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2169 - Das Lichtvolk

Titel: 2169 - Das Lichtvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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fragte er. Synchron schüttelten Mutter und ich den Kopf. „Danke, nein." Enguarti schlurfte in die Küche. Mutter wiegte mich hin und her. „Wer bist du, Anguela Kulalin?" ,fragte sie dann leise. „Was möchtest du sein?" Ich brauchte nicht lange nachzudenken. „Ein Vaia'Kataan!", antwortete ich.
    „Aber das geht nicht", sagte Vater, der gerade mit seinem Krug aus der Küche kam, milde tadelnd. „Das weißt du doch, mein Goldbub. Nur volljährige Frauen können die Ausbildung an einer Tymdit beginnen. Und du bist weder das eine noch das andere."
    „Frau wird er freilich keine", sagte Panige. „Doch erwachsen schon bald.
    Ich werde die Angugoles beantragen."
    „Du wirst ... Das wäre weit vor der Zeit!"
    Enguarti fuchtelte fassungslos mit den Händen herum. „Im Kodex wird ausdrücklich nur die Reife erwähnt. Es heißt: Um in den Erwachsenenstand aufgenommen zu werden, muss der Leuchter nachgewiesen haben, dass er die dafür nötige körperliche und geistige Reife und Eigenverantwortlichkeit besitzt."
    „Das ist verrückt. Anguela hat noch nicht einmal aufgehört zu wachsen!"
    „Er überragt bereits jetzt die Mehrheit der Kuppelbewohner, körperlich wie geistig. Und was Eigeninitiative betrifft: Einen besseren Beweis als seinen inoffiziellen diplomatischen Besuch bei den Anbarthi kann es gar nicht geben." Vater schnappte nach Luft. „Inoffiziellen diplomatischen ... Er ist in ihr Schiff eingebrochen!"
    „Die Anbarthi sehen das sehr entspannt. Und sie haben ihm zu Ehren spontan einen Vollchor einberufen. Das machen sie sonst nur für hohe Würdenträger."
    Ich hatte mit wachsendem Erstaunen zugehört. So hatte ich meine Mutter noch nie erlebt. Die Gelegenheit erschien mir günstig. Ich stand auf, ballte die Finger zur Faust. Jetzt oder nie, dachte ich. Dann platzte es aus mir heraus: „Außerdem dürfen auf Caldera und überall sonst sehr wohl Männer Vaia'Kataan werden. Nur in Siv'Kaga nicht!"
    Paniges und Enguartis sichtbare Körperstellen erbleichten. „Woher willst du das wissen?" Ich erzählte es ihnen. Die nächste Reifefeier fand am „Tag des Vertrags" statt, im großen Versammlungssaal unserer Kuppel. Meine Mutter hatte im Rat durchgesetzt, dass ich unter den Kandidaten war.
    Nacheinander betraten die jungen Guyar das Podium. Dort lagen auf einem langen, festlich geschmückten Tisch die neuen Angugoles bereit, die ihnen von der Sird-Baszmarin, der Oberbürgermeisterin der Goldenen Kuppeln, feierlich überreicht wurden. Als mit Abstand Jüngster kam ich ganz zuletzt an die Reihe. Die Zeremonie war im Grunde reine Formsache. Und die rituelle Frage, die von den jeweiligen Eltern an die mehrere hundert Personen im Saal gerichtet wurde, galt allgemein als eine rhetorische: „Erhebt jemand Einwände gegen die Verleihung der Angugoles an ... Anguela Kulalin?" Die Sird-Baszmarin griff bereits nach den Binden, da kam es zum Eklat. „Ja! Ich!" Ein Raunen ging durch das Auditorium. Ein Einspruch! Das war, so weit sich jemand zurückerinnern konnte, noch nie vorgekommen.
    „Ich bin", sagte Erünie Zowel laut, nachdem sich ihr aller Augen zugewendet hatten, „die Lehrerin dieses Jungen und kenne ihn daher gut. Zugegeben, er lernt rasch und seine Tymaxul ist abnormal hoch entwickelt. Genau darin liegt aber auch die Gefahr.
    Er ist viel zu jung und charakterlich labil, um eigenverantwortlich mit seiner Para-Fähigkeit umgehen zu können. Ihn jetzt schon Angugoles tragen zu lassen und ihn damit zum abgeschirmten Individuum zu machen wäre leichtfertig und viel zu riskant. Daher fordere ich die sofortige Annullierung der Zeremonie."
    Nun brach endgültig Tumult los. Einen derartigen Skandal hatte Siv'Kaga lange nicht mehr erlebt Meine Mutter stützte ihren Eheling, der sich trotz seines Gehstocks kaum auf den Beinen halten konnte. Raffiniert ist Erünie, das muss man ihr lassen, dachte ich, verblüfft darüber, wie eiskalt ich die Demütigung hinnahm. Sie argumentiert nicht mit mangelndem Lerneifer, Ehrgeiz oder Talent. Da wäre sie leicht widerlegbar gewesen. .Im Gegenteil, sie verwendet gerade das vorhandene Übermaß all dessen gegen mich. So oder so, die Sache war gelaufen. Sobald jemand Einspruch erhob, musste die Zeremonie abgebrochen werden. Der bloße Akt genügte. Die Begründung hatte nur den Zweck, Erünies Gesicht zu wahren; rechtlich war sie bedeutungslos. „Ruhe!", rief die Sird-Baszmarin. „Dem Einspruch wird nicht stattgegeben." Es dauerte einige Ofrin, bis ich realisierte, was sie

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