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217 - Der Unsichtbare

217 - Der Unsichtbare

Titel: 217 - Der Unsichtbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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des Ausgangsgerätes senkte sich und fiel auf eine angerostete Metallplatte. Ein durchdringender Ton erklang. Der Forscher sah verschreckt auf. Unter den sich weitenden Augen des Wissenschaftlers gelang es Matt, das Gerät zu bedienen. Der schmächtige Mann lief aufgeregt hin und her. Matt ließ sich nicht stören. Er gab mit dem Daumen die ersten drei Signale für den ersten Buchstaben. Der Mann mit dem kurzen weißen Bart und der Brille griff nach einem Stück Pergament und einem schwarzen Kohlestift. Mit zitternden Fingern schrieb er die Zeichenfolge auf, dabei sah er immer wieder in den Deckel des Kastens, in dem die Übersetzung stand. »Es ist eine Botschaft…«, murmelte er vor sich hin.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis Matt seinen Satz beendet hatte: Bringt den Seher und den Kaiser zum Khaan.
    »Das ist verrückt… ein Rätsel…« Der Mann mit der Brille sah sich misstrauisch um. Er nahm den Zettel an sich und verließ eilig den Raum. Matt hatte Mühe, ihm zu folgen.
    Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass Shahruuk neugierig genug war, seiner Bitte zu entsprechen.
    ***
    Oree erwachte, als er ihre Nähe spürte. Sein Magen schmerzte. Auf seinem Gesicht klebte getrocknetes Blut und seine Nase war von einem Ellbogenstoß gebrochen worden. Aber er lächelte.
    »Orna.« Seine Zwillingsschwester stand an den eisernen Stäben, die ihn wie ein Tier in einem Verschlag gefangen hielten. Sie war so schön. Das rote Kleid umfloss sie. Durchsichtig und doch verhüllend. Sie trug eine Kette mit roten Steinen, die sie wie eine Prinzessin aussehen ließ. Ihre dunklen Augen schimmerten feucht.
    »Oree.«
    Er humpelte an das Gitter und umschloss ihre Hand über dem metallenen Gitterstab. Trauer und Glück vermengten sich und drohten ihn zu zerreißen. Es war Glück, sie zu sehen, und Trauer, bald endgültig von ihr getrennt zu sein. Er hatte versagt. »Es tut mir Leid.«
    Orna berührte seine Wange, tastete über sein zerschundenes Gesicht. »Warum hast du das getan? Warum bist du immer wieder hierher gekommen?«
    Oree war längst in ihren Gedanken. Er zitterte. »Ich… ich wollte dich retten…«
    »Es gefällt mir hier sehr gut.« Ihre Stimme war leise. »Ja, es gab Tage, an denen ich Shahruuk am liebsten eigenhändig getötet hätte, doch er hat auch viel für mich getan. Er hat mir viele Dinge gezeigt, und er lässt mir mehr Freiheit als Waluk. Ich bin hier sicher, Oree. Zwar beschimpft Shahruuk mich oft als Sklavin, doch im Grunde bin ich seine Hauptfrau. Wer mir schadet, stirbt. Was ich in dieser Festung sage, geschieht.«
    Oree berührte ihre vollen Lippen. »Du bist zu Macht gekommen. Das gefällt dir. Doch Shahruuk ist ein schlechter Mensch, ganz gleich, was er dir bietet…« Oree zögerte, als er Ornas nächsten Gedanken las. »Bist du sicher?« Erschöpft ließ er sie los. »Wie kann das sein?«
    Orna schloss die Augen. Sie verschmolzen ineinander. »Er liebt mich. Er ist eifersüchtig, und er wollte nicht, dass du mich von hier fortholst. Er wollte deinen Tod…«
    Oree trennte die Verbindung. »Willst du meinen Tod?« Seine Stimme war bitter und er glaubte Galle zu schmecken.
    »Nein!« Orna umgriff zwei der Gitterstäbe, als er sich zurückzog. »Ich werde dafür sorgen, dass er dich gehen lässt! Aber du musst mir versprechen, nicht mehr hierher zu kommen!«
    »Ich kann dich nicht zurücklassen, Orna.« Oree konnte seine Tränen nur mühsam zurückhalten. »Dann soll er mich töten.«
    Orna wurde wütend. »Du willst mich erpressen? Ich werde nicht mit dir fliehen! Auch wenn ich ihn nicht so liebe wie er mich, so ist mir Shahruuk doch ans Herz gewachsen.«
    »Er wird dir niemals so nahe stehen wie ich.«
    »Nein.« Ornas Stimme war bitter. »Aber in diesem Land habe ich als Frau mit heller Haut keine Rechte. Man verachtet und benutzt mich. Denkst du, Waluk würde besser mit mir verfahren als früher, wenn wir nach Lubaka fliehen würden? Er würde mich zum Khaan zurückbringen, und dich würde er töten. Dann hätte er endlich den geeigneten Vorwand: Verrat am Khaan. Er wollte dich schon vor fünf Jahren beseitigen. Er fürchtet dich. Du könntest ihm seinen Platz im Dorf streitig machen.«
    Oree schwieg.
    »Kehre zurück und lass mich hier. So ist es besser. Für uns beide.«
    Sie wandte sich ab. Oree drang in ihren Geist. Sie verharrten eine Weile, endlich wieder den anderen fühlend. Über Ornas Gesicht liefen Tränen. »Ich muss gehen. Er lässt mich streng überwachen.«
    Oree sah ihr nach, wie sie den

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