Gemeinsamkeiten aber auch schon wieder. Oben auf dem einen Kopf denn sie besaßen auch noch einen zweiten, kleineren, der aus ihrer unverhüllten Brust zu wachsen schien - entsprang ein dunkles Geflecht aus verfilzten Strähnen, das ihnen über die Schultern bis zur Hüfte herunterhing. Ungepflegt sah das aus, geradezu verwahrlost; irgendwie abstoßend.
    Auch .die Kleidung, die den vorderen Oberkörper frei ließ, schlotterte unordentlich um ihre Arme und Beine. Wenigstens stanken sie kaum, obwohl sie mir nicht den Eindruck machten, als ob sie sich oft waschen würden. Am meisten aber befremdete mich, wie sie miteinander umgingen. Es waren ihrer fünf, die die Kunden bedienten.
    Geschäftig eilten sie hin und her. Und immer wenn sich dabei zwei oder mehr von ihnen begegneten, blieben sie kurz stehen, um sich zu betatschen, sich aneinander zu schmiegen und sich gegenseitig zu liebkosen.
    Am helllichten Tag! Vor wildfremden Leuten! In aller Öffentlichkeit! Der Vater, der an meinem Farbenspiel ablesen konnte, wie sehr mich dieses unkeusche Betragen irritierte, beugte sich zu mir herunter und flüsterte: „Man sollte andere Intelligenzwesen nicht zu streng nach den eigenen Maßstäben bewerten, mein Goldbub. Pombaren verfügen über einen ausgeprägten Kuscheltrieb." Das hatte, erklärte er mir leise, einen tieferen biologischen Sinn. Bei jeder Berührung führten diese Wesen mittels spezieller Rezeptoren einen genetischen Austausch durch. Der häufige Körperkontakt diente also der Gewährleistung ihrer genetischen Vielfalt.
    Die fünf Pombaren, die den Spielwarenladen betrieben, waren es sichtlich gewohnt, von jungen Guyar angegafft zu werden. „Ist dieses dein Jüngstes, ehrenwerter Herr Kulalin?", fragte eine von ihnen, vermutlich die Eigentümerin. Ihr Brustgesicht vollzog die Mimik des Kopfgesichts vollständig nach. Darunter war ein rudimentärer, jedoch unbeweglicher Körper zu erkennen. „Ja, das ist unser Anguela" ,bestätigte mein Vater und schob mich sanft nach vorn. „Er bereitet uns viel Freude. Er lernt wie ein Mädchen, ob du es glaubst oder nicht!"
    Die Pombarin - später erfuhr ich, dass sie eingeschlechtlich sind - schenkte mir ein kleines Spielzeug, ein dreidimensionales Puzzle. Während ich mich damit beschäftigte, tratschte sie mit Enguarti noch ein wenig über meine drei Brüder.
    Offenbar führte mein Vater jeden seiner Söhne zuerst einmal in dieses Geschäft, bevor andere Stadtteile erkundet wurden. Das sah ihm ähnlich: Er gehörte nicht unbedingt zu den Flexibelsten. Schließlich erwarben wir einen neuen Kaleido-Kristall. Das war im Grunde ein simpler Projektor, der hübsche, unaufdringliche und in ihren langsamen, fließenden Bewegungen beruhigende Farbmuster an die Wände meines Ruheraums warf.
    Ich besaß bereits zwei dieser Geräte, und ihre Programme unterschieden sich kaum voneinander. Auch das dritte würde nicht viel anderes bieten. Es wäre sicherlich billiger gewesen, einfach neue Farbabfolgen in den Steuerchip des Spielzeugs zu laden. Ich hätte das in wenigen Ofrin bewerkstelligen können. Doch ich wollte meinem Vater nicht die Freude rauben,

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